Kommentar: Quittung für Norden
Von Jörg Jung
Der Tag, an dem sich ein Riss in der CDU-Kreistagsfraktion bildete und dieser in den vergangenen Monaten tiefer und tiefer wurde, lässt sich genau datieren: Es ist der 28. Januar 2011. An diesem Tag beschloss die Mehrheit des Kreistags das Aus für die Kinderklinik in Soltau. Die Mehrheit wurde getragen von der CDU-Fraktion, allerdings mit zwei Ausnahmen: Die Soltauer Christdemokraten Friedhelm Eggers und Norbert Harms scherten aus dieser Front aus. Vorausgegangen war wenige Tage zuvor, am 24. Januar, die öffentliche Präsentation der Ergebnisse und Empfehlungen der Gutachter zur Klinik-Umstrukturierung. Die Experten aus Bremen präferierten den Verbleib der Kinderklinik in Soltau. Die Soltauer Christdemokraten jubelten – allerdings zu früh. Denn in informellen Gesprächen direkt nach der Präsentation äußerten sich CDU-Politiker aus dem Südkreis sehr zurückhaltend zur Gutachter-Empfehlung. Offensichtlich stand deren Entscheidung bereits fest – Gutachter hin oder her. Dass das Kreistagsvotum bei den Soltauer Parteien und in der Soltauer Bevölkerung vor diesem Hintergrund niemals auf Akzeptanz stoßen würde, spielte keine Rolle. Hermann Norden, Chef der CDU-Kreistagsabgeordneten und damit Hauptverantwortlicher für die beschlossenen Klinikpläne, meinte wohl, den Ärger aussitzen zu können. Tatsächlich hat er schon damals mit seiner gegen Soltau gerichteten Entscheidung die Axt an die Einheit seiner Fraktion gelegt, denn das Misstrauen zwischen den beiden Gruppen in der CDU-Fraktion, aber auch in der CDU-Kreispartei, ist seitdem nicht mehr gewichen. Dass Norden die Gegner nicht versöhnen konnte, zeigt der bemerkenswerte Vorgang um Dr. Hans-Joachim Wangnick, den CDU-Scharfmacher aus dem Südkreis. Der hätte eigentlich zufrieden sein können, bleibt doch die Kinderklinik in Walsrode. Doch er wollte mehr, denn sein CDU-Parteifeind Mathias Ernst stand auf seiner persönlichen Abschussliste: Der Mitinitiator des Bürgerbegehrens für eine Soltauer Kinderklinik sollte aus dem Aufsichtsrat der Klinik entfernt werden, da er nicht die Linie des Krankenhauses vertrete. Für den Fall, dass seinem Wunsche nicht entsprochen werde, kündigte Wangnick vor wenigen Tagen seinen und den Austritt von zwei weiteren Abgeordneten aus der CDU-Kreistagsfraktion an. So etwas nennt man gemeinhin Erpressung. Und Norden hat sich dieser Erpressung gebeugt. Damit hat er sich aber als Vorsitzender der Fraktion disqualifiziert. Er hätte ein Machtwort sprechen und die drei Aufwiegler in die Schranken weisen müssen. Selbst wenn die Erpresser ihre Drohung wahrgemacht hätten, hätte Norden zumindest Rückgrat bewiesen und seinen Führungsanspruch unterstrichen. Stattdessen ließ er sich vorführen, knickte butterweich ein und entschwand in den Süden. Dass Norden sich dort von der Entwicklung überrascht zeigte, lässt nur den Schluss zu, dass ihm „die Antenne“ für die Befindlichkeiten seiner Fraktionskollegen fehlt. Jetzt hat er die Quittung bekommen.