Feine Nasen im Dienste der Wissenschaft

In der Welt der Gerüche ist der beste Freund des Menschen zu Hause. Ihre ausgeprägte Nase machen sich nicht nur Polizei, Bundeswehr, Rettungskräfte und Zoll zu nutze, sondern auch zunehmend Wissenschaftler für den Artenschutz. Foto: Pexels/Denisha Sandoval

Was duftet denn da? Die Nase von Hunden nimmt eine Fülle an Gerüchen wahr, die dem Menschen verborgen bleiben. Kein Wunder, denn die Riechschleimhaut der Vierbeiner ist mit 1100 bis 2000 Kubikmillimetern verglichen mit der des Menschen mit 2,4 bis 3 Kubikmillimetern um einiges größer. Spürhunde helfen mit ihrem ausgeprägten Geruchsinn bekanntermaßen der Polizei beim Aufdecken von Verbrechen oder Rettungskräften bei der Suche nach Vermissten. Seit einigen Jahren unterstützen speziell ausgebildete Hunde vermehrt auch Wissenschaftler und Naturschützer dabei, seltene, geschützte oder auch invasive Tier- und Pflanzenarten zu erfassen und zu beobachten.

Svenja Kremling ist bislang die einzige bei den Niedersächsischen Landesforsten (NLF), die einen Artensuchhund führt. Schon in ihrem ersten Leben bei der Bundeswehr habe sie mit Sprengstoff- und Rauschgiftspürhunden gearbeitet, berichtet sie. 2012 begann Kremling, mit dem Studium der Forstwirtschaft ihren Traumberuf zu erlernen. Zu der Zeit habe sie überlegt, dass die Arbeit mit Spürhunden doch auch in die Forsten und den Naturschutz übertragbar sein müsse. Ihre Recherchen, wo es das in Europa schon gibt, führten sie nach Österreich, zum Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald. Dort bildete sie ihre Irish-Terrier-Hündin Tilda zum Spürhund für die Käferart Anoplophora aus. Jetzt übernimmt die Försterin für Waldökologie und Naturschutz im Forstamt Münden die Projektkoordination für Artensuchhunde in den NLF.

Gemeinsam mit Dr. Annegret Grimm-Seyfarth, Populations-Ökologin am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig, gewährte Kremling im digitalen Kurzformat der Alfred-Toepfer-Akademie (NNA) bei Schneverdingen einen ersten Einblick in die Arbeit mit Spürhunden im Arten- und Naturschutz. Grimm-Seyfarth leitet die Arbeitsgruppe Naturschutzorientierte Populationsökologie und setzt ihre Artenspürhunde in mehreren Projekte ein, um für den Naturschutz sowie zum Wildtier- und Pflanzenmanagement zu kartieren. Auch mit ihrer eigenen Firma Monitoring-Dogs spürt sie mit ihren Hunden versteckt lebende Arten wie Fischotter, Molche oder Kreuzkröten in Tagebauen auf. 2021 gründete sie gemeinsam mit Kollegen zudem ein Projekt zu Bürgerwissenschaften, an dem sich Freiwillige mit ihren Hunden bei der Suche nach invasiven gebietsfremden Arten beteiligen können.

„Die Suche nach solchen Arten ist häufig schwierig und herausfordernd“, berichtet Grimm-Seyfarth. Denn man brauche ein ziemlich gutes Suchbild, um grüne Tiere vor grünem Hintergrund oder braune vor braunem Hintergrund zu finden. Für den Hund sei es einfacher, Vordergrundgerüche – die Zielarten – von Hintergrundgerüchen zu unterscheiden.

Die zielgerichtete Suche auch über größere Flächen sei ein Vorteil, wodurch im Vergleich zu klassischen Monitoringmethoden Kosten und Zeit eingespart werden könnten. Doch es gebe auch Grenzen. Gefordert sei Teamarbeit. „Der Hund macht das nicht allein“, so Kremling. Die Tiere bräuchten Ruhephasen, ausreichendes Training und den Menschen als verlässlichen Partner an ihrer Seite.

Eines betonen Kremling und Grimm-Seyfarth immer wieder: Es brauche sowohl Hunde als auch Menschen, die gut ausgebildet sind. Im Einsatz unterlägen sie zahlreichen Genehmigungen, die beachtet und im Vorfeld abgeklärt werden müssten, stellt Grimm-Seyfahrt heraus. Im Studiendesign müsse zudem der Hund stets mitgedacht werden. Es brauche gutes Wissen über die Zielart, über ihre Dichte ihres Vorkommens und darüber, ob sie überhaupt dafür geeignet ist, von Hunden aufgespürt zu werden. Auch das richtige Wetter und geeignete Suchstrategien spielten eine Rolle. Das Training sei das A und O und so divers wie die Hunde, die Menschen und die Einsatzgebiete selbst, sagt Grimm-Seyfahrt.

Artenspürhunde werden in Deutschland in der Regel in Privathand geführt, meist nur wenige Tiere. So habe auch ihre Arbeitsgruppe vier festangestellte Artenspürhunde. Eine Ausnahme bilde die Artenspürhundestaffel der Deutschen Bahn, ein Vorzeigeprojekt, wie Grimm-Seyfarth findet. Inzwischen stellten sich immer mehr Fragen um eine Standardisierung und Qualitätssicherung. Kremling hat dabei insbesondere den Wald und die Niedersächsischen Landesforsten im Blick. Innerhalb des Vereins Wildlife Detection Dogs, in dem auch Grimm-Seyfarth mit Monitoring Dogs Mitglied ist, werde parallel an den Möglichkeiten einer guter Qualitätssicherung, möglicher Standards und Zertifizierungen gearbeitet. Mit inzwischen 220 Mitglieder aus acht europäischen Ländern hat sich der Verein zum Ziel gesetzt, die Anwender zu vernetzen und Informationen auszutauschen.

So viel zugeschaltetes Publikum hat die NNA bei ihrem digitalen Kurzformat der Reihe Impuls für Naturschutz und Landschaftsplanung Niedersachsen auch noch nicht erlebt, wie Janine Sybertz, Leiterin des Fachbereichs Forschung und Dokumentation, feststellt. Das Interesse an dem Thema war groß und zog mehrere Hundert Zuschauer aus ganz Deutschland und weiteren Ländern an.

Der Impuls für das Thema kam aus dem NLWKN, der Fachbehörde für Naturschutz in Niedersachsen. Zu ihren täglichen Aufgaben gehört auch die Kartierung von Tieren, Pflanzen und Pilzen. Sie sehen ein großes Potenzial darin, dass Spürhunde das klassische Monitoring sehr gut ergänzen könnten, so André Apel. Als öffentlicher Auftraggeber haben sie dabei auch ein großes Interesse an einer Standardisierung. sus