„Walsrode hat am meisten zu verlieren“
Von Reinhard Vorwerk
Walsrode. Der Zug kommt ins Rollen. Das Verfahren zur Suche des Standorts für ein neues Heidekreis-Klinikum (HKK), das bis Mitte des kommenden Jahrzehnts an zentraler Stelle des Kreisgebiets stehen soll, nimmt Fahrt auf. Alle warten auf das neue HKK. Wirklich alle? Nicht ganz. In Walsrode gibt es jetzt eine Initiative, die sich gegen einen „Neubau auf der grünen Wiese“ einsetzt und sich stattdessen den Kampf für den Erhalt des Krankenhauses, seinen Ausbau zum medizinischen Vollversorger auf die Fahnen geschrieben hat. Denn das Walsroder Krankenhaus, so die Planung der Kreispolitik, soll nach Fertigstellung des neuen HKK ebenso wie das Soltauer geschlossen werden.
Nicht von ungefähr geht die Initiative von Walsrode aus. „Wir haben am meisten zu verlieren,“ viel mehr als Soltau, das in den vergangenen Jahren bereits viele Abteilungen verloren habe, räumt Klaus Kunold ein und verweist auf „ein voll funktionsfähiges Krankenhaus“, das zudem gut erreichbar mitten im Walsroder Stadtgebiet liegt. Um den Kreistagsabgeordneten der Walsroder Bürgerliste (WBL) hat sich der harte Kern von „Krankenhausrettern“ formiert – „honorige Walsroder Bürger“, wie Kunold sie nennt. Man habe sich nie mit den Planungen zur Schließung des Walsroder Hauses abfinden können. Da man „immer wieder aus der Bevölkerung aufgefordert“ wurde, „etwas dagegen zu tun“, sei man nun initiativ geworden.
„Wir haben in Walsrode ein funktionsfähiges und arbeitsfähiges Krankenhaus mit Grundversorgung und Spezialisierung in mehreren Bereichen.“ Das könnte man mit viel weniger Aufwand als für einen Neubau auf den erforderlichen Stand für eine Vollversorgung bringen, argumentiert der Jurist und ehemalige Kreistagsabgeordnete Dr. Thomas Weigt. „Irrsinnig“ nennt Ex-Kämmerer Hardi Meier den Plan, die bestehenden Häuser nach Fertigstellung des neuen HKK zu schließen. „Dann hätten wir zwei Krankenhäuser kaputtgemacht.“ Man müsse die normative Kraft des Faktischen akzeptieren, erkennen, dass die Entwicklung der beiden Standorte in den vergangenen Jahren – aus welchen Gründen auch immer – unterschiedlich verlaufen sei, so das Credo der Initiative. „Wir wollen Soltau nicht von einer ordentlichen Gesundheitsversorgung abschneiden“, betont Weigt, sagt aber klar, dass es am nördlichen Standort im Gegensatz zu Walsrode kein Krankenhaus mit Vollversorgung geben könne. Eine „vernünftige und ordnungsgemäße Erst- und Notfallversorgung“ müsste natürlich gewährleistet sein.
Kosten sind ein gewichtiges Argument für Weiterbestand
„Keiner kann uns bisher sagen, wie hoch die Kosten am Ende sein werden“, nennt Kunold das gewichtigste Argument der Initiative und kritisiert das Fehlen „gesicherter Informationen“. Klar habe das Land 130 Millionen Euro für einen Neubau zugesagt. Angesichts der aktuellen Baukostenentwicklung sei es aber nicht unrealistisch, „dass es am Ende 200 Millionen Euro sein werden“. Dann müsste sich der Landkreis mit „mindestens 70 Millionen Euro“ beteiligen – Geld, das an anderer Stelle fehlen würde. Um die medizinische Versorgung der Bevölkerung für den Planungs- und Bauzeitraum von sieben bis acht Jahren sicherzustellen, müsste der Kreis zudem einen jährlichen Defizitausgleich zwischen 10 und 13 Millionen Euro aufbringen, rechnet Weigt vor. Und dann müsse sich erst zeigen, ob ein neues Klinikum wirklich ohne Defizit arbeiten könne.
Gleichwohl sind sich die „honorigen“ Walsroder darüber im Klaren, dass sie mit ihren Argumenten nördlich der ehemaligen Kreisgrenze mit ihren Vorstellungen kaum punkten können. Da stellt sich die Frage, ob und wie sie die angelaufene Standortsuche und das Raumordnungsverfahren stoppen wollen. Dafür wollen sie die Öffentlichkeit mobilisieren, denken sogar an einen Bürgerentscheid. Trommeln für ihren Plan will die Initiative zunächst in Walsrode selbst und in den drei Südkreis-Samtgemeinden. Dort sei Zustimmung für ihre Argumente – kürzere Wege und deutlich weniger Kosten – am ehesten zu erwarten. Allerdings habe es bisher kaum Resonanz gegeben. Auch aus der Belegschaft des Klinikums habe man bisher kein vernehmbares Echo vernommen. Positiv bewertet die Initiative die vor einigen Monaten von Bürgermeisterin Helma Spöring getroffene Entscheidung, eine Fachkanzlei zu beauftragen, das Verfahren zur Standortsuche aus Walsroder Sicht „kritisch zu verfolgen“.
„Wir müssen ganz schnell die Bevölkerung auf die Beine kriegen und gegen die Planung mobil machen“, wollen die Initiatoren nun keine Zeit mehr verstreichen lassen. Als erster Gradmesser und Stimmungstest ist eine Kundgebung für den Erhalt des Walsroder Krankenhauses gedacht, die Kunold für Freitag, 6. September, um 16 Uhr auf dem Rathausvorplatz der Lönsstadt angemeldet hat.