Enttäuschung und Ärger halten in Soltau an

wu Soltau. Ärger und Trauer kann Wilhelm Ruhkopf nicht verbergen. „Ich bin enttäuscht“, bewertet Soltaus Bürgermeister die Kreistagsentscheidung zur Umstrukturierung des Heidekreis-Klinikums. Denn danach wird gegen den Rat der Gutachter die Kinderklinik in Soltau geschlossen und am Standort Walsrode konzentriert. An beiden Standorten sind, anders als in den ersten Entwürfen geplant, Geburtshilfe und Gynäkologie vorgesehen. Soltau hatte für Kinderklinik und Geburtshilfe massiv Front gemacht und mehr als 20 000 Unterschriften gesammelt.

Gerade mit Blick auf diesen Bürgerprotest hatte der Gutachter eine Lösung mit Kinderklinik in Soltau favorisiert – eine Variante, gegen die vor allem die CDU/FDP votiert hatte. Ruhkopf hält diese Entscheidung für falsch – nicht nur aus Soltauer Interesse, sondern vor allem, weil damit der Bürgerwille keine Rolle spiele: „Damit wird nur mehr Politikverdrossenheit produziert. Überall sind enttäuschte Stimmen zu hören.“ Die Gutachter-Alternative dagegen hätte zu zwei gleichwertigen Krankenhäusern geführt.

Warum es dazu nun nicht komme, dass müsse man der Bevölkerung erst vermitteln, sieht Ruhkopf noch viel Überzeugungsarbeit auf die Kreistagsabgeordneten zukommen. Die Stadt werde den Beschluss jetzt aber akzeptieren: „Von Seiten der Verwaltung werden wir uns nicht querlegen“, kündigte der Bürgermeister an, der selbst angesichts der Mehrheitsverhältnisse pro Walsrode nicht wirklich überrascht war. Wie sich die Soltauer Politik entscheide, ob es noch Initiativen gebe, könne er nicht sagen.

Immerhin habe Soltau mit dem Erhalt von Geburtshilfe und Gynäkologie einen Teilerfolg erzielt – obwohl dieser Bereich durch den Abzug der Kinderklinik geschwächt werde. „Der Überlebenskampf wird größer werden. Er hoffe, dass der Beschluss für das Soltauer Krankenhaus erfolgreich sein werde. „Wenn ich Fachleute höre, bezweifeln die das aber.“ Die Stadt Soltau hatte stets betont, dass das Krankenhaus und die Kinderklinik wichtige Standortfaktor seien. Wieweit sich die Veränderungen nun auf Ansiedlungen oder Zuzüge negativ auswirken, müsse sich zeigen, gibt sich Ruhkopf zurückhaltend. „Ich hoffe nicht, schließe das aber nicht aus.“ Auch bei Politikern in der Böhmestadt ist die Stimmung gedrückt. „Maßlos enttäuscht“ zeigte sich Volker Wrigge. Der CDU-Ratsfraktionsvorsitzende ist über den Beschluss verärgert. „Ich kann nicht nachvollziehen, wie unsere Nachbarkommunen für die Kinderklinik-Schließung stimmen konnten.“ Deren Abgeordnete müssten nun den Familien erklären, warum diese lange Fahrtzeiten in Kauf nehmen müssen. Auch bei der Soltauer SPD – sie will am Dienstagabend die Entscheidung diskutieren – ist die Enttäuschung groß, wie Ratsfraktionsvorsitzender Harald Garbers betonte.

Zweimal habe der Gutachter eine Empfehlung abgegeben – beide Male für eine Kinderklinik in Soltau. Aus politischen Interessen habe der Kreistag anders entschieden: „Das wird nicht helfen, das Zusammenleben von Nord-und Südkreis zu verbessern“, prognostizierte Garbers. „Walsrode hat sich damit keinen Gefallen getan.“ Vehement hatten sich auch Vertreter der Wirtschaft für die Soltauer Kinderklinik eingesetzt. Für den Soltauer Unternehmer Hinrich Röders wirft der Kreistagsbeschluss viele Fragen auf. Insgesamt bestehe ein „erhebliches Begründungsdefizit“, kritisierte Röders. „Warum die Entscheidung gegen das Fortbestehen der Kinderklinik Soltau?“ Die Gynäkologie/Geburtshilfe in Soltau sei sehr erfolgreich und erwirtschafte erhebliche Gewinne, während die Walsroder Abteilungen seit Jahren Verluste verzeichne. Durch den Verlust der Kinderklinik seien aber Einbußen in Soltau wahrscheinlich.

Röders fragt, warum der Kreistag sich gegen das Gutachter-Votum und gegen 20 000 Bürger entschieden habe – „wissend, dass der wirtschaftliche Erfolg des Klinikums von der Akzeptanz der Bevölkerung abhängt“. Auch die Wirtschaftlichkeitsberechnungen seien nicht nachvollziehbar. Nicht verständlich sei, warum der Kreistag das „klare und gut begründete Votum der Wirtschaft“ ignoriere und den Standort Soltau-Fallingbostel schwäche.

Auch Rübke gegen Plan D

vo Bad Fallingbostel. Im Durcheinander des turbulenten Abstimmungsgangs ist es fast untergegangen: Nicht nur drei SPD-Abgeordnete aus dem Südkreis haben im Kreistag bei der Frage zur Krankenhausstruktur gegen Variante D votiert – sie sah den Fortbestand der Soltauer Kinderklinik vor –, sondern auch Willi Rübke. Der Vertreter der Walsroder Bürgerliste bildet mit Dr. Raimund Sattler und Klaus Grimkowski-Seiler eine Fraktionsgemeinschaft, hat bei der Krankenhausfrage aber anders abgestimmt als die beiden Soltauer BU-Abgeordneten und so die Ablehnung von Plan D ermöglicht. Die 22:21-Mehrheit gegen Plan D ergibt sich aus 16 Stimmen von der CDU, 3 von der SPD, 2 von der FDP sowie Rübkes Votum.

Andres WulfesKommentieren