„Brauchen Geld für Sanierung“
vo Walsrode. Die Zahlen lassen keinen anderen Schluss zu: Die Situation des Heidekreis-Klinikums (HKK) ist angespannt, und daran wird sich so schnell nichts ändern. „Da müssen wir nichts hinter dem Deich halten“, räumte Aufsichtsratsvorsitzender Hermann Norden bei der Vorstellung des Geschäftsberichts für 2015 ein (Bericht von Mittwoch). Dieser weist bei einem Umsatz von 71,6 Millionen Euro ein Fehl von 805 000 Euro aus. Dabei ist der sogenannte Ertragszuschuss des Landkreises Heidekreis in Höhe von fünf Millionen Euro bereits eingerechnet. An eine schwarze Null oder gar einen Überschuss sei derzeit nicht zu denken. Spezialisierungsmaßnahmen wie die anstehende Erweiterung des Herzkatheterlabors in Soltau um einen zweiten Messplatz und die Teilverlagerung der chirurgischen Klinik nach Walsrode werden sich finanziell erst in einigen Jahren niederschlagen.
Wie die beiden Standorte Soltau und Walsrode ausgebaut und langfristig gesichert werden können, haben Geschäftsführung und Aufsichtsrat des HKK im Strukturkonzept 2020 dargestellt – ein Paket von Maßnahmen, deren Umsetzung 40 Millionen Euro kostet. Eine Herausforderung, die der Landkreis als alleiniger Träger nicht bewältigen kann. Förderanträge bei Land und Bund sind gestellt. Ende August sollen erste Entscheidungen in Hannover fallen. „Wir brauchen das Geld, um die Sanierung zu finanzieren“, stellt HKK-Geschäftsführer Dr. Christof Kugler klar. Grundsätzlich setzt das Klinikum auf Spezialisierung, will durch die Bildung von Behandlungsschwerpunkten wettbewerbsfähig bleiben oder erst werden. „Nur wenn wir leistungsfähig sind, können wir die Grund- und Regelversorgung sicherstellen“, so Norden.
Für ihn ist dieser Weg „alternativlos“. Das sieht auch der Kreistag so, der sich in der vergangenen Woche in nichtöffentlicher Sitzung mit dem Strukturkonzept befasste und zudem weitere 1,5 Millionen Euro bereitstellte – quasi als Vorschuss vom jährlichen Ertragszuschuss. Für 2016 verbleiben damit nur noch 3,5 Millionen Euro. Die seien wohl auch ausreichend, geht der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Sebastian Zinke von einen sinkenden Zuschussbedarf aus.
Die sektorenübergreifende Entwicklung und Sicherung der gesundheitlichen Versorgung sieht Maßnahmen zur Sicherung von ambulanten Versorgungsangeboten im fachärztlichen, aber zukünftig immer mehr auch im hausärztlichen Bereich vor. Dabei komme dem Klinikum mit „angedockten MVZ“ (Medizinisches Versorgungszentrum) eine wachsende Ankerfunktion zu. In Walsrode hat es bei den stationären Patienten seit 2013 einen Zuwachs über 12 Prozent auf jetzt 12 038 Fälle gegeben, ambulant wurden im MVZ 8876 Patienten (+17 Prozent) behandelt. In Soltau wurden im vergangenen Jahr 6636 Patienten stationär aufgenommen. Das sind genauso viele Behandlungen wie im Jahr 2013. Als wesentlichen Grund für die Stagnation nennt Geschäftsführer Kugler die Schließung einer Inneren Abteilung. Der Zuwachs im MVZ in Soltau lag im Vergleich zu 2013 bei 11,5 Prozent auf 5886 Patienten.
Richtiger Riecher
Ohne qualifiziertes Personal ist die Sicherung und Ausweitung der stationären Versorgungsangebote nicht möglich. Da hat das Klinikum laut Geschäftsführer Kugler antizyklisch gehandelt und trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage Stellen in der Pflege sowie im ärztlichen Bereich aufgebaut. Im südeuropäischen Ausland wurden über 15 Pflegekräfte angeworben. Nach entsprechender, auch sprachlicher Ausbildung soll ihr Einsatz die Wiederaufnahme geschlossener Abteilungen ermöglichen. Bis zum August könnten zudem in Soltau sämtliche Oberarztpositionen nachbesetzt werden. Die Inbetriebnahme des zweiten Herzkatheters noch in diesem Jahr werde für einen weiteren Schub sorgen. Kugler: „Da hatten wir den richtigen Riecher.“
Dass vor ihnen ein langer Weg liegt, ist den Verantwortlichen des HKK angesichts einer Versorgungsquote von gerade einmal 54 Prozent bewusst. Das bedeutet, dass sich fast die Hälfte der Heidekreisler im Bedarfsfall für ein externes Krankenhaus entscheiden, obwohl „ihr“ Klinikum ein entsprechendes Behandlungsangebot vorhält. „Da ist noch viel Luft nach oben“, gibt Hermann Norden zu. Doch da gebe es positive Entwicklungen: So würden sich immer mehr schwangere Frauen im Heidekreis sich für eine Entbindung in der Geburtenstation des Walsroder Klinikums entscheiden. „Wir sind auf einem guten Wege“, meint auch Geschäftsführer Kugler, stellt aber klar, dass es ohne externe Hilfe nicht geht. Nun erwarten Politik und Klinikum, dass das Land den finanziellen Einsatz des Heidekreises und das Maßnahmenpaket entsprechend honoriert.