Heidekreis-Klinik: Noch ist nichts entschieden
Soltau. Seit Wochen sorgt der sogenannte Plan B in der Krankenhausdebatte für Diskussion. Plan B steht für die bekannt gewordenen Überlegungen, Geburtshilfe, Kinderabteilung und Gynäkologie in Soltau aufzulösen und zentral in Walsrode anzubieten. In dem 2009 vorgestellten Gutachten hatte das Bremer BAB-Institut noch Soltau als Standort empfohlen. Der Richtungswechsel zugunsten Walsrodes hatte im Nordkreis und insbesondere in der Böhmestadt zu erbittertem Protest geführt. Jetzt haben sich Geschäftsführung des Heidekreis-Klinikums und die Gutachter mit einer umfangreichen Presseerklärung zu Wort gemeldet.
Ziel der beabsichtigten Umstrukturierung ist demnach die langfristige Sicherung der stationären Versorgung, der Erhalt der beiden Krankenhäuser. Maßgebliche Faktoren sind dabei die demografische Entwicklung und ein sich veränderndes Arbeitskräfteangebot im Gesundheitswesen. Der Plan B sei ein interner Planungsstand, der Grundlage für die Projektgruppenarbeit sein soll. „Eine Entscheidung des Gesellschafters zur Umstrukturierung ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen“, heißt es ausdrücklich.
Gleichwohl sehen Geschäftsführung und Gutachter diesen Planentwurf als Grundlage für eine langfristige Standortsicherung beider Häuser. Soltau müsste in diesem Prozess in einigen Bereichen zu einem Schwerpunktkrankenhaus mit einem hohen Spezialisierungsgrad in den neuen Abteilungen für Kardiologie, Neurologie und Schlaganfallbehandlung entwickelt werden, nach dem Vorbild der Diabetologie. Auch nach Abschluss der umfangreichen Sanierungsarbeiten werde in Soltau weiter investiert. Nach dem bereits begonnenen Neubau einer Zen¿tralsterilisation für 2,4 Millionen Euro – zur Mitversorgung von Walsrode – werden nach dem jetzigen Planungsstand weitere 2 Millionen Euro für den Aufbau einer kardiologischen Abteilung mit einem Katheterlabor (Linksherzkathetermessplatz), einer zertifizierten Schlaganfalleinheit und einer neurologischen Station investiert.
Letzteres in Zusammenarbeit mit dem benachbarten Medi-Clin Klinikum. Weil derartige Einrichtungen fehlten, würden zurzeit mehr als 30 Prozent der Patienten mit einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall zur Untersuchung und Weiterbehandlung in Krankenhäuser in anderen Landkreisen gebracht. Mit der Schaffung einer Kardiologie und einer Neurologie in Soltau könne dieser Prozess nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt werden. Neben der Kardiologie werde die Innere Abteilung am Krankenhaus Soltau in den übrigen Teilgebieten eine umfangreiche und solide Grundversorgung anbieten.
Gleiches gelte für die Chirurgie, wo Dr. Jochen Mathews als Chefarzt die „erfolgreiche Traumatologie und Orthopädie“ weiter ausbauen soll. Daneben wird im Bereich der allgemeinen Chirurgie die qualifizierte Grund- oder Basisversorgung vorgehalten. Auch künftig sollen in Soltau zum Beispiel der Leistenbruch operiert oder die Gallenblase entfernt werden. Aber: „Große, schwierige Baucheingriffe sollen im chirurgischen Zentrum in Walsrode konzentriert werden.“ Zum Knackpunkt des Plans B: Das Umstrukturierungskonzept sieht vor, die geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung und die Kinderabteilung in Walsrode zu zentralisieren. Die ambulanten gynäkologischen Operationen, die einen immer größeren Anteil am OP-Aufkommen darstellten, sollen aber weiterhin in Soltau angeboten werden. Als eigenständige Bereiche seien geburtshilflich-gynäkologischen Abteilungen als auch Pädiatrie zu klein. Auch die ärztliche Besetzung sei angesichts gravierenden Ärztemangels immer schwerer zu realisieren. Die Zusammenlegung an einem Standort würde auch aus Bewerbersicht zu einer attraktiven Abteilungsgröße führen. Aufgrund des demografischen Wandels sei für die nächsten Jahre nicht mit einer Steigerung der Geburtenzahlen oder der Zahl kranker Kinder zu rechnen.
Die ambulante Versorgung sehen Klinikum-Geschäftsführung und Gutachter „durch die niedergelassenen Gynäkologen und die Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin in Soltau auf hohem Niveau gesichert“. Ausgenommen von der möglichen Konzentration auf den Standort Walsrode wären Kinder, die unfallchirurgisch behandelt werden müssen: „Die akute Erstversorgung erfolgt weiter im Krankenhaus in Soltau.“ Die geplante Konzentration auf einen Standort sei sicherlich bedauerlich, räumen die Verfasser der Stellungnahme ein, verweisen aber zugleich darauf, dass es in Niedersachsen bereits in 20 Landkreisen überhaupt keine Kinderabteilung mehr gibt und in weiteren 17 Kreisen nur eine. Schwangere Frauen besichtigten bereits heute mehrere Geburtskliniken in weiterem Umkreis, ehe sie sich entscheiden, wo sie entbinden wollen: „Mit einer großen, attraktiven Geburtsklinik kann sich dieser Landkreis sicher in diesem Wettkampf behaupten.“ Auch wenn geriatrische Patienten heute schon in den Häusern des Heidekreis-Klinikums versorgt werden, sei der Aufbau einer geriatrischen Station in Soltau absolut notwendig.
Zum einen führe das vorgesehene strukturierte und räumlich zusammenhängende Behandlungsangebot mit zusätzlichen therapeutischen Teams zu einem verbesserten Behandlungsprozess. Und zum anderen würde dieses neue Angebot eine mögliche Patientenabwanderung in benachbarte Kliniken verhindern. Durch die beabsichtigte Zusammenarbeit zwischen dem Heidekreis-Klinikum und dem Medi-Clin-Klinikum in den Bereichen Neurologie und Geriatrie werde aus der bisherigen guten Kooperation eine strategische Vertragspartnerschaft. Klinikum-Leitung und Gutachter kommen zu dem Fazit, dass die Umsetzung des Plans B eine deutliche Stärkung des Standorts Soltau bedeuten würde, „auch wenn nicht alles so bleibt wie es ist“.