Suedlink: Erste Kabel liegen – Heidekreis ist noch nicht dran
Offiziell hat am Dienstag der Bau für das Suedlink-Projekt in Niedersachsen begonnen. In Heeslingen im Kreis Rotenburg hat das Unternehmen Tennet Stück für Stück das gewaltige Kabel in der sogenannten offenen Bauweise in die Erde gelegt. An anderer Stelle wurde gezeigt, wie in geschlossener Bauweise per vorheriger Bohrung Wasser-, Gas- oder Stromleitungen, Straßen oder sogar Flüsse untertunnelt werden können.
Suedlink ist die sogenannte Windstrom-Autobahn, die die Energiewende in Deutschland als Schlüsselprojekt voranbringen soll. Windenergie von der Nordseeküste in Schleswig-Holstein wird über 700 Kilometer in den industriereichen Süden nach Bayern und Baden-Württemberg transportiert. 2028 soll das Netz in Betrieb gehen. Vier Gigawatt Strom sollen fließen – so viel wie sonst vier große Kernkraftwerksblöcke produzieren. Bis zu zehn Millionen Haushalte können versorgt werden.
Die ersten zwölf Kilometer sind verlegt
Die ersten zwölf Kilometer im Bereich Rotenburg liegen bereits, nun geht es in Richtung Süden weiter. Allerdings wird so schnell im Heidekreis kein Kabel verlegt. Dort laufen laut Projektleiter Dierk Schönwald aktuell noch die Genehmigungsverfahren. In Stellichte soll Suedlink bei Kirchboitzen den Heidekreis erreichen, über Groß Eilstorf sowie durch die Gemeinde Böhme, Frankenfeld und Gilten führen und bei Stöckendrebber in die Region Hannover weiterführen. Der Heidekreis-Abschnitt wird im Zuständigkeitsbereich von Tennet voraussichtlich als letzte Baumaßnahme umgesetzt. Zuvor oder parallel soll bereits im Bereich Hannover gebaut werden.
Ein Freudentag für das Team
„Für unser Team ist heute ein Freudentag“, erklärt gestern der zuständige Tennet-Direktor Thorsten Dietz zum nach seinen Aussagen Leuchtturmprojekt der Energiewende. Parallel werden in den Gräben zwei mal zwei Kabel verlegt. Durch sie fließt Gleichstrom.
So werde gewährleistet, dass auf der langen Strecke geringere Verluste zu verzeichnet werden als bei Wechselstrom. Am Anfang und am Ende der 700 Kilometer Leitungen werden jeweils zwei Konverterstationen aufgebaut, um den Gleichstrom in Wechselstrom umzuwandeln und in die vorhandenen Netze einspeisen zu können.
Verlegt werden die Kabel in rund 1,50 Meter Tiefe – meist in Äckern. Dort, wo Untertunnelungen notwendig werden, könnten auch acht bis neun Meter Tiefe erreicht werden. Zwei, drei Jahre nach dem Bau „sieht es wieder aus wie vorher“, versicherte Dietz. Landwirte würden nichts bemerken. Mögliche Auswirkungen in dem Bereich des Kabelverlaufs würden gemeinsam mit Wissenschaftlern untersucht.
Ein Gleichstomnetz soll gespannt werden
Bis 2045 will die Bundesrepublik Deutschland klimaneutral sein. Suedlink, so erklärt es Tennet-Direktor Thorsten Dietz, sei daher nur der Anfang der Umstrukturierung. Es werde auch künftig einen enormen Bedarf am Netzausbau geben. Tennet werde dabei eine große Rolle spielen und über Deutschland ein Gleichstromnetz spannen, um noch effizienter Energie verteilen zu können
Doch zunächst ging es am Dienstag um Suedlink, die Windstrom-Autobahn, deren Bau in Niedersachsen auf einem ersten Abschnitt von 37 Kilometern im Landkreis Rotenburg gestartet ist. 15 Abschnitte sind es insgesamt. Gemeinsam mit Vertretern von beteiligten weiteren Firmen, darunter das Tiefbauunternehmen D-Romein-Group sowie die Hersteller der 525-Kilovolt-Kabel NKT und Prysmian, wurden symbolisch die ersten Kabel eingezogen.
