Neubau allein ist kein Problemlöser

Von Reinhard Vorwerk

Bad Fallingbostel. Zehn Millionen Euro für das Heidekreisklinikum sind nicht genug. Deshalb muss der Landkreis für dieses Jahr weitere drei Millionen als Defizitabdeckung nachschießen, um den Betrieb seiner beiden Krankenhäuser zu sichern (BZ vom 11. September). Diese weitere Verschlechterung der finanziellen Situation des Klinikums führte wie erwartet zu einer erneuten Diskussion im Kreistag – wobei sich alle der Redner einig waren, dass das Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft bleiben soll. Zunächst meldeten sich die Kritiker von Geschäftsführer Dr. Christof Kugler sowie des geplanten Klinikneubaus zu Wort.

„Ich bin nicht stolz darauf, Recht gehabt zu haben“, sagte Dr. Hans-Joachim Wangnick. Doch er fühle sich bestätigt, so der Walsroder CDU-Abgeordnete. Er wünsche dem am Freitag vorgestellten zukünftigen Geschäftsführer Dr. Achim Rogge Erfolg bei seiner Aufgabe, aber auch, „dass der Aufsichtsrat seiner Aufgabe endlich richtig nachkommt und das laufende Geschäft kontrolliert“, schoss Wangnick einen Pfeil in Kuglers Richtung ab. Denn es seien vor allem handwerkliche Probleme, die dem Klinikum zu schaffen machten, wie zum Beispiel die Mitarbeiterregelung. „Die Probleme lösen sich nicht durch einen Neubau,“ ist Wangnick überzeugt. Um das Klinikum aus seiner Schieflage zu bekommen, brauche es zudem Durchhaltevermögen und Glück. „Glaubt jemand ernsthaft, dass ein Neubau der Schlüssel zum Happyend ist?“, schlug Wangnicks Walsroder Fraktionskollege Torsten Söder in die gleiche Kerbe. Er verwies auf Aussagen, wonach von dem für das laufende Jahr zu erwartenden 13-Millionen-Defizit lediglich drei Millionen Euro auf die Situation des Klinikums mit zwei Standorten zurückzuführen sei. Da stelle sich die Frage der Notwendigkeit eines Neubaus für 130 Millionen Euro.

Nachschläge haben sich auf 42 Millionen Euro summiert

Die sieht Söder nicht, sondern erwartet eine Fortsetzung der jährlichen Diskussion über den Nachschlag. Der habe mittlerweile ein dramatisches Ausmaß angenommen. Seit 2013, als der Kreistag erstmals eine Defizitabdeckung für das HKK bereitstellen musste, seinerzeit zwei Millionen Euro, sei das Jahresfehl kontinuierlich gewachsen, auf nunmehr 13 Millionen. Das ergibt nach Söders Rechnung 42 Millionen Euro, die der Kreistag bis Ende 2018 innerhalb von sechs Jahren bereitstellen muss, um den Betrieb sicherzustellen. „Tendenz weiter steigend.“ Söder verglich die Entwicklung mit dem Film „Täglich grüßt das Murmeltier.“ Alle Jahre wieder bekomme der Kreistag zu hören, dass die negative Entwicklung beim Klinikum bald gestoppt werden könne und Licht am Ende des Tunnels zu sehen sei. Doch es werde im Gegenteil immer schlimmer. Und anders als im Hollywoodstreifen um das possierliche Murmeltier, wo die Geschichte für Hauptdarsteller Bill Murray gut ausgeht, sei ein Happyend für das Klinikum nicht in Sicht.

Gleichwohl sieht auch Söder keine Alternative zur vorgeschlagenen Aufstockung des 2018er-Zuschusses: Wie der Großteil der anwesenden Mitglieder des Kreistags hob er die Hand, als Sitzungsleiterin Franka Strehse (SPD) zur Abstimmung bat. Bei einer Gegenstimme von Thomas Lipinski (CDU) und der Enthaltung durch die Gruppe FDP/Bürgerunion segnete der Kreistag den Drei-Millionen-Nachschlag später ab. Zuvor hatte Sebastian Zinke Wangnicks Vorwurf gegen den HKK-Aufsichtsrat zurückgewiesen. „Jeder tut dort alles dafür, dass es besser wird“, sagte der SPD-Mann, der stellvertretender Vorsitzender des Gremiums ist. Zinke verwies auf die Maßnahmen, mit denen der noch amtierende Geschäftsführer Kugler sowie der Aufsichtsrat einen Strukturwandel bei der Gesundheitsversorgung im Heidekreis eingeleitet hätten, betonte aber: „Wir brauchen Vertrauen und Zeit.“

„Vertrauen und eine größere Akzeptanz für unser Klinikum in der Bevölkerung“ wünscht sich auch Hermann Norden. „Jede negative Meldung ist ein Schlag und schlecht für das HKK“, weil es das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit erschüttere, beklagte der CDU-Fraktionschef und HKK-Aufsichtsratsvorsitzende ein Imageproblem, zu dem auch einige Vertreter der Ärzteschaft, manchmal unwissentlich, beigetragen hätten. Um ein Krankenhaus wirtschaftlich betreiben zu können, brauche es eine Marktabdeckung von 65 bis 68 Prozent. Doch davon sei das HKK mit einem Patientenanteil in seinem Einzugsbereich von lediglich 45 Prozent weit entfernt.

„Das Problem ist nicht nur mit einem Neubau zu lösen“, macht sich Norden keine Illusionen. Die Möglichkeit, alles an einem Standort vorzuhalten, bringe dem HKK aber einen wichtigen Vorteil, weil es die Situation im Wettbewerb mit anderen Krankenhäusern verbessern werde. Wichtig sei, „das Angebot in den einzelnen Sparten auszubauen und die Verfestigung des Erreichten“. Als beispielhaft nannte der Aufsichtsratsvorsitzende die Entwicklung der von Dr. Christiane Thein geleiteten Geburtenabteilung. In diesem Jahr werde dort, in Walsrode, die Grenze von 1000 Entbindungen überschritten. Norden erklärte: „Damit haben wir landesweit die viertgrößte Geburtenstation“.

Auf 13 Millionen Euro ist das jährliche Defizit des Heidekreis-Klinikums mittlerweile geklettert. Für den Ausgleich sorgt nun der Landkreis als Träger des kommunalen Krankenhauses. Foto: wu

Auf 13 Millionen Euro ist das jährliche Defizit des Heidekreis-Klinikums mittlerweile geklettert. Für den Ausgleich sorgt nun der Landkreis als Träger des kommunalen Krankenhauses. Foto: wu

Reinhard Vorwerk