Friederike Krüger statt Hindenburg

Ein Grabstein auf dem St.-Georgen-Friedhof im brandenburgischen Templin erinnert an Friederike Krüger. Bald könnte auch eine nach ihr benannte Bundeswehrkaserne in Munster das Gedenken an die ungewöhnliche Frau hochhalten. Foto: Wikipedia/Christine Bunge

„Frauen sind bei uns Normalität“, heißt es im Online-Auftritt der Bundeswehr unter dem Stichwort „Chancengleichheit“. Fakt ist: Seit dem Januar 2001 stehen sämtliche militärische Laufbahnen beiden Geschlechtern offen. Hintergrund der historischen Zäsur vor mehr als zwei Jahrzehnten war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Mithilfe der Juristen fiel eine besonders hartnäckige, historisch verfestigte Männerdomäne. Das Kriegshandwerk ist aber auch heute noch ganz überwiegend Männersache, wie schon ein kurzer Blick in die Ukraine oder auf die aktuelle Debatte um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht für Männer lehrt. Bei der Bundeswehr liegt der Frauenanteil inzwischen gerade einmal bei gut 13 Prozent – ein Wert, den nicht nur die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Eva Högl (SPD), für zu niedrig erachtet. Das Anfang des Jahres neu gefasste Soldatengleichstellungsgesetz gibt als Zielmarke eine Bundeswehr-Frauenquote von mindestens 20 Prozent vor. Rechne man Jobs aus dem Sanitätsbereich heraus, komme die Truppe aktuell nicht einmal auf zehn Prozent, rechnete Högl im vergangenen Mai im Interview mit der Tagesschau vor und konstatierte: „Die Bundeswehr verfehlt damit ihre selbst gesteckten Ziele, und das seit Jahren“.

Ein Problem bei der Erhöhung des Frauenanteils in der kämpfenden Truppe dürfte sein, dass es an weiblichen Rollenvorbildern fehlt. Nach Informationen dieser Zeitung sind die Panzertruppen in Munster im Begriff, einen ganz eigenen Beitrag dazu zu leisten, Soldatinnen und ihre Leistungen sichtbarer zu machen: Durch eine Umbenennung der Hindenburg-Kaserne in Friederike-Krüger-Kaserne. Dem Vernehmen nach wollen die Munsteraner im Verteidigungsministerium einen entsprechenden Namensänderungsantrag stellen. Dass die Benennung nach dem umstrittenen bisherigen Namensgeber Hindenburg trotz dessen biografischen Bezugs zur Kaserne wackelt und eine Entscheidung bezüglich einer möglichen neuen Bezeichnung vor Ort diskutiert und vorgeschlagen werden soll, ist lange bekannt und war in der Vergangenheit schon mehrmals Gegenstand der Berichterstattung. Jetzt scheint es auf Friederike Krüger zuzulaufen, womit die Munsteraner Kaserne zu einer der wenigen werden könnte, die nach einer Frau benannt sind. Offiziell bestätigen möchte die Bundeswehr die Namenswahl, die in letzter Instanz vom Bundesverteidigungsminister abgesegnet werden müsste, gegenüber der Böhme-Zeitung noch nicht.

Sophia Dorothea Friederica Krüger erblickte 1789 als Tochter eines armen Landknechts in Friedland das Licht der Welt und erlangte Bekanntheit als deutsche Soldatin in den napoleonischen Befreiungskriegen – an denen Frauen natürlich eigentlich gar nicht aktiv teilnehmen durften (siehe Infobox). Ihre kuriose Geschichte wurde 2018 schon einmal vom ehemaligen CDU-Generalsekretär und späteren Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Peter Tauber, im Zusammenhang mit möglichen Kasernenumbenennungen ins Spiel gebracht. In Munster wurde ihr Name aber öffentlich noch nicht genannt. Hier gab es in der Vergangenheit etwa die Vorschläge, die Hindenburg-Kaserne künftig nach dem Bundeswehrgeneral Günter Kießling (1925-2009) oder den von Rechtsterroristen ermordeten Weimarer Zentrumspolitiker Matthias Erzberger (1875-1921) zu benennen.

Eine Friederike-Krüger-Kaserne wäre nicht die erste nach einer Frau benannte Bundeswehrkaserne, und trotzdem etwas ganz Besonderes. Denn weder die Gräfin-von-Maltzan-Kaserne in Ulmen noch die Augusta-Kaserne in Koblenz ist nach einer wahrhaftigen Soldatin benannt. Maria Gräfin von Maltzan (1909-1997) war unter anderem Biologin und Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach (1811-1890) die erste Deutsche Kaiserin nach der Reichsgründung 1871.

Unteroffizierin des preußischen Königs im Kampf gegen Napoleon

Friederike Krüger war eine Soldatin während der Befreiungskriege 1813 bis 1815. Sie trat als Mann verkleidet in die 4. Kompanie des 1. Bataillons des 9. Infanterie-Regiments ein und kämpfte in Schlachten wie Großbeeren und Dennewitz. Kameraden deckten sie und ihr Geheimnis lange Zeit. Obwohl sie sich selbst durch ihre hohe Stimme verriet, durfte sie, genehmigt von Preußens König Friedrich Wilhelm III., weiterdienen und erhielt sogar das Eiserne Kreuz für Tapferkeit. Nach Verwundung und Genesung nahm sie, inzwischen zum Unteroffizier befördert, an weiteren Feldzügen teil und trat 1815 aus dem Dienst aus. Krüger erhielt eine Rente, heiratete später einen preußischen Unteroffizier. Der König wurde Pate ihres erstgeborenen Sohnes. Friederike Krüger wurde mit militärischen Ehren auf dem St.-Georgen-Friedhof in Templin beerdigt und erhielt verschiedene Auszeichnungen. In Friedland, Templin und Großbeeren wurden Straßen nach ihr benannt.

Andre RicciKommentieren