Leserbrief: Unzureichende Finanzierung
Dass die Fraktionen im Stadtrat und Kreistag sowie Andreas Kuhn (Linke) Kritik an den Umstrukturierungsplänen des Heidekreis-Klinikums üben, ist überfällig. Die Hintergründe kommen aber noch viel zu kurz. Die Pläne sind nicht die Folge einer Krankenhausprivatisierung, wie es Kuhn anmerkt. (...) Des Pudels Kern liegt vielmehr in einer jahrzehntelang unzureichenden Finanzierung. Die vom Prinzip her richtig angelegte duale Krankenhausfinanzierung durch Krankenkassen und Länder unterlag einem kolossalen Erlöseinbruch. Das Geld von den Krankenkassen für den laufenden Betrieb reicht nicht aus. Diese Kosten können nicht allein über Fallpauschalen abgedeckt werden.
Auch die jahrelange sogenannte Deckelung der Krankenhausbudgets hinterließ fatale Folgen. Die Ausgaben für Personal, Strom, Essen und medizinischen Bedarf dürfen dabei nicht stärker steigen als die Einkommen, aus denen die Krankenversicherungsbeiträge gezahlt werden. Wegen der Verschärfung der Deckelung in zurückliegenden Jahren wurden fast 100 000 Stellen in den Kliniken abgebaut bei rund einer Million mehr Patienten. Die Länder, zweite Säule des dualen Systems, erfüllen ihre Finanzierungsverpflichtung für Investitionen nur ungenügend. Sie müssten Zinsen übernehmen und einen Investitionsstau von rund 50 Milliarden Euro auflösen. Das Dringendste wird aber oft aus den laufenden Budgets finanziert. Damit fehlt wiederum Geld beim Personal, so dass rund 17 000 Stellen unbesetzt bleiben. Ein schleichender Systemwechsel bei den Klinikeinnahmen bahnt sich an. De facto erfolgt nämlich ein Ausstieg aus der dualen Finanzierung, wenn auch der Kapitaldienst aus dem laufenden Betrieb erwirtschaftet und damit über Versicherungsbeiträge aufgebracht werden muss – obwohl nach geltender Rechtslage eigentlich die Länder zuständig und die Investitionen damit über Steuermittel zu finanzieren wären.
Aber was macht die Politik? Sie will die notwendigen Steuergelder trotz der generell dramatischen Haushaltssituation und dem Neuverschuldungsverbot der Länder ab 2020 nicht einnehmen. (...) Statt endlich – finanziert über Steuererhöhungen für die Bestverdienenden – einen „Rettungsschirm“ für Krankenhäuser aufzuspannen, stellt die Politik lieber für Banken im In- und Ausland beziehungsweise deren weltweit zockende (bestverdienende) Klientel mal 500 Milliarden Euro, mal 22,4 Milliarden Euro bereit. (...) Renate Gerstel, Soltau