Sein dritter Besuch könnte der letzte gewesen sein

Populärer Gast: Verteidigungsminister Boris Pistorius (links) ist aktuell der beliebteste Politiker und auch bei der Truppe gern gesehen. Gestern nutzt er seinen Besuch bei SPD-Parteichef Lars Klingbeil vor allem für den Bundestagswahlkampf. Foto: ari

Seit fast auf den Tag genau zwei Jahren bekleidet Boris Pistorius (SPD) das Amt des Verteidigungsministers, und für kein anderes Bundesministerium ist der Heidekreis ein so zentraler Ort. Bereits zum dritten Mal besuchte der oberste Dienstherr der deutschen Soldatinnen und Soldaten am gestrigen Montag den größten Standort des deutschen Heeres in Munster und Bergen. Aber nicht nur. Denn es ist Wahlkampf, und Pistorius gilt als beliebtester Politiker der Republik.

Als besonders prominenter und populärer Gast der Veranstaltungsreihe „Klingbeil trifft“ unterstützte er daher am Nachmittag seinen Parteichef Lars Klingbeil, der bei der Bundestagswahl am 23. Februar das Direktmandat im Wahlkreis 35 Rotenburg I – Heidekreis verteidigen möchte. Pistorius präsentierte sich als nahbarer Politiker zum Anfassen, der geduldig für Selfies zur Verfügung stand. Und er skizzierte sicherheitspolitische Leitlinien, die den Anspruch erheben, über Wahltage und Regierungswechsel hinaus zu gelten.

Pistorius, der Fels in der Brandung, so sieht er sich wohl. Als einen, der Kurs hält. Der durchaus parteiübergreifend Respekt dafür erhält, die Bundeswehr nach der kurzen, unglücklichen Amtszeit seiner fast schon vergessenen Vorgängerin Christine Lambrecht auf Kurs gebracht zu haben. „Bundeswehrsoldaten werden heute wieder mit Respekt behandelt“, erklärt der Minister in der Stadthalle Walsrode und berichtet von steigenden Bewerberzahlen bei der Truppe. Er schiebt das auf die ungewöhnlich fordernden Zeiten, in denen der Friede keine Selbstverständlichkeit mehr sei. Man merkt seiner Körpersprache indes an, dass er auch seinen eigenen Beitrag an diesem Wandel der öffentlichen Wahrnehmung nicht geringschätzen mag. „Zwei Jahre sind nicht genug“, verkündet er seinen Willen, das Verteidigungsministerium über den Wahltag hinaus zu führen.„Ich habe große Lust, weiterzumachen.“

Sein Auftritt in der ausgebuchten Stadthalle ist ein Heimspiel für den in der Truppe beliebten Minister. Harte Kritik muss er sich an diesem Montag nicht gefallen lassen. Nicht wenige Zuhörer haben einen militärischen Hintergrund und stellen sehr fundierte Fragen, bemängeln allenfalls das Beschaffungswesen und die lähmende Baubürokratie. Für Pistorius sind das Stichworte, die er gern aufgreift. Ein einsamer Demonstrant vor der Halle trübt das harmonische Bild nur scheinbar. Auf seinem Transparent steht nicht „Kriegstreiber“, jenes polternde Wort, von dem Pistorius in der Halle sagen wird, dass es ihn verletze. „Für Freiheit und Demokratie“, steht dort stattdessen, und weiter: „Mehr Waffen für die Ukraine und für Deutschland.“ Auf Nachfrage erklärt der Mann, keiner Partei oder Organisation anzugehören. Er wolle nur sein Recht auf Meinungsfreiheit ausüben.

Andre Ricci1 Comment