Immer mehr 112-Anrufe sind keine Notfälle
Trotz großer Hitze blieben am Montag die Notrufe wegen gesundheitlicher Probleme in der Rettungsleitstelle des Heidekreises aus. Dass das möglicherweise am Dienstag anders werden wird, gab Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) zu bedenken. Auch der Heidekreis will eine Hitzewarnung herausgeben.
Dass die Leitstellenmitarbeiter auf solche zusätzlichen wetterbedingten Herausforderungen gut vorbereitet sind, davon überzeugte sich Philippi während seines Besuchs in der Leitstelle an der Harburger Straße in Soltau.
Die nackten Zahlen, die ihm Leitstellenleiter Torben Friedrich vorstellte, sind beeindruckend. 80000 Anrufe gehen pro Jahr ein, die Hälfte davon sind Notrufe. 43000 Einsätze löst die Leitstelle im Schnitt pro Jahr aus, davon für den Rettungsdienst rund 25000, 14000 für den Krankentransport, 2000 für die Feuerwehr und 2000 fallen unter das Stichwort Sonstige.
Gerade letztere machen Friedrich Sorgen, denn diese Zahl steige stetig. Dahinter steckten Anrufer, die die 112 wählten, deren Anliegen aber keine Notfälle seien.
„Da werden wir zu Dienstleistern und Beratern“, meinte der Leitstellenchef, etwa wenn man einer jungen Familie erklären muss, wie Wadenwickel beim Kind auszuführen sind.
„Die Hemmungen, den Notruf zu wählen, sind geringer geworden“, sagte Friedrich – auch, weil sich die Gesellschaft wandele, es kein klassisches Umfeld mit Großeltern gibt, an die man sich mit Fragen wenden kann. Verständnis hat er trotzdem nicht: „Das bindet Ressourcen, die an anderer Stelle lebensnotwendig sein können.“
13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichern rund um die Uhr die Erreichbarkeit in der Leitstelle ab. In Zusammenarbeit mit dem Leitstellenverbund, den der Heidekreis gemeinsam mit Rotenburg und Harburg unterhält, sind es 39 sogenannte Disponentenstellen.
Die Mitarbeiter decken ein gewaltiges Gebiet ab mit mehr als 5000 Quadratkilometern und 580000 Einwohnern. Es ist deutschlandweit der fünft größte Bereich für einen Leitstellenverbund, durch dessen Gebiet nicht nur die Autobahnen 7 und 1 als Unfallschwerpunkte führen, sondern in dem auch der Wilseder Berg liegt. „Das sind besonders schwierige Einsätze, meist brauchen wir noch Reiterstaffeln, um überhaupt zum Ziel zu gelangen“, erzählte Friedrich von hohem personellen Aufwand auf Sandwegen.
Möglicherweise wird sich das Gebiet des Leitstellenverbundes noch vergrößern. Zurzeit sondieren die drei Landkreise und der Landkreis Lüneburg eine Zusammenarbeit, die eine gemeinsame Leitstelle an einem Standort nach sich ziehen könnte.
Noch seien viele Fragen offen, erklärt Landrat Jens Grote dem Minister. Es gebe Vorteile, beispielsweise bei personellen Synergien und der IT-Ausstattung. In diesem Jahr könnten noch politische Beschlüsse dazu gefasst werden. Nach Aussagen Grotes wird die Entscheidung nicht ganz freiwillig getroffen. Der Kostenträger will wohl am bisherigen System des Leistellenverbunds sparen.