„Insbesondere keine Misshandlung“

Die Kita Regenbogen in Schneverdingen geriet im vergangenen Jahr ins Zwielicht. Jetzt haben die Behörden die Ermittlungen eingestellt. Foto: grö

Groß war das Erstaunen und der Schock vor gut einem Jahr, als die Kita Regenbogen in Schneverdingen scheinbar aus heiterem Himmel ins Zwielicht geriet. Der evangelische Kindertagesstättenverband Rotenburg-Verden, der die Betreuungseinrichtung betreibt, hatte das zweiköpfige Kita-Leitungsteam suspendiert und bei der Polizei Anzeige erstattet. Im Zuge einer Überprüfung durch die neue pädagogische Leitung des Verbands hätten sich Hinweise aus der Elternschaft auf Missstände ergeben, die man sehr ernst nehme, hieß es damals. Im Raum stehe der Vorwurf einer Kindeswohlgefährdung. Auch das Landesjugendamt wurde eingeschaltet.

Früh klargestellt wurde lediglich, dass es nicht um einen mutmaßlichen sexuellen Missbrauch gehe. Ansonsten blieb vieles wolkig. Mit der Verschwiegenheit wolle man eine öffentliche Vorverurteilung vermeiden, teilten sowohl der Betreiber als auch die zuständige Staatsanwaltschaft Lüneburg mit.

Nicht zu wissen, was eigentlich Sache ist, zerrte an den Nerven der Kita-Eltern. Auf einem außerordentlichen Elternabend bekundeten viele ihren Unmut und erklärten sich solidarisch mit der geschassten Kita-Leitung. Die Kita-Leiterin war seit der Gründung des Kindergartens 1991 im Amt und genießt Vertrauen im Ort. Von etwaigen Verfehlungen gegenüber ihren Schützlingen war in all den Jahren niemals die Rede gewesen.

Beschwerde gegen Einstellung des Verfahrens

Inzwischen zeichnet sich ab, dass die erhobenen Vorwürfe wohl nicht in einen Strafprozess münden werden. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg und die Polizeiinspektion Heidekreis haben ihre Ermittlungen eingestellt. Die Anklagebehörde erließ bereits im Juni eine entsprechende Verfügung, die aber bislang nicht rechtskräftig werden konnte, weil Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung eingelegt worden ist. Zuständig für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einstellungsverfügung im Beschwerdeverfahren ist jetzt die Generalstaatsanwaltschaft.

Aus der Einstellungsverfügung geht hervor, dass sich die Vorwürfe gegen die Kita-Leitung auf teils schon länger zurückliegende Sachverhalte beziehen. Denn einige angezeigte Taten waren aufgrund eingetretener Verjährung nicht mehr verfolgbar. Diesbezüglich wurde aufgrund eines unüberwindbaren Verfahrenshindernisses ohne weitere Prüfung der Vorwürfe eingestellt. Die Ermittlungen zu Sachverhalten aus jüngerer Zeit wurden mit dem Ergebnis eingestellt, dass kein hinreichender Tatbestand gegen eine der Beschuldigten besteht. Sie gelten damit als unschuldig. Ihre Suspendierung durch die Kita-Leitung erscheint in diesem Licht fragwürdig.

Auf Nachfrage hat die Staatsanwaltschaft nun auch erstmals offengelegt, um welche konkreten Delikte es im Ermittlungsverfahren eigentlich ging. Der bislang verwendete Begriff Kindeswohlgefährdung ist unscharf und stellt keinen eigenen Straftatbestand dar. Ermittelt wurde wegen Körperverletzung, Misshandlung von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung. „Insbesondere der Vorwurf der Misshandlung von Schutzbefohlenen hat sich durch die Ermittlungen nicht bestätigt“, teilt Jan Christoph Hillmer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg, gegenüber der Böhme-Zeitung mit und lässt damit Raum für Spekulationen bezüglich der anderen beiden Tatvorwürfe. Für eine Anklage reicht es nach Ansicht der Lüneburger aber auf jeden Fall nicht aus.

Staatsanwaltschaft: Weiter keine Angaben zu konkret vorgeworfenen Tathandlungen

Mehr Informationen gibt es weiterhin nicht. „Bereits zum Schutze der Persönlichkeitsrechte der anzeigeerstattenden Seite können die konkreten Handlungen, die ursprünglich vorgeworfen worden sind, nicht mitgeteilt werden“, erklärt Staatsanwalt Hillmer. „Zudem ist nunmehr zu berücksichtigen, dass diese Vorwürfe ja gerade nicht zur Feststellung eines hinreichenden Straftatverdachtes geführt haben, sodass auch die Beschuldigtenrechte einer konkreten Vorwurfsschilderung entgegenstehen.“

Der Kita-Betreiber möchte sich angesichts des immer noch nicht endgültig abgeschlossenen Verfahrens derzeit nicht in der Presse äußern. Dr. Michael Blömer, Superintendent des Kirchenkreises Rotenburg, weist aber die Mutmaßung zurück, dass der Betreiber selbst Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft eingelegt habe. Der evangelische-lutherische Kindertagesstättenverband Rotenburg-Verden werde zeitnah das Gespräch mit den Kita-Eltern suchen, um sie über den neuesten Stand der Entwicklungen zu informieren, kündigt Blömer an.