Noch mehr kämpfen um jeden Patienten
Walsrode/Soltau. „Eine chirurgische Rund-um-die-Uhr-Versorgung an 365 Tagen wird es in Soltau nicht mehr geben“, wenn die von ihm geleitete Abteilung in der kommenden Woche nach Walsrode umzieht und mit der dortigen Chirurgie „zusammengeführt“ wird, stellt deren Chefarzt Dr. Jochen Mathews klar. Das bedeutet aber nicht, dass Patienten nach 20 Uhr sich selbst überlassen bleiben oder gar abgewiesen werden, sagt der Geschäftsführer des Heidekreis-Klinikums (HKK) Dr. Christof Kugler. Wer mit einer Verletzung ins Soltauer Krankenhaus kommt, dem werde auch abends und nachts geholfen, er werde aufgenommen und notfallversorgt und gegebenenfalls mit dem Rettungswagen nach Walsrode gebracht.
Mit der von Dr. Benjamin Rebhan eröffneten Praxis gebe es jetzt ein hervorragendes ambulantes chirurgisches Angebot in Soltau, das ausgebaut werden soll. Die Praxisräume befinden sich noch im medizinischen Versorgungszentrum. Voraussichtlich 2018 stehe ein Umzug in das zweite Ärztehaus am Oeninger Weg an. Der Rettungsdienst wird das Soltauer Krankenhaus bei chirurgischen Behandlungsfällen nicht mehr anfahren. Das 2014 in der zentralen Notaufnahme (ZNA) Walsrode eingeführte Manchester-Triage-System zur Ersteinschätzung der Behandlungsdringlichkeit wird ab dem 1. März auch in Soltau genutzt. Mit seiner Hilfe können laut Kugler Behandlungsprioritäten schneller und sicherer festgestellt und dadurch die Patientenversorgung optimiert werden. Über einen Monitor im Warteraum haben Patienten die Möglichkeit, sich über die voraussichtliche Verweildauer in der Notaufnahme zu informieren.
Aber all das ändert nichts: Eine chirurgische Rumpfklinik – als solche bezeichnet der Geschäftsführer die Abteilung in Soltau – habe keine Zukunft. „Wir haben kein Geld und kein Personal für Doppelstrukturen.“ Bis zu sieben Millionen Euro stellt der Landkreis als Träger dem HKK in diesem Jahr als Verlustausgleich bereit. Und, da gibt sich Kugler keinen Illusionen hin: „Wir müssen weiter auf die Zuschüsse zurückgreifen.“ Nicht ohne Grund sei das medizinische Strukturkonzept auf 2020 ausgerichtet. Bis dahin ist es aber nicht mehr lang hin. Und so sieht der Geschäftsführer die nächsten Jahre als entscheidend an, den „Turnaround“ hinzubekommen: 2017 und 2018 müsse es gelingen, das Zuweisungssystem aus Praxen und geplanten Operationen zu stabilisieren.
Gut besuchte Informationsveranstaltungen
Das heißt nichts anderes als Überzeugungsarbeit bei den niedergelassenen Ärzten zu leisten, dass ihre Patienten im Krankenhaus vor Ort auch dann gut aufgehoben sind, wenn es um schwerwiegendere Eingriffe geht. Das ist müheselig, weiß Dr. Jochen Mathews. Die Informationsveranstaltungen des renommierten Operateurs über die Endoprothetik sind in der Regel gut besucht, bis zu 70 Personen. Am Ende würden sich aber die Wenigsten für eine Operation beim HKK anmelden, sondern entschieden sich für einen Eingriff in umliegenden Kliniken, oft in den Oberzentren.