Unterschriftenlisten gehören nicht zum Altpapier
vo Soltau. Bis vergangenen Freitag, kurz nach 17 Uhr, waren die gut 12 000 Unterschriften ein Politikum. Ein Druckmittel, um die Mitglieder des Kreistags zu überzeugen, dem Kompromiss zum Krankenhaus-Zielbild C wirklich zuzustimmen. Von einem Moment auf den nächsten, nach dem klaren Votum für die Variante „C plus“, haben die ihre Brisanz verloren. Jetzt lagern die Listen, sortiert nach Kommunen, in dicken Aktenordnern weiter im Büro von Mathias Ernst. Was mit ihnen geschehen soll, ist noch unklar. Ernst ist Sprecher der Soltauer Initiative für zwei gleichwertige Krankenhäuser im Landkreis und „Verwahrer“ der Unterschriften, weiß daher Bescheid über deren Verbleib. „Selbstverständlich sind sie nicht beim Landrat abgegeben worden.“ Bis einschließlich Sonnabend hätten die Vertretungsberechtigten der Initiative, Friedhelm Eggers, Bernd Ingendahl und Dr. Christopher Schmidt, dafür Zeit gehabt.
„Das sind die geprüften Unterschriften“, siedelt Ernst ihre Bedeutung hoch an. Noch bis kurz vor dem Kreistag seien die Listen aktualisiert, unklare Unterschriften noch einmal eingeholt worden. „Die Zusammenarbeit hat sehr gut geklappt“, ist Ernst voll des Lobes für die Verwaltungen. Der Plural ist ihm wichtig – „weil es eben keine auf Soltau beschränkte Aktion gewesen ist“. Die meisten Unterschriften seien aus Munster und Schneverdingen gekommen. Relativ am höchsten war die Beteiligung in Wietzendorf. „Wir waren bis zuletzt handlungsfähig und hätten reagieren können.“ Das war aber nicht nötig. Schließlich endete die Abstimmung wie erwartet. Das bedeutet das Ende der Eigenständigkeit der Finkelstein-Kinderklinik. Die Kinderstation in der Böhmestadt wird unselbstständige Außenstelle der Walsroder Kinderklinik mit vier Betten.
Nicht alle werten das als Erfolg. Dessen ist sich Ernst bewusst, und das bekommt er am Montag beim Pressetermin vor dem Soltauer Krankenhaus von einem Mitarbeiter des Hauses zu hören: Was da als Kompromiss herausgekommenen sei, sei angesichts der Eingangsforderung äußerst enttäuschend. Und teuer erkauft. Die 380 000 Euro, die Landrat Manfred Ostermann im Kreistag genannt habe, seien kein einmaliger Betrag, sondern würden jährlich anfallen. Weil diese Lösung von Dauer sein soll – was der Mitarbeiter aber bezweifelt.
Maximales herausgeholt
Ernst kennt die Argumente, verteidigt den Kompromiss aber als Erfolg, „das Maximale, was bei realistischer Betrachtung herauszuholen war“. Unübersehbar seien die Signale gewesen, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger „des Themas einfach müde sind“. Daher sei es fraglich gewesen, ob die erforderliche Beteiligung zustande gekommen wäre. Die 30 000 Ja-Stimmen, die nötig wären, den kritisierten Plan C zu kippen. „Das ist schon eine sehr hohe Hürde, die der Gesetzgeber da aufgestellt hat.“ Nun komme es darauf an, der Bevölkerung deutlich zu machen, was in dem beschlossenen Leistungsbild alles enthalten ist und vor allem, auf die Umsetzung und Einhaltung zu achten. Und was soll mit den ganzen Unterschriften passieren? Einfach in die grüne Tonne damit, wie normales Altpapier, was es nach Ablauf der Abgabefrist faktisch ja ist? „Nein, das geht nicht. Das hat auch einen historischen Wert“, findet Ernst, der es wissen muss. Schließlich ist er selbst Historiker.
Die mehr als 12 000 Voten seien auch Zeugnis für etwas, was zumindest für diese Region einzigartig ist – dass so viele Bürger, immerhin 10 Prozent der Wahlberechtigten, für ein zentrales Anlagen eingetreten seien. Dazu müssten auch noch die 20 000 Unterschriften gerechnet werden, die im vergangenen Jahr nach Bekanntwerden des Plans B gesammelt wurden, der erstmals die Schließung der Kinderklinik in Soltau vorsah. „Wenn es diesen Widerstand nicht gegeben hätte, wären schon längst Fakten geschaffen worden.“ Für Ernst steht fest: „Das gehört alles ins Archiv.“ Nur in welches?