Mit einem Kern aus Kupfer
Die Kabel haben einen Außendurchmesser von 15 Zentimetern und werden in Schweden, Finnland, Deutschland und Frankreich produziert. Pro Meter sind sie rund 40 Kilogramm schwer und haben einen Kern aus Kupfer. Der garantiere wenig Widerstand und habe Vorteile in Produktion und Verlegung, so Projektleiter Dierk Schönwald.
2420 Kilometer Kabel werden insgesamt für Suedlink benötigt. Auf dem Seeweg und per Lkw werden die Kabel zu den Zwischenlagern transportiert und schließlich zu den Baustellen wie in Heeslingen gefahren. Bis zu 43 Metern sind die Schwertransporte lang und fast 180 Tonnen schwer. 2000 Transporte werden insgesamt nötig, bis 2028 das Projekt in Betrieb gehen kann. Für jeden ist eine Sondergenehmigung erforderlich.
70 Prozent in offener Bauweise
Direkt an der Baustelle wurden am gestrigen Dienstag die Kabeltrommeln abgespult und die Leitungen ins Erdreich gebracht. Rund 70 Prozent der 700 Kilometer langen Strecke vom Norden in den Süden werden in sogenannter offener Bauweise verlegt. Das bedeute, dass zunächst der Oberboden auf einer Breite von vielleicht 30 Metern – an manchen Stellen wird es schmaler – abgetragen und extra gelagert wird. Auch der Unterboden wird separat gelagert, um alles am Ende wieder passend zurückzubauen, sodass keine Vermischung der Bodenschichten stattfindet und man keine Auswirkungen auf die Bodengüte hat. Das reine Grabungsprofil ist nur wenige Meter breit.
Kabelstück zu verbinden, ist sehr komplex
2000 Meter Kabel sind auf einer Trommel. Am Ende müssen die Kabelstücke mit einer Art Muffe verbunden werden. „Diese Installation ist das technisch Komplexeste“, so Tennet-Projektleiter Schönwald. Dafür werden extra Container aufgebaut, in denen die Muffen montiert werden. Die Installation dauere fünf bis zehn Tage. An anderer Stelle zeigte Tennet das Einziehen der Kabel in Leerrohre, die zuvor durch das Erdreich gebohrt worden waren, um eine vorhandene Wasserleitung zu unterqueren.
In der Tiefe sicher
Mit einer Tiefe von rund anderthalb Metern liege Suedlink sicher, erklärt Schönwald. Die Bauern ackerten so tief nicht. Zudem werde auf den Kabeln farbige Warnbänder verlegt, um auf die Lage der Trasse hinzuweisen und bei möglichen künftigen Baumaßnahmen ein Schutz zu gewährleisten.
Aber auch einen Schadensfall könne man gut lokalisieren. So gebe es in Abständen von 150 Kilometern Kabelabschnittstationen, wo mit Messgeräten der Schaden lokalisiert werden kann. Zudem würden mit den Kabeln Lichtwellenleiter verlegt, durch die online die Ortung von Schäden möglich sei.
Ein Fehler führe aber immer zum Ausfall der gesamten Verbindung, bis sie repariert ist. In Zukunft, so Schönberg, werde man bei weiteren Bauvorhaben ein drittes nicht ganz so leistungsfähiges Kabel mit verlegen, um einen Ausfall zu minimieren.
Vor einem gezielten Angriff auf das Netz geht der Betreiber nicht aus, da die Rohre sehr tief verlegt würden, man schwerlich herankomme. Allerdings schütze man sich zurzeit vor Diebstahl an den Lagerplätzen durch eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung.
Ab 2025 wird das Tempo angezogen
Der Kabeleinzug in Heeslingen ist der Auftakt zur Verlegung der Suedlink-Kabel. 2025 wird das Tempo deutlich angezogen und soll entlang der gesamten Trasse gebaut werden. Denn gemäß den gesetzlichen Fristen sei mit den noch ausstehenden Baugenehmigungen im Verlauf 2024 beziehungsweise Anfang 2025 zu rechnen. Bisher liegen fünf Planfeststellungsbeschlüsse für Suedlink vor.
Die 700 Kilometer lange Verbindung wird von den beiden Übertragungsnetzbetreibern Tennet und Transnet BW realisiert. Tennet ist für den nördlichen Trassenabschnitt und die Konverter in Schleswig-Holstein und Bayern zuständig. Transnet BW verantwortet den südlichen Trassenabschnitt und den Konverter in Baden-Württemberg.