Urologen brauchen OP-Zentrum in Soltau nicht
Mit Erstaunen haben die Ärztinnen und Ärzte des urologischen Zentrums Heidekreis Überlegungen zum ambulanten Operieren am Standort Soltau des Heidekreis-Klinikums zur Kenntnis genommen. Man sei von den Plänen vollends überrascht worden, heißt es in einer Erklärung der Ärzte Cristian Chiarello, Marc Kühme, Simon Hanslik, Benjamin Stermann und Dimitri Kuzenko.
Die Einrichtung eines ambulanten OP-Zentrums im Krankenhaus ist einer der Schwerpunkte einer Vereinbarung zwischen den Städten Soltau und Walsrode sowie dem Landkreis und dem Heidekreis-Klinikum, die derzeit in der politischen Beratung auf Stadt- und Kreisebene ist.
Mit den in der Vereinbarung festgelegten Maßnahmen soll die medizinische Versorgung in den Mittelzentren gesichert und gestärkt werden. Hintergrund ist der Neubau des Heidekreis-Klinikums in Bad Fallingbostel und die Schließung der Altstandorte Soltau und Walsrode.
Paragraf 4 für das OP-Zentrum
Im Vertragstext ist unter Paragraf 4 festgehalten, dass das HKK zusammen mit niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten der Region ein ambulantes OP-Zentrum für den Heidekreis in Soltau einrichten und betreiben wolle. Und als Vertragsärzte werden beispielsweise die Fachrichtungen Orthopädie, Urologie, Chirurgie und Gynäkologie genannt.
Für die Urologen im Heidekreis jedenfalls scheint es völlig abwegig, künftig mit ihren Patienten ein OP-Zentrum in Soltau zu nutzen. Das ambulante Operieren „findet für unser Praxisgeschehen an unserem Standort in eigenen Räumlichkeiten in Walsrode statt“, heißt es in der Stellungnahme. In Walsrode sei im Rahmen der Praxisplanung des damaligen Neubaus ein ambulanter Operationssaal eingerichtet worden, sodass es keinen Bedarf für einen weiteren an einem anderen Standort gebe.
Es sollte sich von selbst verstehen, die niedergelassenen Ärzte aller beispielhaften genannten Fachrichtung vor einer Strukturplanung, die die Zukunft von Soltau im Zusammenhang der ärztlichen Versorgung betrifft, zum Gespräch zu bitten. Dies sei mit den Ärzten des Urologischen Zentrums nicht erfolgt. Ein solch weitreichender Vertrag, der über die Köpfe der erwähnten Ärztinnen und Ärzte getroffen werden soll, könne ohne deren Mitwirkung förmlich ins Leere laufen, warnen die Mediziner.
Für Soltaus Bürgermeister Olaf Klang steht der Vertrag. Er ist sich sicher, dass er auch die Zustimmung der Politik erhalten werde. Dann gelte es, ihn mit Leben zu füllen. Dafür, und das sei auch in dem Vertrag festgehalten, soll ein medizinisches Gesamtkonzept für den Heidekreis aufgelegt werden. In dem Zuge müssten Gespräche mit den Fachärzten geführt werden.
Ärzte: relevante Details vorher klären
Läuft der Vertrag zwischen den Kommunen Soltau und Walsrode sowie dem Landkreis und Heidekreis-Klinikum tatsächlich ins Leere, wenn schon gleich am Anfang solche Kritik daran kommt, wie jetzt von den Urologen? Diese Befürchtung haben jedenfalls die Ärzte des Urologischen Zentrums im Heidekreis.
Sie sind der Meinung, dass vor einer Unterzeichnung relevante Details mit den niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen geklärt sein müssten, sodass die angedachten Strukturen überhaupt umgesetzt werden können. Bedarfe, Kosten und andere Grundüberlegungen müssten klar kommuniziert werden, um diese Strukturplanung gelingen zu lassen, damit für die Einwohner und Einwohnerinnen des Heidekreises eine zukunftsorientierte ambulante ärztliche Versorgung zur Verfügung stehe.
Jens Grote: OP-Zentrum ist ein Mehrwert
Für Soltaus Bürgermeister Olaf Klang ist tatsächlich zunächst der Vertrag erforderlich, um für die Zukunft in Soltau und Walsrode alle relevanten Maßnahmen festzuzurren. Er selbst habe mit Ärzten gesprochen, die ein OP-Zentrum in der Böhmestadt benötigten. Daher sei es wichtig, den Vertrag nach der Unterzeichnung mit einem medizinischen Gesamtkonzept zu unterfüttern. Dazu ist laut Vertrag das Heidekreis-Klinikum gefordert, das Konzept soll zum 30. Juni 2025 vorliegen.
Und auch Landrat und HKK-Aufsichtsratsvorsitzender Jens Grote zeigt sich gegenüber der Böhme-Zeitung sicher, dass der Vertragsentwurf im Nachgang zu den Ratssitzungen, der Sitzung des Aufsichtsrates des Klinikums und des Kreistages Mitte März unterzeichnet werden könne. Die Umsetzung des Paragrafen 4 könne vollständig erst nach Inbetriebnahme des neuen Zentralklinikums und der Aufgabe des Altstandortes in Soltau erfolgen. Bislang ist der Start des neuen HKK für Ende 2028 vorgesehen.
Bis dahin, so Grote, stünden die Räumlichkeiten nur im begrenzten Umfang, wenn auch wohl nach und nach aufwachsend, für mögliche Vertragsärztinnen und -ärzte zur Verfügung. Dazu habe es bereits in den Beratungen der Arbeitsgruppe einen Austausch unter anderem mit Dr. Benjamin Rebhan aus Soltau gegeben, der insoweit an einer vertieften Zusammenarbeit mit dem Heidekreis-Klinikum interessiert sein könnte.
Aufzählung der Facharzt-Gebiete nur exemplarisch
Für den HKK-Aufsichtsratsvorsitzenden steht fest, dass mit weiteren möglichen Vertragsärztinnen und -ärzten die Zusammenarbeit in den nächsten Monaten und Jahren ausgelotet werden könne. Und da schließt sich Grote Bürgermeister Klang an: Denn dazu soll das medizinische Gesamtkonzept dienen, das auch das OP-Zentrum in Soltau beinhalten soll.
Mit Medizinern im Bereich der Urologie sei darüber noch nicht gesprochen worden. Die Aufzählung der Facharzt-Gebiete sei nur exemplarisch, aber nicht zwingend oder abschließend.
„Ich werde die Verantwortlichen des Heidekreis-Klinikums bitten, den Kontakt zu den Verantwortlichen des Urologischen Zentrums aufzunehmen, um abzuklären, ob eine vertiefte Zusammenarbeit für die Zeit nach Inbetriebnahme des neuen Zentralklinikums möglich sein könnte und gewünscht wird“, so der Landrat.
Insgesamt stehe man am Beginn der Entwicklung. Er sei sehr zuversichtlich, dass gerade das OP-Zentrum einen Mehrwert für Fachärztinnen und -ärzte der Region und insbesondere in Soltau haben werde.
Aber auch in der sonstigen Zusammenarbeit strebten die Vertragsparteien des Vertragsentwurfs eine enge Vernetzung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit dem Heidekreis-Klinikum an.
Damit sollen die bereits bestehenden Gesprächsfäden des Klinikums zu den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten aufgegriffen und zu einem Netz geknüpft werden, „sofern und soweit diese darin eine Mehrwert sehen und dazu bereit sind“.