Die Krankenhäuser neu ausrichten
Bad Fallingbostel. Die Beratung über den Haushalt, traditionell Schwerpunkt des letzten Kreistages im Jahr, geriet diesmal ein wenig zur Nebensache. Das Spannendste bekamen die Kommunalpolitiker dieses Mal intern bereits vor der öffentlichen Sitzung präsentiert. Ulrich Kestermann vom Bremer Institut für betriebswirtschaftliche und arbeitsorientierte Beratung (BAB) erläuterte ihnen am Freitagnachmittag, wie das Heidekreisklinikum (HKK) mit den Krankenhäusern in Soltau und Walsrode schon bald strukturiert sein könnte, oder genauer sein müsste, um im Wettbewerb zu bestehen.
Keine Ferndiagnose
„Wie sind wir aufgestellt? Was müssen wir tun, welche Schwerpunkte bilden, um im Wettbewerb bestehen und unsere Position stärken zu können?“ Auf diese und weitere für das Klinikum existenzielle Fragen sollte Kestermann im Auftrag des Aufsichtsrates Antworten finden. Seit Mai hatte er dafür die Abläufe in den beiden Häusern durchleuchtet, Gespräche und Interviews mit den Beschäftigten geführt, nahezu alle Abläufe analysiert und das Ganze bewertet, unterstützt von eigenen medizinischen Experten: „Es war keine Ferndiagnose.“
In der vergangenen Woche ist das Gutachten bereits der Chefärzte-Runde und den Mitarbeitern vorgestellt worden. Das wichtigste Ergebnis vorweg: Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, „dass wir zwei vollwertige Krankenhäuser behalten können.“ Um das erreichen zu können, reiche es aber nicht mehr, nur ein Angebot der Grund- und Regelversorgung vorzuhalten, machte er deutlich: „Wir bewegen uns in wachsenden Markt“. Bestehende Angebote müssten ausgebaut, neue, zukunftsträchtige Betätigkeitsfelder erschlossen werden. „Hier ein bisschen einsparen und dort etwas mehr Erlöse, das reicht nicht.“ Seine Rat: „Weg vom Kleinteiligen.“ Kesterman empfiehlt acht Hauptentwicklungsrichtungen, die zu Schwerpunkten, Leuchttürmen, entwickelt werden sollen, um so die zum wirtschaftlichen Überleben erforderlichen Erlössummen zu generieren.
Diese Neuausrichtung mit medizinischer Schwerpunktbildung sei aber auch aus einem anderen Grund erforderlich: Zur Rekrutierung des Fachpersonals. „Ärzte werden Mangelware. Das wird der Engpass der Zukunft“, meint er. Wer diesen Engpass bewältigen wolle, müsse etwas zu bieten haben: „Medizinische Kernleistungsstruktur entscheidet. Da geht’s nicht nur um Geld.“ Mit der Präsentation vor der Kreistag, der Gesellschaftsversammlung der Heidekreisklinikum GmbH ist, und der Übergabe des Gutachtens ist die 1. Phase beendet. Die schwierigere, die Umsetzung, muss jetzt folgen. „Wir brauchen Zeit, drei bis fünf Jahre“, glaubt Dr. von Danwitz. Deshalb trägt das Projekt den Arbeitstitel „Zielbild 2014/2015“. Wie es weitergehen soll und mit wem, müsse nun der Kreistag entscheiden. „Der Aufsichtsrat hat nichts bewertet“, betont dessen Vorsitzender. Dass sie Kestermann als fachlichen Begleiter in dem Prozess favorisieren würden, darüber machen die Verantwortlichen des Klinikums keinen Hehl: „Wir haben unsstets gut begleitet gefühlt.“
Geht es nach dem Aufsichtsrat, dann werden die erforderlichen Weichenstellungen zügig erfolgen, möglichst noch im ersten Quartal 2010 erste Beschlüsse getroffen werden. „Jetzt geht Diskussion los“, ist Dr. von Danwitz überzeugt, dass der Prozess nach dem Startschuss schnell Fahrt aufnehmen wird. Das Ziel sei klar: „Wir beide Krankenhäuser möglichst gleichwertig aufzustellen bezüglich der Bettenzahl, der Qualität des jeweils vorgehaltenen medizinischen Angebots und der Mitarbeiterzahl, und dabei die Grund- und Akutversorgung an beiden Standorten zu gewährleisten. Ohne Not Doch er weiß, dass gerade beim Thema Krankenhaus die Emotionen schnell hochkochen und heikle Interna an die Öffentlichkeit gelangen können. Deshalb hat der Aufsichtsratsvorsitzende seine Kreistagskollegen ausdrücklich an ihre Verschwiegenheitspflicht erinnert. In dem Gutachten gebe es sensible Aussagen und Zahlen zu Stärken und Schwächen des Klinikums. Die Zahl der Kopien ist deshalb streng limitiert: Nur die Mitglieder des Aufsichtsrates erhalten jeweils eine Ausführung.
Der Klinikum-Geschäftsführer Norbert Jurczyk ist überzeugt, dass es richtig war, den Prozess für das Zielbild 2014/2015 frühzeitig anzuschieben, „freiwillig und jetzt, wo es uns noch gut geht, und nicht erst aus der Not heraus, wenn der Insolvenzverwalter vor der Tür steht.“