Wie fahrradfreundlich ist meine Stadt?
Vor zwei Jahren hat Schneverdingen das erste Mal beim Fahrradklimatest des ADFC teilgenommen und im Vergleich zu den Nachbarkommunen im Landkreis eine der besseren Noten für ihr Fahrradklima erhalten. Am Sonntag startete die Umfrage nun in die nächste Runde. Bis zum 30. November lädt der Fahrradclub Radfahrerinnen und Radfahrer aus ganz Deutschland dazu ein, auf www.fkt.adfc.de die Fahrradfreundlichkeit ihrer Wohnorte zu bewerten. In diesem Jahr gibt es Zusatzfragen zum Miteinander im Verkehr, in denen es darum geht, wie Radfahrer das Verhalten von anderen Verkehrsteilnehmenden wahrnehmen. Die Ergebnisse des Checks werden im Frühjahr 2025 präsentiert.
Radler bewerten ihre Stadt nach bestimmten Kriterien
Damit eine Kommune in die Auswertung der Umfrage einfließt, benötigt sie mindestens 50 Befragungen. 2022 wurde die 50er-Marke von mehreren Kommunen im Heidekreis das erste Mal geknackt. Während sich in Schneverdingen 82 Personen an der Umfrage beteiligten, waren es in Munster 56 und in Bad Fallingbostel 54. „Jetzt bin ich mal gespannt, ob Schneverdingen 2024 wieder dabei ist. Dann kann man mal einen Trend erkennen“, sagt Manfred Spiwek. Er organisiert die Radfahrkongresse der Schneverdinger SPD.
Warum Schneverdinger und andere Radfahrer im Heidekreis bei der neuen Runde des Fahrradklimatests mitmachen sollten: „Die Befragung ist ein wichtiges Instrument des Feedbacks beziehungsweise der Bürgerbefragung, gerade für die Verwaltung und die Planer, damit sie wissen: Hier müssen wir mal was machen, oder wir sind ja schon ganz gut“, so Spiwek. Das gelte auch für den Rat, ergänzt Werner Mader. Er legt fast alle seiner Strecken im Alltag mit dem Rad zurück. Der Schneverdinger ist ADFC-Mitglied und engagiert sich für das Kino Lichtspiel. Bei der Befragung spiele die Menge der Teilnehmer eine entscheidende Rolle: „Je mehr Beteiligung, desto repräsentativer das Ergebnis“, betont auch Spiwek.
Note 3,8 beim Fahrradklimatest 2022
2022 schloss die Heideblütenstadt den Fahrradklimatest mit der Note 3,8 ab. Soltau und Walsrode nahmen schon mehrere Male an der Umfrage teil, beide setzten zuletzt mit den Noten 4,2 und 4,4 den Abwärtstrend der Vorjahre fort. Bad Fallingbostel und Munster schnitten jeweils mit der Note 4,1 ab. Der Fahrradcheck gilt als Zufriedenheitsindex der Radfahrer. Die Note für Schneverdingen zeigt: Hier läuft im Radverkehr einiges schon ganz gut. Zugleich gibt es aber auch Verbesserungsbedarf. Es sei schon ein richtiger Trend, dass die Stadt ganz gut abschneide, weil sie seit Jahren sehr bemüht sei, die Infrastruktur für den Radverkehr zu verbessern, sagt Mader. In den vergangenen Jahren wurde beispielsweise bei neuen Baugebieten Wege, die als Fahrradachse gedacht sind, gleich mitgeplant und umgesetzt. Auch für künftige planerische Projekte sieht Spiwek die Verwaltung gegenüber dem Fahrradverkehr positiv und wohlwollend eingestellt. Nicht so gut gelaufen sei das aber bei der jüngst eröffneten neuen Kita in der Stockholmer Straße, berichtet Mader. Bisher gebe es nur die Möglichkeit, entweder mit dem Auto oder samt Kind auf dem Fahrrad auf der Straße fahrend dorthin zu gelangen. Da bessere die Stadt nun nach.
