Nach Austritt werden Karten im Kreistag neu gemischt
vo Soltau. Ein kleiner Spaß muss erlaubt sein. „So wie es aussieht, bin ich bald Chef der größten Kreistagsfraktion“, stellte Dieter Möhrmann (SPD) angesichts des angekündigten Auftritts der drei Soltauer Vertreter aus der CDU-Kreistagsfraktion fest. Dennoch sieht sich der Schneverdinger Sozialdemokrat – „das ist nicht mein Verdienst“ – mitnichten als Sprecher einer möglichen neuen Mehrheitsgruppe im Kreisparlament. Auf das von einem Repräsentanten der Soltauer CDU per Böhme-Zeitung vom gestrigen Dienstag ausgesprochene Angebot zu Gesprächen über eine Zusammenarbeit – „uns kann jeder anrufen“ – will Möhrmann nicht einsteigen. „Das ist im Moment keine Überlegung.“
Sicher ist: Sollten die drei Soltauer ihre Ankündigung wahrmachen, werden die Karten neu gemischt. Noch verfügt das erst vor 5 Monaten nach mehreren Verhandlungsrunden geschmiedete Bündnis aus CDU (19 Abgeordnete), Grüne (6) und UWG (1) im Kreistag über eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Sie stellt 26 von 51 Abgeordneten. Kommt es zum Bruch, verlöre die Gruppe nicht nur die hauchdünne Mehrheit, die CDU würde dann auch mit 16 Abgeordneten erstmals nur noch zweitstärkste Kraft hinter der SPD (17) werden. Die weiteren Sitze verteilen sich auf die Gruppe BU/WBL (4), FDP, Linke und NPD (jeweils 1). Das 51. Mandat fällt kraft Amtes an Landrat Manfred Ostermann.
„Das ist grundsätzlich eine Geschichte der CDU“, hält sich Möhrmann mit Bewertungen zurück. Völlig überraschend sei das sich anbahnende Scheitern der Gruppe für ihn aber nicht. Der Krankenhausstreit sei eine von mehreren Sollbruchstellen, auf die er bereits frühzeitig – „in der ersten Sitzung des neuen Kreistags“ – hingewiesen habe. Klar sei, so Möhrmann: „Der Machtanspruch der CDU ist gescheitert.“ Die Handlungsfähigkeit des Kreistags sieht er nicht gefährdet. Die vorangegangene Wahlperiode habe gezeigt, dass auch ohne absolute Mehrheit für ein Lager ein vernünftiges, an der positiven Entwicklung des Landkreises orientiertes Arbeiten möglich sei. „Auf Projekte konzentrieren und dafür entsprechende Mehrheiten finden“, müsse es dann heißen. „Das ist schwieriger, kann aber durchaus gelingen.“
Zusätzlicher Sitz?
Gleichwohl hat Möhrmann die Kreisverwaltung gebeten, zu ermitteln, wie sich ein Austritt der drei Soltauer auf die Sitzverteilung in den Ausschüssen auswirken würde, insbesondere im Kreisausschuss. In dem wichtigen Gremium würde die Gruppe CDU/Grüne/UWG, die dort bisher sechs von elf Sitzen und damit eine knappe Mehrheit hat, diese Mehrheit auf jeden Fall einbüßen. Für seine Fraktion rechnet Möhrmann dann mit einem zusätzlichen Sitz, dem vierten. Grünen-Fraktionschef Dr. Christopher Schmidt zeigte sich von der Entwicklung überrascht. Schließlich habe es Signale aus der CDU gegeben, dass die Partei „ihre Probleme in den Griff bekommen“ habe. Was der Austritt der Soltauer für die Gruppe bedeute, „darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht“. Auch, ob die Grünen möglicherweise aus der Gruppe ausscherten oder den Partner wechselten, „weiß ich nicht. Das sind alles Spekulationen“, betont Schmidt.
Er könne das ohnehin nicht allein entscheiden, schließlich bestehe seine Fraktion aus sechs Mitgliedern. Als nächstes wolle sich der Gruppenausschuss von CDU/Grünen/UWG zusammensetzen und die Entwicklung beraten, danach die Fraktion. Ähnlich Eckehard Vatter, der den Bruch innerhalb der CDU als sehr bedauerlich empfindet. Das sei natürlich nicht prickelnd. „Wir verkaufen uns schlecht“, findet der UWG-Mann. „Die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe war besser, als es sich jetzt darstellt.“ Der Schwarmstedter sieht das Projekt noch nicht als beendet an, ist aber Realist, dass es angesichts der von beiden Lagern innerhalb der Union formulierten Maximalforderungen schwierig – „vielleicht unmöglich“ – werden dürfte, wieder zueinander zu finden.
Bisher ist die Kreisverwaltung in Sachen veränderter Sitzverteilung noch nicht initiativ geworden. „Erst einmal muss der offizielle Hinweis vorliegen“, betont Behördensprecher An¿dreas Pütz. „Erst dann muss neu gerechnet werden.“ Das müsste schnell geschehen. Die nächste Kreistagssitzung, bei der die neuen Verhältnisse festgestellt werden können, ist für den 13. April terminiert. Angesichts der kompliziert gewordenen Lage einfach wieder auf Null gehen mit einer Selbstauflösung, wie sie aktuell der nordrhein-westfälische Landtag beschlossen hat, kann der Kreistag nicht. Da setzt die niedersächsische Kommunalverfassung für komunale Vertretungen enge Grenzen. Laut Paragraf 70 ist eine Auflösung nur möglich, wenn über die Hälfte der Sitze unbesetzt ist oder ein von der Vertretung eingeleitetes Abwahlverfahren des Hauptverwaltungsbeamten keine Mehrheit gefunden hat.