Hass und Hetze widerstehen

Begleitet von einem Polizeiaufgebot bewegt sich der Demonstrationszug vom Bad Fallingbolsteler Bahnhof zur Kundgebung an der Heidmark-Halle. Foto: vo

Ob die Veranstaltung vor der Heidmark-Halle die von Bad Fallingbosteler Bürgermeister Rolf Schneider in seinem Grußwort angesprochene Wirkung erzeugt und den Widerstand, die Haltung in der Zivilgesellschaft gegen die AfD stärken kann, muss sich noch zeigen. Die Mitwirkenden der Kundgebung am Sonnabend, zu der das Aktionsbündnis „Der Heidekreis bleibt bunt“ aus Gewerkschaften, Parteien und Kirchengruppen aufgerufen hatte, haben mit ihren Rede- und musikalischen Vorträgen ihren Teil dazu beigetragen.

Die meisten Zuhörer waren zuvor in einem Demonstrationszug vom etwa zwei Kilometer entfernten Bahnhof der Kreisstadt zur Halle gekommen, um gegen den dort stattfindenden AfD-Landesparteitag zu demonstrieren und ihre ablehnenden Haltung gegen die als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Partei deutlich zu machen.

Die Beteiligung war nicht so groß wie erhofft. Statt der angekündigten 1500 waren laut Veranstalter etwa 900 Personen dem Aufruf gefolgt.

Der Bad Fallingbosteler Bürgermeister war nach der Eröffnung durch die Organisatoren, Juso-Kreisvorsitzender Fabio Lindhorst und Gewerkschaftssekretär Dirk Garvels, der erste Redner, keine 100 Meter entfernt von der Veranstaltungsstätte, wo seit dem späten Vormittag die Delegierten der AfD zusammenkamen.

„Wir sind die Zivilgesellschaft“

Lore Seidel, Sprecherin der „Omas gegen Rechts“, deren Kundgebung am Vortag aufgrund eines möglichen Bedrohungskommentars in den sozialen Medien einen anderen Verlauf als geplant genommen hatte (Artikel „Ein Tanz der Demokratie gegen die AfD“ von Sonnabend), unterstrich, dass man sich davon nicht beirren oder einschüchtern lasse: „Wir lassen uns das Recht auf Demonstrationen nicht nehmen. Wir sind die Zivilgesellschaft, und wir sind die Mehrheit.“

Als nächster Redner folgte der DGB-Kreisvorsitzende Heinz-Dieter „Charly“ Braun, der nach eigener Aussage vor Auge geführt bekam, „was Hass und Hetze konkret für die Protest gegen die AfD bedeutet: Drei AfD-nahe Typen, zum Teil als solche schon lange bekannt, hetzten bei Facebook über antifaschistisches Tun von Luisa Neubauer, Tom Kirk und mir.“ Ein Facebook-Schreiber mit Hinweis auf die geplante Kundgebung gepostet: „Am besten da fährt mal mit nem Auto rein. Dann wissen sie, wofür sie demonstrieren.“ Sofort sei Strafanzeige gestellt worden und die Polizei habe ihr Sicherheitskonzept geändert.

Nicht alle AfD-Wähler könne man pauschal als Nazis bezeichnen, warnte Dagmar Zirfas-Steinacker vor einer vorschnellen Einordnung, aber: „Die AfD ist eine rechtspopulistische und extremistische Partei, zu deren Markenkern ein rückwärts gewandtes Frauen- und Familienbild gehört“, stellte die Walsroderin, die sich ebenfalls bei den „Omas gegen Rechts“ engagiert, am internationalen Frauentag fest. Die AfD sei durch und frauenfeindlich und wolle über einen langen Zeitraum erkämpfte Frauenrechte wieder rückgängig machen.

„Die Solidarität macht uns aus“

Desinformation, Verwirrung stiften, Hass und Angst verbreiten seien die Mittel, mit denen die Rechten versuchten, die Gesellschaft zu spalten, sagte Klimaaktvistin Luisa Neubauer und, in Richtung der Heidmark-Halle zeigend, wo zeitgleich der AfD-Parteitag stattfand: „Sie wollen uns verwirren in Haltung und unseren Werten. Sie hoffen auf unsere Resignation und unser Aufgeben, Widerstand zu leisten, dass wir uns grummelnd zurückziehen.“ Es sei kein Zufall, dass die Rechtsradikalen eine offene Gesellschaft und eine offene Demokratie hassen, „genauso sehr wie sie gerechten Klimaschutz und Klimawissenschaft hassen“.

Doch das dürfe die Zivilgesellschaft nicht zulassen, sie dürfe sich nicht von Hass und Häme einschüchtern lassen, dürfe Herz und Liebe füreinander nicht verstellen. „Wir dürfen ihnen unsere gute Laune nicht überlassen“, forderte Neubauer, die „radikale Zuversicht als einen Akt des Widerstandes“ sieht. „Das Gute dabei: Wir sind zu viele. Solidarität macht uns aus.“

Aufstehen, sprechen, mitentscheiden

„Demokratie findet nicht alle vier Jahre statt“, rief Neubauer auf, nicht stumm zuzugucken, sondern an jedem Tag offenen oder verdeckten rechten Tendenzen entgegenzutreten, „aufstehen, sprechen, Haltung zeigen, mitentscheiden, was morgen passiert.“ Es seien gerade harte Zeiten für die widerständige Gesellschaft, die Neubauer als Feindbild der Rechten bezeichnete. Aber der Einsatz lohne, denn „diese Gesellschaft fällt nicht vom Himmel“, schloss die Klimaaktivistin ihren engagiert gehaltenen Vortrag,

Nach weiteren Redebeiträgen von zwei Schülerinnen des Projekts Schulen gegen Rechtsextremismus, des ehemaligen Pastors Wilfried Manicke aus Unterlüß sowie Vertretern der Antifa SFA klang Kundgebung nach drei Stunden aus.

Es war die zweite Aktion gegen die AfD-Veranstaltung dort an diesem Tag. Bereits am frühen Vormittag hatte sich ein Demonstrationszug zu einer „feministischen Kundgebung“ vor der Heidmark-Halle versammelt und, begleitet von lauten und harten Beats, seine Sicht zur AfD und nicht nur rechten Entwicklungen in der Gesellschaft deutlich gemacht. Begleitet durch ein Polizeiaufgebot, marschierte die Gruppe dann in Richtung Stadtmitte und machte Platz für die nächste Demo.

Dass sich die etwa 200 Besucher des Parteitages und Kundgebungsteilnehmer nicht in die Quere kamen, dafür sorgte die Polizei mit einem Großaufgebot. Laut dem Sprecher der Polizeiinspektion Heidekreis, Tarek Gibbah, lag die Zahl der über das Wochenende eingesetzten Sicherheitskräfte im niedrigen vierstelligen Bereich – Polizisten aus dem Bereich der PI Heidekreis sowie der Landes- und Bundespolizei. Dazu Kräfte aus dem Rettungswesen und Katastrophenschutz. Das Blau-Weiß der Polizeifahrzeuge, darunter mehrere gepanzerte, war an diesem Wochenende beherrschende Farbkombination auf den Straße der Kreisstadt.