Kommentar: Alle wahren ihr Gesicht
Von Reinhard Vorwerk
Die interessanteste, auf jeden Fall alarmierendste Zahl zur Situation des Heidekreisklinikums tauchte in keiner Beratungsvorlage für die jüngste Kreistagssitzung auf. CDU-Mann Torsten Söder hat sie in die Diskussion geworfen. Wenn die Entwicklung bis zum Jahresende so verläuft wie prognostiziert, wovon man ausgehen muss, dann hat der Heidekreis nach Söders unwidersprochen gebliebener Aufrechnung innerhalb von sechs Jahren 42 Millionen Euro in seine Krankenhäuser gepumpt, nur um deren in dieser Zeit aufgelaufenen Defizite auszugleichen. Das ist knapp ein Drittel dessen, was ein Krankenhausneubau an zentraler Stelle des Kreisgebietes kosten soll und darf nicht so weitergehen, weil es die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landkreises auf Dauer überfordern würde.
Da stellt sich die Frage nach den Ursachen, der Rolle des Aufsichtsrat und rückt zwangsläufig Geschäftsführer Dr. Christof Kugler in die Schusslinie. Natürlich ist ihm die Misere nicht persönlich anzulasten. Fakt ist aber, dass es Kugler trotz anderslautender Ankündigungen nicht gelungen ist, die Wende zum Besseren herbeizuführen. Ob die in seiner Ägide eingeleiteten strukturellen Veränderungen fruchten und bessere Ergebnisse bringen, bleibt abzuwarten. Bekanntlich ist man immer erst hinterher schlauer. Die jetzt beschlossene Lösung mit einer vorzeitigen Vertragsauflösung Kuglers und der Bestellung eines Nachfolgers ermöglicht allen Beteiligten, ihr Gesicht zu wahren. Denn aufgrund seines Alters würde Kugler den bevorstehenden mehrjährigen Prozess mit dem Neubau und der Neuausrichtung des Klinikums nicht bis zum Abschluss lenken können. Statt sich mit einer ihm zustehenden Abfindung wird er seine zweifelsohne vorhandenen Kenntnisse bis zum Ende der Vertragslaufzeit Mitte 2020 als Berater einbringen.
Nun richten sich alle Augen und Hoffnungen auf seinen Nachfolger, der mit ähnlich hohen Vorschusslorbeeren antritt wie Kugler vor fünf Jahren. Aufgrund seiner beruflichen Vita könnte Dr. Achim Rogge die richtige Wahl sein, denn er hat den hier anstehenden Prozess im Landkreis Schaumburg mit der strategischen Zusammenführung von drei kommunalen Krankenhäusern inklusive Koordination des Krankenhausneubaus in Obernkirchen bis zum Ende geführt. Ob das auch den erhofften wirtschaftlichen Erfolg nach sich zieht, lässt sich seriös erst in einigen Jahren sagen. Und auch für den Fall, dass das neue HKK entgegen allen Hoffnungen in seiner jetzigen Betriebsform doch nicht zu halten sein sollte, weiß der zukünftige Geschäftsführer was zu tun ist: In Rogges Vita ist auch die Betriebszusammenführung durch Betriebsübergänge der kommunalen Kliniken auf den privaten Träger Agaplesion aufgeführt.