Wenn Stadtwerke mit „Glück auf!“ grüßen
Die Stadtwerke Munster-Bispingen sind ab sofort über ihre 100-prozentige Tochter Heide-Geo landesweit die ersten Stadtwerke, die sich auch Bergbauunternehmen nennen dürfen. Grundlage dafür die Genehmigung des Hauptbetriebsplans durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG).
„Das ist unser Ritterschlag“, freut sich Stadtwerke-Geschäftsführer Jan Niemann über das Weihnachtsgeschenk der Bergbaubehörde. Der Bescheid datiert zwar bereits vom 11. November. Man habe alles aber noch einmal rechtlich überprüft und wisse nun auch, dass ein laufendes Klageverfahren des Grundstückseigentümers keine aufschiebende Wirkung entfalte. „Wir können jetzt endlich loslegen“, so Niemann. Der Bescheid bestätige „jetzt zwangsläufig, dass unser Projekt auch vom LBEG als gut und richtig angesehen wird“.
Das Geothermieprojekt hat seine Wurzeln im Jahr 2008, aber seit 2015 geht es um die Nachnutzung einer bereits vorhandenen Bohrung des Energiekonzerns Exxon-Mobil. Zuvor planten die Stadtwerke, zwei neue Bohrungen zu erstellen und darüber die Bundeswehr langfristig zu versorgen. Da jede Bohrung mehr als 20 Millionen Euro kostet, kommt es für Investoren gerade auf langfristige Planungen an. Doch die Streitkräfte kamen einfach „nicht aus dem Knick“, so Niemann. Er sei schon kurz davor gewesen, das ganze Projekt zu beerdigen. 2015 schob er dann noch einmal bei Exxon-Mobil die Anfrage raus, ob die womöglich Bohrungen zur Nachnutzung hätten. Als der Konzern dies bejahte, sei das der „Gamechanger“, gewesen. Die mögliche Übernahme einer bereits vorhandenen Bohrung bedeutet nicht nur die Einsparung von mehr als 20 Millionen Euro für die Bohrung, sondern auch eine bereits vorhandene gesicherte Datenlage über die tatsächlichen geologischen Verhältnisse im tiefen Untergrund.
Der Bescheid fast zehn Jahre später ist jetzt das Eingangstor für die Stadtwerke als Bergbauunternehmen. Alles, was ab jetzt am Bohrloch passiert, erfolgt über Sonderbetriebspläne, mit denen Heide-Geo der Bergbaubehörde geplante Arbeiten vorstellt, um sich die Arbeiten genehmigen zu lassen. Denn nur auf Basis einzelner Genehmigungen sind alle weiteren Schritte erlaubt. Als nächstes will Heide-Geo die Bohrung vertiefen. Dazu müsse man als erstes das alte Gestänge aus der Bohrung entfernen und fachgerecht entsorgen, erklärt Niemann. Anschließend werde mit neuem Gestänge die Bohrung um etwa 40 Meter vertieft und auch ein wenig im Zielhorizont von etwa fünf Kilometern Tiefe abgelenkt. Die Erweiterung machen 150 Meter aus. „Wir wollen das Reservoir, da wo Wasser im Gestein ist, anzapfen“, so der Stadtwerkechef weiter. Für diesen Vorgang hat Heide-Geo bereits Fördermittel in Höhe von mehr als sieben Millionen Euro zugesprochen bekommen.
Wenn der „Packer“, eine Art Korken, am unteren Ende gezogen und die Vertiefung gebohrt ist, soll das Wasser erstmal eine Weile immer wieder gezogen und wieder versenkt werden, „wie man Wasser mit einem Schwamm aufnimmt und wieder rausdrückt“, so Niemann. „Das wird gemacht, um die dauerhafte Porösität und Durchlässigkeit des Gesteins noch einmal bestätigt zu bekommen.“
Um aber überhaupt einen Bohrturm aufstellen zu können, über den das Gestänge entfernt wird, sind noch Details mit Exxon-Mobil zu klären. „Da geht es nur darum, dass wir Strom und Wasser und eine Telefonleitung übernehmen“, sagt Niemann. Auch in einem millionenschweren Großprojekt sind vermeintlich läppische Details zu klären.
Als nächstes müsse dann der Bohrplatz ertüchtigt werden, die Fundamente für den tonnenschweren Bohrturm und der sogenannte Bohrkeller müssten gegebenenfalls angepasst werden. Im Frühjahr kommenden Jahres sollen die Ausschreibung für den Bohrturm erfolgen. „Im Spätsommer können wir hoffentlich mit den Arbeiten beginnen“, taxiert Niemann den weiteren Zeitplan. Die für das Geothermieprojekt benötigte zweite Bohrung werde dann hoffentlich noch 2026 begonnen. Die Erdwärme soll nämlich in einem geschlossenen Kreislauf gefördert werden, in dem über die vorhandene Bohrung das 147 Grad heiße Wasser aus 5000 Metern Tiefe gefördert und über die zweite Bohrung das Wasser wieder auf das selbe tiefe Niveau versenkt wird. Die Wärme selbst wird über einen Wärmetauscher abgegriffen.
Dass die Bergbaubehörde den Stadtwerken die bergrechtlichen Aktivitäten überhaupt zutraut, dürfte dem verstorbenen Alt-Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden Alfred Schröder und dem fachlich hartnäckig am Projekt arbeitenden Stadtwerkegeschäftsführer geschuldet sein. „Ich bin stolz, dass wir das soweit hingekriegt haben“, so Niemann, der in den vergangenen Jahren ein Auf und Ab sowie Zweifel habe hinnehmen und gegen bürokratische Hürden anarbeiten müssen. Jetzt sei man endlich landesweit die ersten Stadtwerke als anerkanntes Bergbauunternehmen.