Kommentar: Undurchsichtiger Prozess

Von Jörg Jung

In Soltau ist die Enttäuschung groß. Vor einigen Tagen schien noch alles klar: Die Kinderklinik bleibt in der Böhmestadt. Da hat Soltau aber die Rechnung ohne die CDU gemacht. Sie gerierte sich plötzlich als Gralshüterin der reinen betriebswirtschaftlichen Lehre, die auch noch den letzten Euro für das Klinikum sichern wollte, koste es, was es wolle – und sei es die Akzeptanz der Soltauer Klinik in der Bevölkerung. Die Ohrfeige, die die CDU damit den 20 000 Menschen verpasst hat, die versucht haben, mit ihren Unterschriften Einfluss zu nehmen, wird noch lange schmerzen. Die Festlegung der Christdemokraten wäre ja von vornherein verständlich gewesen, wenn die Gutachter bei Plan D einen wirtschaftlichen Verlust errechnet hätten. Das Gegenteil ist der Fall: Sie erwarten einen hohen Gewinn und damit für das Krankenhaus eine sichere Zukunft sowie für die Patienten eine hervorragende medizinische Versorgung.

Die beiden Soltauer CDU-Abgeordneten Norbert Harms und Friedhelm Eggers haben für Plan D und damit gegen die Unionsmehrheit gestimmt – und dies auch in ihren Debattenbeiträgen begründet. Respekt. Die drei SPD-Abgeordneten, die für Plan C votierten, sich also gegen die SPD-Mehrheit stellten, blieben dagegen stumm und gaben sich erst bei der Abstimmung zu erkennen – zur Überraschung der meisten Beobachter. Auch wenn das Ergebnis jetzt feststeht, bleiben hinsichtlich des Prozesses folgende Fragen:

• Warum ist Plan A, der die besten betriebswirtschaftlichen Zahlen von allen vier Vorschlägen aufwies und die Kinderklinik in Soltau vorsah, durch einen Plan B ersetzt worden mit der Kinderklinik in Walsrode? • Wenn Plan A der wirtschaftlichste war, warum hat die CDU dann nicht diesen favorisiert, wenn sie doch angeblich so sehr auf die Zahlen achtet? • Warum soll im Gegensatz zu den ersten beiden Plänen Plan C mit der Kinderklinik in Walsrode plötzlich wirtschaftlicher sein als Plan D mit der Kinderklinik in Soltau? • Warum präsentierten die Gutachter zum Schluss zwei Vorschläge, obwohl sie Plan D favorisierten, es mit Plan C aber der CDU ermöglichten, einen nach Gutachter-Ansicht insgesamt weniger geeigneten Plan durchzusetzen?

SPD-Fraktionschef Dieter Möhrmann deutete an, es habe möglicherweise schon früh undurchsichtige Mauscheleien gegeben, die dazu führten, dass Plan A verworfen wurde. Die CDU betont zwar, ihr sei es nicht um den Standort der Kinderklinik gegangen – doch genau der wurde stets in den Plänen nach Walsrode verschoben, die die Union unbedingt durchsetzen wollte. Und die CDU meint auch noch, der Öffentlichkeit vorgaukeln zu können, dass da kein Zusammenhang bestehe.

Jörg JungKommentieren