Böllerei „deutlich heftiger als im Jahr zuvor“
Silvester in der Heide hatte sich das Rentnerehepaar Rita und Wilhelm Zachraj anders vorgestellt. Ruhig, vielleicht ein bisschen idyllisch. Jedenfalls so, dass sie den Jahreswechsel mit ihrem Mischlingshund Odin stressfrei begehen können. „Wir leben in Dorsten“, erzählt Rita Zachraj. „In einer Nachbarschaft, in die viele junge Familien wohnen“. Dort wird es laut, wenn der Feuerwerksverkauf startet. Zum Leidwesen des kleinen Odin, einem Straßenhund aus Ungarn, „von Beginn an ängstlich“.
Die Zachrajs verlassen zum Jahresende regelmäßig ihr Ruhrpottstädtchen, für einen Urlaub mit Hund und wenig Böllerei. Diesmal zog es sie zusammen mit einer weiteren Hundebesitzerin nach Schneverdingen. „Wir hatten gehört, die Lüneburger Heide sei eine gute Wahl“, sagt Zachraj. Tatsächlich ist die Region unter Böller-Flüchtlingen beliebt.
Aber die Zeiten scheinen sich zu ändern. „In diesem Jahr habe ich die Böllerei rund um Schneverdingen deutlich heftiger empfunden als im Jahr zuvor“, sagt Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens. Die Nachfrage nach Knallzeug sei groß gewesen: „Einzelhändler haben berichtet, dass sie schnell ausverkauft waren.“ Die Zachrajs ahnten davon nichts und erlebten nahe des Naturschutzgebiets eine böse Überraschung. „Das war wie Krieg“, klagt Rita Zachraj. Ihr Feriendomizil im Igelweg sei von links und rechts beschossen worden. „Die Knallerei begann um 11 Uhr und ging bis zum nächsten Morgen.“ Für die Hunde sei es die Hölle gewesen. „Irritierend war, dass keinerlei Ordnungsbehörde einschritt, obwohl Böllern zu diesen Zeiten verboten ist.“ Das Paar fühlt sich von der Touristenwerbung betrogen.
Kontrollen kaum durchführbar
Moog-Steffens weiß, dass die Lüneburger Heide auf vielen Hundeurlaubsseiten als ruhiger Ort für Silvester empfohlen wird. Die Stadt selbst werbe aber nicht damit. „Dem Anspruch, Hundebesitzern einen böllerfreien Zufluchtsort zu bieten, könnten wir unter den gegebenen Bedingungen gar nicht entsprechen“, stellt sie klar. „Die Kontrolle der Vorgaben in Bezug auf das Abrennen von Feuerwerkskörpern sind in der Praxis in ländlichen Räumen schon heute kaum durchführbar.“ Verändern ließe sich das nur „durch ein generelles Feuerwerksverbot“.
Dafür setzt sich das Ehepaar Zachraj ein, beide haben die entsprechende Petition der Berliner Polizeigewerkschaft unterzeichnet. Mehr als 1,5 Millionen Unterschriften wurden nun ans Innenministerium übergeben. Der gestiegenen Lust am Böllern steht eine breite Allianz von Gegnern gegenüber, vom Nabu bis zur Polizei. Auch im Heidekreis scheint die Frage umstritten. Bei einer nicht repräsentativen Online-Umfrage der Böhme-Zeitung votierten rund 65 Prozent für ein Böllerverbot, aber eben auch 35 Prozent dagegen – trotz erheblicher Schäden im Kreisgebiet.