Neue Regeln für Schiedsrichter gelten ab sofort auch im Lokalsport

So ist es weiterhin erlaubt: TV-Jahn-II-Keeper Norman Haucke steht als Kapitän mit Schiedsrichter Siegfried Barz im Dialog. Eric Staats darf nur zuhören. Foto: Reinert

Jetzt muss es ganz schnell gehen. Nach dem erfolgreich eingeführten Kapitänsdialog bei der Fußball-Europameisterschaft sollen auch die Schiedsrichter im Heidekreis diese Regel ab sofort in allen Spielklassen anwenden. Das heißt, dass nur der Kapitän während eines Spiels mit dem Schiedsrichter über wichtige Entscheidungen reden darf. Falls ein Torwart die Kapitänsbinde trägt, so darf ein Feldspieler für den Dialog benannt werden. Ein anderer Spieler, der beim Schiedsrichter reklamiert, soll Gelb sehen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verspricht sich von dieser Neuerung, den Respekt gegenüber Schiedsrichtern deutlich zu steigern. Auch Gerrit Ludwig, Kreisschiedsrichterobmann im Heidekreis, begrüßt die Änderung und erklärt im BZ-Interview zudem, welche zweite neue Regel auf die Fußballer zukommt.

Große Zustimmung zu neuen Regeln auch im Lokalsport

Herr Ludwig, wie finden Sie ganz persönlich den sogenannten Kapitänsdialog? Gerrit Ludwig: Als ich ihn das erste Mal im EM-Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland gesehen habe, war ich sofort begeistert. Da habe ich direkt gesagt: Das brauchen wir auch.

Und wie sehen Sie es in Ihrer Funktion Kreisschiedsrichterobmann? Im Prinzip genauso. Allerdings bedeutet es selbstverständlich kurzfristig eine Menge Arbeit für uns. Ehrlich gesagt, sind wir ganz schön überrascht worden vom DFB. Ich habe nach der offiziellen E-Mail vom DFB-Schiedsrichterausschuss sofort damit begonnen, eine Handlungsempfehlung für unsere Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter zu verfassen. Denn sie müssen das ja schon am kommenden Wochenende in den Pokalspielen umsetzen.

Wenig Gelb für Meckern auf dem Fußballplatz

Was glauben Sie, wie die neue Regel ankommt? Das Schöne ist, dass es keine Argumente dagegen gibt. Wir haben bei der EM alle gesehen, wie wenige gelbe Karten in den insgesamt 51 Spielen wegen Meckerns verteilt wurden. Zudem war viel weniger Nachspielzeit nötig, weil es kaum Diskussionen mit den Spielern und Offiziellen gab.

 

Gerrit Ludwig

Der Kreisschiedsrichterobmann im Heidekreis spricht im Interview mit der Böhme-Zeitung über die umgehende Anwendung der neuen Regeln im Lokalsport.

 

Wie werden die Klubs so kurzfristig über die Änderung informiert? Auch da profitieren wir davon, dass die allermeisten bei der EM gesehen haben, wie es funktioniert. Die Vereine habe ich aber bereits offiziell informiert. Und bei den ersten Partien sollen die Unparteiischen vor dem Anpfiff noch einmal explizit auf die neuen Regelungen hinweisen.

Bremst das Stopp-Konzept auch überehrgeizige Eltern aus?

Auch das Stopp-Konzept wird ab sofort gültig sein. Was verbirgt sich hinter diesem Namen? Es war ein Pilotprojekt in Baden-Württemberg, wo es sich bewährt hat. Die Schiedsrichter können ein Spiel, in dem sich die Stimmung aufgeheizt hat, zunächst unterbrechen und die Teams bitten, sich zu mäßigen. Sollte das keine Besserung gebracht haben, können die Unparteiischen die Partie ein zweites Mal anhalten. Dann sollen sich die Mannschaften getrennt voneinander kurz versammeln, bis es weitergeht. Sollte auch das nicht helfen, ist die letzte Option ein Spielabbruch.

Also ähnlich, wie die Schiedsrichter in der Bundesliga reagiert haben, als die Fans als Protest gegen einen Investor-Einstieg Tennisbälle aufs Spielfeld geworfen haben? Ja, genau. Die Vorgehensweise ist vergleichbar. Auch da galt: Der Spielabbruch ist das absolut letzte Mittel.

Glauben Sie, dass die Änderungen sich auch auf Amateurebene sofort bewähren? Ich hoffe es. Und ich glaube auch, dass es bei den Senioren- und älteren Jugendteams direkt funktioniert. Schwierig könnte es bei den jüngeren Jahrgängen werden, weil dort oftmals auch Jugendliche pfeifen, die von ihrer Persönlichkeitsentwicklung noch nicht so weit sind. Aber ich bin zuversichtlich, dass es auch dort Verbesserungen bringen wird. Und ich hoffe, dass sich die teils überehrgeizigen Eltern künftig auch mit ihren Kommentaren Richtung Schiedsrichter zurückhalten.

Interview: Torsten Grönemeyer

Trainerstimmen – Kapitänsdialog und Stopp-Konzept

Matthias Korinek (Eintracht Munster): „Grundsätzlich finde ich die Regeln sehr gut. Ich glaube auch, dass sie in höheren Klassen – auch im Bezirk – gut von den Schiedsrichtern umgesetzt werden können. In unteren Klassen wird es eher spannend, da könnte es gelbe Karte hageln. Wir überlegen, Steven Sieling zum Kapitän zu machen, er kommentiert eh das Spiel durchgehend. Wir haben zudem schon 15 Kapitänsbinden im Sportgeschäft bestellt.“

Timo Sonnenberg (MTV Soltau): „Ich begrüße die Regeln, wenn sie denn vernünftig umgesetzt werden – sprich auch die Schiedsrichter unnötige Diskussionen mit Spielern vermeiden und die Situationen im Griff haben. Ich werde den Kapitän vor dem ersten Punktspiel bestimmen, die Kapitänsregel hat darauf keinen Einfluss. Es gibt Spieler, zu dessen Wesen die Kommunikation gehört. Ich hoffe, diese Charaktere können bleiben, wie sie sind – und müssen sich nicht verbiegen.“

Michael Hahn (SV Veersetal): „Ich halte es für den richtigen Weg, hoffe aber auf eine Übergangsphase. Nicht, dass wir nach fünf Spieltagen keine Spieler mehr aufstellen können. In den unteren Klassen hoffe ich, dass die Schiedsrichter die Möglichkeiten nicht unnötig strapazieren. Mein Kapitän bleibt wie gehabt derselbe Spieler. Die Schiedsrichter müssen aber auch angehalten sein, nicht permanent auf die Spieler einzureden. Davon gibt es leider auch einige Kandidaten.“

Felix Beck (TV Jahn Schneverdingen): „Ich sehe bei der Kapitänsregel eine große Verantwortung bei den Schiedsrichtern. Sie müssen Fingerspitzengefühl zeigen und sich selbst auch etwas disziplinieren, können nicht sofort die Karte ziehen. Wir waren das fairste Team, müssen uns nicht großartig umstellen, auch wenn es in der Landesliga robuster zugehen wird. Das Stopp-Konzept begrüße ich nicht nur, um das Spiel emotional runterzufahren, sondern auch aus Sicht des Trainers. Vielleicht kann ich diese Unterbrechungen nutzen, um nochmal Einfluss auf das Spiel zu nehmen, einige Führungsspieler zu mir zu holen und Informationen weiterzugeben.“ mh