„Wir fühlen uns überfahren“

Bad Fallingbostel. Da steht eine Entscheidung von weitreichender Tragweite für den Heidekreis bevor. Nach Lage der Dinge wird der Kreistag am Freitag als Gesellschafterversammlung des Heidekreis-Klinikums (HKK) GmbH die Geschäftsführung anweisen, beim Land planerisch die Zusammenlegung der beiden Krankenhäuser in Soltau und Walsrode an einem zentralen Standort im Heidekreis zum 1. Januar 2023 zu beschließen und für die Zusammenlegung Fördermittel in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro zu beantragen. Das sieht ein vergangene Woche vom Kreisausschuss abgesegneter Beschlussvorschlag vor.

Gerade einmal sieben Wochen, nachdem ein möglicher Krankenhausneubau und damit verbunden die Schließung der Krankenhäuser Soltau und Walsrode in die öffentliche Diskussion gebracht wurde, soll das Thema nun aufs Gleis gehoben werden – aus Sicht vieler Bürgermeister zu schnell. Das hat ihre Interessenvertretung, der Kreisverband des Städte- und Gemeindebunds (NSGB), am gestrigen Dienstag in einem Pressegespräch im Anschluss an die Hauptversammlung des Kreisverbandes, dem bis auf die Städte Soltau und Munster alle Landkreiskommunen angehören, deutlich gemacht. „Die Kommunen fühlen sich überfahren“, nahm Kreisvorstandsmitglied Karl Gerhard Tamke dabei kein Blatt vor den Mund.

Nicht frühzeitig auf eine Lösung festlegen

So eindeutig wie der ehrenamtliche Hodenhagener Bürgermeister positionieren sich Tamkes hauptamtliche Kollegen nicht, wollen eine Konfrontation mit dem Landkreis nicht auf die Spitze treiben. Die Hauptverwaltungsbeamten lehnen den angestrebten Krankenhausneubau nicht von vornherein ab. „Grundsätzlich ist das Angebot, Landesmittel in dieser Größenordnung zu erhalten, eine Chance für den Landkreis“, sagt Carlos Brunkhorst. Es wäre fahrlässig, diese Option nicht wahrzunehmen, räumt der Neuenkirchener Bürgermeister und NSGB-Kreisgeschäftsführer ein. Die Bürgermeister würden die Antragstellung an das Land auch unterstützen, betont er. Aber man dürfe sich nicht frühzeitig auf nur eine denkbare Lösung festlegen.

Man dürfe nicht nur auf einen Standort schauen, „weil einer um die Ecke kommt und mit Geld wedelt“, so Brunkhorst. Auch wenn es die in Aussicht gestellten Zuschüsse geben sollte, müsste sich der Landkreis mit eigenen Mitteln beteiligen – „Geld der Kommunen“. Die Bürgermeister haben ihre Bedenken in einer Stellungnahme an den Kreistag und die HKK-Geschäftsführung zusammengefasst. Der Landkreis soll überprüfen, ob Alternativen zu einem Klinikneubau in Betracht kommen und ob die Grund- und Regelversorgung der Einwohner gewährleistet sei. Alternativen müssten gründlich geprüft, die dauerhafte Leistungsfähigkeit der kommunalen Haushalte berücksichtigt werden: „Die Entscheidungskriterien zur Standortsuche sind transparent und mit Begründung darzulegen. Die Kommunen sind bei den Planungen und Entscheidungen zu informieren und einzubeziehen.“

„Für die Bürgermeister steht die Sicherstellung der medizinischen Versorgung für alle im Vordergrund“, muss das nun anlaufende Verfahren nach Aussage der stellvertretenden Kreisvorsitzenden und Schneverdinger Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens ergebnisoffen sein. „Wir fordern eine solide Prüfung“, betont die NSGB-Kreisvorsitzende Helma Spöring. Deshalb dürfe es keine Schnellschüsse geben. Da sei vieles noch nicht zu Ende gedacht worden, meint sie. Ansonsten hat sich die Walsroder Bürgermeisterin öffentliche Zurückhaltung bei diesem Thema auferlegt: Ihr Krankenhaus wäre wie das Soltauer im Falle eine Klinikneubaues von der Schließung betroffen. vo

Ein Bild mit Symbolcharakter: Helma Spöring hält sich beim Vortrag von NSGB-Präsident Marco Trips im Hintergrund. Die Position der Bürgermeister zur Krankenhausfrage erläutern Carlos Brunkhorst (2. von rechts) und Meike Moog-Steffens (hinten). Foto:…

Ein Bild mit Symbolcharakter: Helma Spöring hält sich beim Vortrag von NSGB-Präsident Marco Trips im Hintergrund. Die Position der Bürgermeister zur Krankenhausfrage erläutern Carlos Brunkhorst (2. von rechts) und Meike Moog-Steffens (hinten). Foto: vo

Reinhard Vorwerk