Kommentar: Die Nerven liegen langsam blank

Von Reinhard Vorwerk

Kein Grund zur Sorge. Er sei überzeugt, zu 99,9 Prozent sicher, dass das bereitgestellte Geld nicht in Anspruch genommen werden müsse. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Landrat Manfred Ostermann im Kreistag diese Überzeugung nach dem ersten Beschluss über eine Defizitabdeckung für das Heidekreisklinikum öffentlich ausgesprochen hat. Da ging es „nur“ um zwei Millionen Euro, die der Kreis für die Sicherstellung des Krankenhausbetriebs bereitstellen musste.

Davon können jetzt die Verantwortlichen im Kreistag, bei der Kreisverwaltung sowie beim HKK nur träumen. Diese Sorgen hätten sie gern angesichts der Tatsache, dass in immer kürzeren Abständen immer höhere Fehlbeträge gemeldet werden. Erst zwei, dann drei, fünf, schließlich sieben und nun wohl zehn Millionen Euro muss der Landkreis für dieses Jahr aufbringen. Ob das wirklich reicht oder am Ende noch ein paar Milliönchen draufgepackt werden müssen, würde nach der jüngsten Entwicklung wohl niemand ruhigen Gewissens unterschreiben. Die Nachricht, dass die Kalkulation nach nur drei Monaten bereits wieder obsolet ist und der Defizitausgleich 2017 im zweistelligen Millionenbereich liegen wird, war ein echter Tiefschlag. Und dazu noch einmal ein 1,8 Millionen-Nachschlag für 2016.

Da macht sich das Gefühl von Hilflosigkeit breit, Ohnmacht, und da gerät zwangsläufig die Arbeit des Geschäftsführer in den Fokus. So deutliche Worte wie am Freitag im Kreistag musste sich Dr. Kugler in den bisher gut drei Jahren als Verantwortlicher beim HKK zumindest öffentlich noch nicht anhören. Doch, das hat die Aussprache gezeigt, noch hat Kugler Rückendeckung, genießt das Vertrauen des Kreistages. Aber der Erwartungsdruck steigt. Er muss liefern. Die Frage bleibt: Wo ist die Schmerzgrenze? Wie lange kann sich der Heidekreis sein Klinikum überhaupt noch leisten? Und was wäre die Alternative? Eine Privatisierung? Aber die will erklärtermaßen keiner. Um das zu verhindern, müssen die Ärzteschaft und letztlich die Bevölkerung von der Qualität des Krankenhauses vor Ort überzeugt werden, um die Belegungszahlen signifikant zu steigern.

Doch wie soll das gelingen? Kann es das überhaupt noch? Die Nerven sind angespannt, liegen teilweise bereits blank. Keine guten Voraussetzungen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und den begonnenen Prozess der Spezialisierung einzelner Angebotssparten in der angemessenen Ruhe und Sorgfalt fortzusetzen. Und über allem die Erkenntnis, dass das Ganze aus eigener Kraft nicht zu schaffen ist und man sich vergebens abstrampeln wird, wenn der Gesetzgeber nicht endlich für ein angemessenes, gerechtes Vergütungssystem sorgt.

Reinhard Vorwerk