Zensus 2022: Erste Erkenntnisse aus der Datenerhebung
Zwischen Mitte Mai und Ende September 2022 sind 145 Ehrenamtliche und auch ein paar Mitarbeiter der Kreisverwaltung durch die Siedlungen im Landkreis gezogen, um an bestimmten Türen zu klingeln und Daten zu den Haushalten zu erheben. Jetzt hat die Kreisverwaltung die Ergebnisse des Zensus 2022, der Volkszählung, vorgestellt.
Reichsbürger: Wer sich nicht zählen lassen wollte, ist nun auch erfasst
Im Heidekreis wurden 4163 Haushalte mit 16.328 Personen zudem 173 Sonderbereiche befragt. Letztgenannte sind in erster Linie Altenheime, Jugendhäuser und Wohnheime. Es habe nur wenig Unerfreuliches gegeben, erläutert Mark Oppermann von der Kreisverwaltung. So hätten ein paar Menschen aus der Reichsbürger-Szene ihre Daten nicht mitteilen wollen, weil sie die vermeintliche „BRD GmbH“ ablehnten. Doch Volkszählungsverweigerer habe es auch schon bei der großen Erhebung 1987 gegeben, erinnert sich Landrat Jens Grote, der als Schüler selbst an der damaligen Zählung mitgewirkt hat. Im Grund aber seien die ehrenamtlichen Zähler im Wesentlichen auf auskunftsfreudige Bürgerinnen und Bürger gestoßen, so Oppermann, der sich mit dem Zensus 2022 rund zwei Jahre lang leitend befasst hat.
Die registergestützte Befragung 2022 betraf etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Die Daten werden für die Nutzbarkeit hochgerechnet. Ein wesentliches Ergebnis lautet: Der Heidekreis ist bevölkerungsmäßig größer geworden. Seit dem letzten Zensus 2011 ist die Bevölkerung des Kreises von 136.693 Einwohner auf 142.771 gestiegen. Mit dem Zuwachs von 6078 Einwohnern liegt der Heidekreis im Vergleich zu anderen Landkreisen über dem Durchschnitt. Die Zählung hat allerdings auch eine Abweichung zu den Melderegistern offenbart. So sind im Kreis offenbar 4897 Menschen zu viel gemeldet. Eine Ursache für die Abweichung wird den Daten nach im Gemeindefreien Bezirk Osterheide offensichtlich. Die Landesaufnahmebehörde habe zwar im Camp Oerbke gewissenhaft Geflüchtete angemeldet, bei der Abmeldung sei das allerdings nicht so gut gelungen, so Oppermann. Laut Bevölkerungsfortschreibung auf Grundlage des Zensus 2011 hätten im Bezirk 6734 Menschen leben müssen, tatsächlich sind es aber nur 2042. Das entspricht einer Abweichung von fast 70 Prozent. Die Abweichung von minus 3,32 Prozent bei der festgestellten Bevölkerungszahl im Vergleich zur Fortschreibung auf Grundlage des Zensus von 2011 dürfte sich ab dem kommenden Jahr negativ auf die Verteilung der Finanzmittel auf die Kreise auswirken.
Abweichungen wirken sich auf Finanzausgleich aus
Zensus 2022 diente der verlässlichen Erhebung von Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszahlen sowie allgemeiner demografischer Daten. Die Erhebungsdaten weichen sowohl von den Melderegisterdaten als auch von der Bevölkerungsfortschreibung auf Grundlage des Zensus 2011 ab. So hat der Heidekreis laut Zensus 2022 nun 142.771 Bewohner, während bislang von 147.668 Bewohnern nach Zensus 2011 ausgegangen worden war. Bispingen hat demnach einen Zuwachs von 16 Bewohnern (jetzt 6524/ +0,25 Prozent), Munster einen Abgang von 278 Einwohnern (15.019/ -1,82 Prozent), Neuenkirchen einen Abgang von 243 Bewohnern (5529/-4,21 Prozent), Schneverdingen minus 327 Personen (18.824/-1,7 Prozent), Soltau einen Zuwachs von 298 Bewohnern (22.122/+1,37 Prozent) und Wietzendorf hat einen Abgang von 61 Bewohnern zu verzeichnen (4144/-1,45 Prozent). Im Vergleich zu Bund (+3,11 Prozent), Land (+2,12 Prozent) und der Region Lüneburg (+2,2 Prozent) ist das Bevölkerungswachstum im Kreis mit einem Plus von 4,45 Prozent allerdings überdurchschnittlich hoch.
Ein Blick auf die demografische Entwicklung zeigt zudem, dass es zwar bei den bis 18-Jährigen ein Minus von 1,88 Prozent gibt, allerdings bei den 19- bis 39-Jährigen ein Plus von 11,39 Prozent. „Der gute Anteil an jungen Familien ist erfreulich“, sieht Grote in den demografischen Daten eine Perspektive. „Der Heidekreis stirbt nicht aus“, bringt es Grote lachend auf den Punkt. Im Übrigen spiegelt die Altersstruktur den demografischen Wandel im Bereich der frühen Babyboomer (60 Jahre +) wider.
Fast 30 Prozent im Heidekreis ohne Berufsabschluss
Die Zuwanderung durch Geflüchtete macht sich insbesondere angesichts der erhobenen Daten zur Staatsangehörigkeit bemerkbar. Lebten 2011 im Kreis noch 5127 Menschen (3,75 Prozent) mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit, sind es 2022 bereits 13 852 (9,70 Prozent). Ein überraschendes – und noch zu interpretierendes – Ergebnis von Zensus 2022 ist, dass bei den höchsten Bildungsabschlüssen 45,31 Prozent der Kreisbevölkerung eine Lehre, 13,62 Prozent eine Fachschule (Meister und ähnliches) und 12,03 Prozent eine Hochschule abgeschlossen hat, aber immerhin 29,04 Prozent der Bevölkerung ganz ohne jeglichen Berufsabschluss dasteht.
Inwieweit sich darunter womöglich ein hoher Anteil an Familienmüttern der frühen Babyboomer-Generation verbirgt, die nach der Schule in den 1960ern nahtlos in die Familienplanung übergegangen sind, oder eben doch auch ein hoher Anteil an jüngeren Bewohnern im arbeitsfähigen Alter, war für die Kreisverwaltung bisher nicht deutbar. „Wenn das aber so sein sollte, dann besteht hier Handlungsbedarf“, so der Landrat.
Die Daten von zensus 2022 sind öffentlich und unter www.zensus2022.de einsehbar.