Sabotage mit Glyphosat – Komplette Plantage vernichtet

80 Prozent der 4500 überdachten Kirschbäume sind durch einen Sabotageakt vernichtet worden. Foto: bk

Als im vergangenen April die überdachten 4500 Kirschbäume von Henning (57) und Martina Alvermann (55) kaum Austrieb zeigten, ahnten sie schon, dass etwas mit den Bäumen nicht stimmte. Kurze Zeit später war klar, dass es einen Totalausfall geben würde. Hatten Alvermanns zunächst noch auf 4 bis 5 Tonnen Kirschen statt der sonst üblichen 45 Tonnen gehofft, starben die Bäume weg. Jetzt, im Juli, ist Erntezeit.

Manipulation der Spritze durch Glyphosat

Die Kirschen an den wenigen tragenden Bäumen kann man jeweils an zwei Händen abzählen. Dass die fleischigen Exemplare, wie bei Alvermanns Produkten üblich, exzellent schmecken, hilft den Landwirten wenig. Expertengespräche und eine eingereichte Blattprobe brachten dann bald Aufschluss: Jemand hatte die Spritze heimlich mit einer großen Menge Glyphosat angereichert, der Landwirt damit die Bäume beim Spritzen im vergangenen September selbst vernichtet.

„Wer macht sowas nur?“, fragt Martina Alvermann. Ihr Mann hegte zunächst Selbstzweifel. Konnte er womöglich selbst aus Versehen das Spritzenfass mit dem Herbizid versetzt haben? Doch eine Kontrolle der Bestände brachte in dieser Hinsicht schnell Gewissheit: Die in der Landwirtschaft sorgsam dokumentierten Bestände waren vollständig. Demnach liegt ein Sabotageakt von außen vor. „Irgendjemand tritt man immer auf die Füße“, sagt Henning Alvermann, der aber nicht spekulieren möchte, wer ein Motiv für eine solche Tat haben könnte. „Das ist vertane Zeit.“ Alvermanns haben Anzeige erstattet, die Polizei ermittelt.

Mindestens 1,5 Millionen Euro Schaden

Rund 80 Prozent der 2011 angepflanzten Bäume sind nahezu tot, ein großer Teil wird bereits abgeholzt. „Das ist ein wirtschaftlicher Totalschaden“, sagt Henning Alvermann. „1,5 Millionen Euro, das war alles finanziert.“ Versichert sind die Bäume nicht. „Vier bis fünf Wochen waren wir wie in Schockstarre“, sagt Martina Alvermann. Die Familie war kurz davor, aufzugeben. Man habe ja auch noch andere Berufe erlernt. Doch die nächste Generation möchte den Hof weiterführen, auch mit der Kernobst-Plantage weitermachen. Um den Ruin abzuwenden, müssen Alvermanns Wirtschaftsflächen verkaufen – der größte Schmerz jedes Landwirts. „Was das für einen Bauer bedeutet, kann man sich kaum vorstellen“, ringt Martina Alvermann im BZ-Gespräch mit ihren Emotionen.

Auch die Sicherheit auf ihren Liegenschaften wollen Alvermanns erhöhen, unter anderem Kameras einrichten. Außerdem wird er nur noch mit einem selbst gereinigten und befülltem Fass an der Gebläsespritze notwendige Pflegearbeiten antreten. „Das passiert mir nicht noch einmal.“ Zudem müssen die Alvermanns ihre Stammkunden halten. Mit Unterstützern aus dem Alten Land kann die Familie Kirschen in bester Qualität zukaufen, um ihre Kunden bedienen zu können. Diese haben den Woltemern schon signalisiert, treu bleiben zu wollen.

Patenschaften für Kirschbäume können den Hof retten

Um den Neuanfang auf der eigenen Scholle bewältigen zu können, bieten die Alvermanns zur Co-Finanzierung der neu anzupflenzenden Bäume Baumpatenschaften für 99 Euro an. „Das Konzept haben die Kinder entwickelt“, sagt Martina Alvermann nicht ohne Stolz. Im Gegenzug erhalten Paten über zwei Jahre (2025/26) garantiert jeweils fünf Kilo Kirschen, sodass sich für die Paten das Geschäft auch rentiert. Mehr dazu über www.kurzlinks.de/sop9