Die Ortschaften seien dagegen mittlerweile gut über Radwege an den Kernort angebunden. Was in Schneverdingen laut Mader ebenfalls gut laufe sei, dass die Stadt Geld in die Hand genommen habe, um Wege an Straßen auszubessern, für die sie gar nicht zuständig sei. Auf Radwegen, auch im Umland, die kaputt waren, habe sie die gröbsten Schäden auf eigene Kosten behoben, damit man dort überhaupt wieder vernünftig fahren könne. Beispiele seien die Verdener Straße und die Landstraße 170 Richtung Heber. Da tue die Stadt wirklich allerhand, so Mader. Zudem sei gut, dass es im Ort vergleichsweise viele Tempo-30-Bereiche gebe, so Spiwek. In diesen Straßen bedürfe es keinen Muts, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein.
Grundsätzlich sehr positiv bewertet Mader auch, dass der Landkreis innerorts die Benutzungspflicht für Radwege aufgehoben hat. Er fühle sich auf der Straße wesentlich sicherer, weil er da nicht bei jeder Grundstücksausfahrt aufpassen müsse, ob jemand hinausfahre, ohne daran zu denken, dass auf dem kombinierten Fuß- und Radweg ein Radler kommen könnte.
Stellenweise erfordert Radfahren Mut
Doch so wie Mader empfinden es nicht alle Radfahrer. Stellenweise traue er sich nicht, auf der Straße zu fahren, gibt Spiwek zu. Wenn die 40-Tonner an ihm vorbei donnerten, fahre er da nicht so gerne. „Radfahren erfordert an solchen Stellen auch einen gewissen Mut und den haben viele nicht.“ Das Probleme bestünde meist dort, wo es Mischverkehr gebe. „Wo Autos und Fahrräder sich die Fahrbahnen teilen müssen, haben wir häufig nicht genug Platz“, sagt Spiwek. „Es passieren weniger Unfälle, wenn die Geschwindigkeitsunterschiede nicht so groß sind”, ergänzt Mader.
Und was bringen die Fahrrad-Schutzstreifen? Am Anfang sei Mader den Schutzstreifen gegenüber sehr positiv eingestellt gewesen, berichtet er. Doch mittlerweile halte er gar nichts mehr davon. Warum? Weil seiner Erfahrung nach „ganz viele Autofahrende denken, da ist ja der Schutzstreifen und dann bräuchten sie die 1,50-Meter Abstand nicht mehr einzuhalten”. Bei einem Schutzstreifen führen die Autos daher meist näher an ihm vorbei als auf Straßen ohne Schutzstreifen.
Neben dem Fahrradklimatest soll auch das jährliche Stadtradeln mehr Bewusstsein für den Radverkehr schaffen. Auch dadurch, dass Ratsleute und Angestellte der Verwaltung in dieser Zeit im Alltag das Auto gegen das Fahrrad tauschen. Im Mai waren 10 von 32 Ratsmitgliedern dabei. Das Rathaus hat sich mit einem Team aus 18 Radlern erneut beteiligt. Doch das Stadtradeln habe eher einen Event-Charakter, sind sich Mader und Spiwek einig. Insgesamt sei Maders Wahrnehmung, dass sehr viele Menschen das Fahrrad gar nicht als Verkehrsmittel nutzten, sondern ausschließlich als Freizeitgerät. Gerade in der Auseinandersetzung mit Autofahrern sei das ein Punkt, der oft nicht verstanden werde. Dass es eben nicht nur Freizeit-Radfahrer gibt. Sondern auch solche, die einfach schnell auf der Straße von A nach B gelangen möchten, statt gemütlich auf dem Bürgersteig zwischen Kinderwägen und Senioren zu fahren, immer vorsichtig, nicht aus Versehen jemanden anzufahren.