„So viel Leid in Polen und überall auf der Welt“
Zahlreiche Menschen kommen am Sonntagvormittag zur zentralen Gedenkveranstaltung auf dem Stadtfriedhof. Bei Kranzniederlegungen wird an die Zwangsarbeiter erinnert, die fern der Heimat ums Leben kamen, sowie an die Opfer der Bombenangriffe auf Soltau. Polnische und deutsche Schüler verlesen ihre Namen. Foto: at
Angesichts der schrecklichen Vergangenheit und der Gegenwart mit Kriegen in Europa und anderswo, den Herausforderungen des Klimawandels und des Artensterbens mahnte Landrat Jens Grote zum Volkstrauertag auch Zuversicht an.
Die sah er unter anderem in den freien Wahlen, die die Menschen verpflichteten, die Zukunft in gute Hände zu geben, sodass man in einem schönen und freien Europa leben könne. „Schauen wir auf die schönen Dinge im Leben. Wir haben großartige Kinder und Enkelkinder, die vieles besser machen als wir“, war sich Grote sicher.
Die Stadt und das Gymnasium Soltau richteten am Sonntagvormittag die zentrale Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag des Kreisverbands des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Stadtfriedhof aus. Zu Gast waren Schülerinnen, Schüler sowie Mitglieder des Schulkollegiums aus der polnischen Partnerschule, dem Kopernikus-Lyzium in Brzesko, einem Ort im Süden Polens mit etwas mehr als 36000 Einwohnern.
Musikerinnen und Musiker des Gymnasiums Soltau begleiten die Veranstaltung. Foto: at
Polnische und deutsche Nationalhymne erklingt
Gemeinsam mit den deutschen Schülern haben sie in der vergangenen Woche die Gedenkfeier vorbereitet. Zudem umrahmte die Bigband des Gymnasiums Soltau die Feierlichkeiten, spielte am Ende die polnische und die deutsche Nationalhymne. Angetreten waren zudem die Patenkompanie der Stadt Soltau, die Stabs- und Unterstützungskompanie der Panzerlehrbrigade 9, sowie Abordnungen der Feuerwehr, des THW und der Schützen.
Zwei Sonntage vor dem ersten Advent wird in Deutschland seit 1952 der Volkstrauertag begangenen. Mit ihm wird an die Opfer von Gewalt und Kriegen aller Nationen erinnert.
Angesichts der polnischen Gäste im Heidekreis hob Landrat Grote die Entwicklung seit 1991 hervor, als nach der deutschen Wiedervereinigung erste Annäherungen stattfanden. Es sei ein schwieriger Weg nach „so viel Leid in Polen und überall auf der Welt“, sagte Grote.
Am 1. September 1939 hatte der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen begonnen. Er blickte auf das Konzentrationslager Bergen-Belsen, einen Ort wo Menschen zu Mördern wurden, wo sich menschliche Abgründe auftaten, die einen wütend und betroffen machen.
Abordnungen der Patenkompanie, der Feuerwehr, des THW sowie der Schützen sind angetreten. Foto: at
Nach der Annäherung zu Polen, habe es eine Aussöhnung letztlich Versöhnung und Nachbarschaft gegeben. Dafür stehe auch die Schulpatenschaft. Dennoch kam Grote nicht umhin, noch einmal auf die aktuelle Entwicklung, insbesondere zum Krieg in der Ukraine zurückzukommen. Man habe Putin falsch eingeschätzt und die warnenden Stimmen auch aus Polen überhört. Jetzt gelte es, die Staaten, die an Russland grenzten vor dem Aggressor zu verteidigen.
Volker Wrigge, Leiter des Gymnasiums Soltau, erinnerte daran, dass die polnische Schulpartnerstadt Brzesko vor dem Zweiten Weltkrieg 4000 Einwohner hatte, davon waren 3000 jüdischen Glaubens. Nach dem Krieg gab es keine Jüdinnen und Juden mehr in der Stadt.
In der Vorbereitung der Gedenkfeiern durch die Schüler hätten diese festgestellt, dass es auf dem Gräberfeld mit den ausländischen Kriegsopfern in Soltau, keine Inschriften gibt. Das Stadtarchiv habe die Unterlagen über die 27 Opfer zur Verfügung gestellt. Zudem erarbeiteten die polnischen Schüler Susanna Klimaj, Oliwia Loboda, Jakob Smolinski und Zofia Jaszczynska sowie aus dem Geschichts-Leistungskurs des 13. Jahrgangs Finnley Kampe, Dion Hoxha, Alexander Gerassimenko und Iley Kayaci eine Inschrift, die demnächst am Gräberfeld zu lesen sein wird.
„Wir kennen nur einige Eurer Namen, aber Ihr bleibt für immer in unseren Herzen. Euer Leid und Euer Schicksal sind ein Teil unserer Geschichte. Zum Gedenken an ausländische Opfer der NS-Diktatur“, wird sie heißen. Zudem legten die Schüler einen Kranz an dem Gräberfeld ab und lasen die bekannten Namen der Opfer vor. Der polnische Schulleiter Ryszard Ostrowski entzündete ein Licht an dem Gedenkstein.
Kränze werden niedergelegt, ein Licht im Auftrag des polnischen Landrats entzündet. Foto: at
Im Rahmen der Feierlichkeiten erinnerte Soltaus Bürgermeister Olaf Klang an einen besonders tragischen Tag für die Stadt. Es war der 11. April 1945 als 20 britische Flugzeuge die Stadt in vier Wellen bombardierten: „Innerhalb von nicht einmal einer Viertelstunde“, betonte Klang.
65 Opfer waren nach dem Bombenangriff zu beklagen. Einige Angehörige waren auch während der Gedenkfeier unter den Trauernden. Auch an diesem Grabstein wurden Kränze niedergelegt, und die Schüler verlasen die Namen der Opfer des Bombenangriffs. Landrat Grote kam auch am Ende der Veranstaltung auf die Hoffnung zurück, auf die Hoffnung auf Versöhnung und Frieden unter den Völkern.