Feuerwehr passt sich veränderten Bedingungen an
In der betagten Schneverdinger Feuerwache ist es ruhig. Lediglich Stadtbrandmeister Gerd Bürger zeigt Präsenz, um mit der BZ eine erste vorläufige Bilanz zum Einsatzgeschehen 2024 zu ziehen. Weihnachten war es relativ ruhig geblieben, Adventsgestecke oder Tannenbäume seien jedenfalls nicht in Flammen aufgegangen. „Bis jetzt – toi, toi, toi!“, so Bürger. Denn noch ist die Bilanz vorläufig, weil das Jahr noch nicht ganz rum ist und Silvester durchaus Potenzial für größere Einsätze bietet.
2024 war für die Wehr ein ruhiges Jahr
Doch man sei der Bevölkerung dankbar, dass im vergangenen Jahr zu Neujahr kein Einsatz erforderlich war. Auch sonst habe es keine Übergriffe auf die Einsatzkräfte gegeben, sieht Bürger die Wehren in Schneverdingen in einer von der Bevölkerung anerkannten Position. Und auch sonst war es im vergangenen Jahr etwas ruhiger. Bis zum gestrigen Montagvormittag, 30. Dezember, sind die Wehren 309 Einsätze gefahren. Im Jahr zuvor waren es 457 Einsätze. Ein Rückgang von 32 Prozent. Ein Trend ist das für Bürger aber nicht, denn 2022 und 2023 gab es Sondereffekte: Heftige Stürme hatten beiden Jahren für einen großen Teil der Einsätze gesorgt. 173 Einsätze waren in diesem Jahr Hilfeleistungen , darunter 27 wegen Sturmschäden. 17 mal ging es darum, Ölspuren abzubinden, 18 mal, um Wasserschäden, 12 Einsätze gab es bei Unfällen und 22 Türöffnungen und Tragehilfen sind ebenfalls angefallen. „Es gibt halt immer mehr Menschen mit Notknopf, der dann aus Versehen oder bewusst gedrückt wird, wo wir dann Türen öffnen oder Tragehilfe leisten müssen“, verweist Bürger einerseits auf die Folgen des steigenden Durchschnittsalters, andererseits auf das zunehmende Alleinleben von Pflegebedürftigen.
136 mal sind die Wehren der Heideblütenstadt im Übrigen zu Brandeinsätzen ausgerückt. „Wir hatten weit über 35 Verletzte gerettet, aber leider waren bei den Einsätzen auch vier Tote zu verzeichnen“, kommt Bürger auf ein weiteres Thema zu sprechen. „Das sind dann Geschichten, die bei den Einsatzkräften noch länger im Kopf bleiben, wo wir früh anfangen, mit der Notfallseelsorge zu arbeiten.“ In Schneverdingen übernehme das die evangelische Kirchengemeinde. Der Notfallseelsorger sei im Bedarfsfall bereits an der Einsatzstelle, sonst im Nachgang im Feuerwehrhaus zur Nachbesprechung da, damit die Kameraden das offene Angebot der Notfallseelsorge nutzen und es nicht zu schwerwiegenden Erkrankungen der Psyche kommt.
CO-Vergiftung nach Grillem im Haus
Eine besondere Hilfeleistung war zu Jahresbeginn ein sogenannter MANV-7, als eine Familie am Langelohsberg aufgrund einer ausgefallenen Heizungsanlage im Haus den Grill angeworfen hatte und die Bewohner eine Kohlenmonoxidvergiftung erlitten. Die Feuerwehr rettete unter Atemschutz fünf Personen aus dem Gebäude und drückte anschließend mit Hochdrucklüftern das Giftgas aus dem Gebäude.
Der Hochwassereinsatz an der Aller Ende 2023 hatte zwar nur noch die ersten beiden Tage des laufenden Jahres in Anspruch genommen, die Unterstützung im Rahmen der Kreisfeuerwehrbereitschaft musste die Zwölfstundenschicht nicht mehr bis zum Ende durcharbeiten. Doch dann kommt Bürger auf die Lehren aus dem Hochwassereinsatz zu sprechen. „Die Einsatzleitungen in Ahlden, Schwarmstedt und Rethem waren bei den Hochwasserlagen gebunden. Und die hat man personell nicht verstärkt mit Kameraden aus dem Nordkreis“, berichtet Bürger von einem personellen Engpass auf der Führungsebene. Wenn es neben dem Hochwasser zu weiteren Katastrophen gekommen wäre, hätten die Einsatzleitungskräfte gefehlt. Da wolle man nun ansetzen, die ELO-Entlastung durch Kräfte aus dem Norden einleiten. Erste Teams , die miteinander kommunizieren und üben, seien bereits gebildet worden. Wichtig sei dabei, dass die Einsatzleiter über Ortskenntnisse verfügen und die Abläufe in den dortigen Wehren kennen. Zwischen Schneverdingen und Neuenkirchen sei die Kooperation bereits historisch gewachsen über die früheren technischen Einsatzleitungen aus den 1990er-Jahren.
Kreisweite Kooperation der Feuerwehren dank Command-X
Unterstützt wird die kreisweite Kooperation über die vom Land eingeführte Einsatzführungs-Software Command-X für Großschadenslagen, also außergewöhnliche Ereignisse in der Vorstufe vom Katastrophenfall. „Die Software ist auf die Bedürfnisse der Feuerwehr ausgelegt, einfach zu bedienen und nach kurzer Einweisung tatsächlich nutzbar“, erklärt Bürger. Die Software, die anzeigt, wo welche Kräfte im Einsatz sind, wo welche Reserven verfügbar sind und wann wo für Ablösung gesorgt werden muss, sei kreisweit bereits im Einsatz. Der Kreis organisiert dazu die entsprechenden Schulungen.
Man könne damit auch vorausplanen. „Da werden die Meldebilder, gerade beim Hochwasser, von dem Landesamt für Wasserwirtschaft, wann die Scheitelpunkte zu erwarten sind, mit eingepflegt“, erläutert der Chef der Schneverdinger Wehren zu den Konsequenzen aus dem Hochwasser Ende 2023/Anfang 2024.