Oestmann teilt kräftig aus: Freunde, so nicht!
vo Walsrode. Bloß nicht wieder eine Auseinandersetzung wie vergangenes Jahr in Munster, als der Streit über die Umstrukturierung der Krankenhäuser den Regieplan des CDU-Kreisparteitages völlig den Haufen geworfen hatte. Am Sonnabend sollte es in der Walsroder Stadthalle anders, besser laufen. Bewusst hatte die Kreisvorsitzende Gudrun Pieper deshalb dem Thema Krankenhäuser nur gut zwei von zwölf Seiten ihres Berichtes gewidmet – um deutlich zu machen, „dass es nicht nur das Thema Klinikum bei uns im Heidekreis gibt“. Ganz aussparen ließ es sich natürlich nicht. Deshalb erläuterte Pieper zunächst das Scheitern der Variante C plus und forderte dann erneut ein Ende des parteiinternen Streits. Sie rief alle Mitglieder auf, „gemeinsam und mit Teamgeist daran zu arbeiten, gute Ergebnisse für alle Seiten zu erlangen“.
Zugleich versicherte sie, dass sie die Hoffnung nicht aufgegeben habe, dass sich der Bruch innerhalb der Kreis-CDU und in der Kreistagsfraktion doch noch kitten lässt. Dafür kämpfe sie, „das bin ich unseren Mitgliedern schuldig“. Sie kündigte weitere Sondierungsgespräche mit den abtrünnigen Soltauer Kreistagsmitgliedern an. Der Termin solle unmittelbar nach dem Parteitag abgesprochen werden. Auch die anderen CDU-Beteiligten in der Klinikum-Auseinandersetzung waren bemüht, kein neues Öl ins Feuer zu gießen. Hermann Norden, Chef der Kreistagsfraktion und Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums, schwieg ebenso wie die drei Walsroder CDU-Kreistagsabgeordneten Dr. Hans-Joachim Wangnick, Oliver Schulze und Torsten Söder, die mit Austritt aus der Fraktion gedroht hatten für den Fall, dass Mathias Ernst weiter im Klinikum-Aufsichtsrat bleiben würde. Auch kein Wort von den drei Soltauern Mathias Ernst, Silke Thorey-Elbers und Friedhelm Eggers, die gerade diesen Schritt vollzogen haben. Sie bilden die Kreistagsfraktion der Heide-Union, wollen aber weiter CDU-Mitglieder bleiben.
Aber alle hatten ihre Rechnung ohne Karl-Dieter Oestmann gemacht. Der frühere CDU-Kreis-vorsitzende und Landtagsabgeordnete, zu seiner „aktiven“ Zeit bekannt als Mann der klaren Worte, setzte mit einer Wutrede den emotionalen Höhepunkt. Dabei war für ihn ein feierlicher Part vorgesehen, eine Ehrung für 50-jährige Mitgliedschaft. Doch statt eine Dankesrede zu halten, polterte Oestmann los: „Ich bin über alles Maßen zornig.“ Beim Punkt Aussprache legte er nach. Da bekamen sie ihr Fett ab: „Die drei Walsroder Staatsmänner, die mit Austritt drohen“, vor allem die „politischen Rumpelstilzchen“ aus Soltau, die nicht die Grundregeln der Politik und des Umgangs miteinander begriffen hätten, nicht in der Lage oder willens seien, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren, und auch die Vorsitzende.
Oestmann erinnerte an die schwierige Krankenhaussanierung, die Mühen, die es parteiübergreifend gekostet hatte, die beiden Häuser auf den jetzigen Stand zu bringen. „Sonst wären es heute Bruchbuden.“ Daran habe auf Seiten der CDU vor allem der frühere Landtagsabgeordnete Gustav Isernhagen Anteil. Dem Wietzendorfer sei es in den 1980er-Jahren gelungen, den damaligen Sozialminister Hermann Schnipkoweit zu überzeugen, Soltau und Walsrode in das Krankenhausprogramm aufzunehmen. Nach dem Regierungswechsel in Hannover in den 1990er-Jahren habe Dieter Möhrmann das im Zusammenspiel mit dem damaligen SPD-Sozialminister Walter Hiller fortgesetzt, so Oestmann, der nun alles gefährdet sieht. Wenn die CDU im Kreisverband den Anspruch habe zu gestalten, könne sie sich – auch mit Blick auf 2013 anstehende Urnengänge – diesen Streit nicht länger leisten. Ob denn einer der Anwesenden wirklich glauben würde, dass „wir so noch Wahlen gewinnen können“, fragte Oestmann und lieferte die Antwort: „Die Leute müssten bescheuert sein.“ Seine Botschaft insbesondere ans Soltauer Lager: „Freunde, so nicht!“
Von Tisch und Bett
Er verlange keinen Ausschluss, aber wenn einige Akteure ihre Haltung nicht revidieren und Mehrheitsentscheidungen respektieren würden, drohe ein Auseinanderplatzen der Strukturen. Das müsse verhindert werden – mit einer deutlichen Ansprache, wenn erforderlich aber auch „durch eine Trennung von Tisch und Bett“. Auch die Kreisvorsitzende musste sich Kritik von ihrem Vorvorgänger anhören. Oestmann hält nicht von Piepers Versöhnungsbemühungen als „laufender Vermittlungsausschuss. Das ist wie weiße Salbe“ – wirkungslos. Und zum Schluss: „Ich hoffe nicht, dass die Skala der Dummheiten nach oben hier noch erweitert werden kann.“ Das wollte die Vorsitzende nicht auf sich sitzen lassen. Sie setze, so lange möglich, auf ein Miteinander, verteidigte Pieper ihr Vorgehen. „Wenn ich Chancen sehe, dass wir gemeinsam vernünftige Politik begehen können, dann suche ich sie. Das ist keine weiße Salbe.“
Ansonsten meldete sich nur noch Josef „Jupp“ Mayer zu Wort. Der frühere Kreistagsabgeordnete wollte Oestmanns Phi-lippika aus Soltauer Sicht nicht unkommentiert lassen, auch wenn ihm dessen Talent zur Zuspitzung fehle. „Auch ich bin auch über alle Maßen zornig“, drehte Mayer den Spieß um und erinnerte an den Auslöser des Streits. „Wir hätten im Juni 2010 alle Krankenhaus-Fragen erledigen können.“ Bis dahin sei alles auf das Zielbild A hinaus gelaufen, mit einer Kinderklinik in Soltau. Dann habe es plötzlich und für viele immer noch nicht nachvollziehbar ein Umschwenken auf die Variante B gegeben, mit der Kinderklinik in Walsrode. Alles weitere sei bekannt.
Legt man Intensität und Dauer des Beifalls zugrunde, hatte Oestmann den meisten der anwesenden Parteifreunde aus der Seele gesprochen. Das belegte der anschließende Wahlgang. Da wurde Pieper, die als einzige Kandidatin angetreten war, mit einem relativ schwachen Ergebnis als Kreisvorsitzende bestätigt: 123 von 154 möglichen Stimmen, bei 24 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen. Das magere Resultat verfehlte seine Wirkung nicht. „Ich verstehe dieses Ergebnis als Auftrag, dass vieles besser werden soll und muss,“ sagte Pieper in ihrer kurzen Rede.