Grube will „die Beweggründe der Wähler verstehen“
In Munster hat die AfD bei der Europawahl mit knapp über 20 Prozent Stimmanteil das beste Ergebnis der sechs Kommunen im Altkreis Soltau und diese mit circa 3,5 Prozent (Soltau) bis 8 Prozent (Bispingen) abgehängt. Dabei verzeichnet Munster mit 54,6 Prozent die niedrigste Wahlbeteiligung.
Ein Aspekt, der Munsters Bürgermeister Ulf-Marcus Grube nicht überraschte, war das Ergebnis der CDU und der SPD, da es sich etwa auf dem Niveau ihres Abschneidens im Land insgesamt bewegte. Allerdings habe die AfD mit rund 20 Prozent Stimmenanteil höher als erwartet gelegen. Laut Grube ist das möglicherweise darauf zurückzuführen, dass Munster aufgrund der günstigen Mieten in den vielen alten Gebäuden auch eine Bevölkerungsstruktur habe, die sich in den Wahlergebnissen widerspiegele. Eine Überraschung für Grube war, dass es nicht gelang, die Jugendlichen zur Wahl zu mobilisieren. Das Ergebnis zeige außer den Zuspruch für die etablierten Parteien eine breite Palette an kleineren Parteien, von denen viele Stimmen erhielten. Jetzt bedürfe es einer tiefgehenden Auseinandersetzung, um die Beweggründe der Wählerinnen und Wähler zu verstehen.
Arbeitgeberpräsident Volker Meyer (Heinrich Meyer-Werke Breloh GmbH & Co. KG) äußert sich besorgt über die Ergebnisse und die Stärke der rechtspopulistischen Parteien. Er betont, dass es wichtig sei, dass die anderen Parteien die Wähler verstehen und ihre Stimmen gewinnen. Insbesondere die Grünen hätten es versäumt, ihre jungen Wähler zu mobilisieren, sagt Meyer und konstatiert, dass das Thema des Klimawandels fast keine Rolle im Wahlkampf gespielt habe. Er warnt vor den Gefahren einer zunehmenden rechtspopulistischen Bewegung, sowohl für Deutschland als auch für Europa, und stellt fest, dass Deutschland ein weltoffenes Land bleiben müsse, um auch neue Mitarbeiter gewinnen zu können. Er weist auf die Vorteile der EU hin, wie die Freiheit der Grenzen, und sagt, dass Deutschland am meisten von der EU profitiere. Einen Zusammenhang mit dem hohen Soldatenanteil an der Bevölkerung in Munster sieht der Unternehmer in dem Wahlergebnis nicht.
Oleg Kehl aus Munster ist Mitbegründer der Hilfsorganisation "Heidekreis hilft", die auch Hilfstransport in das Kriegsgebiet in der Ukraine organisiert. Auf Nachfrage erklärte Kehl, dass in den ukrainischen Telegram-Kanälen bereits über das Wahlergebnis berichtet werde. Dort sei bekannt, dass die rechten Parteien in Europa ihre Ziele und ihre Sichtweise auf den Konflikt in der Ukraine kommunizieren. Dies löse bei vielen Ukrainern Besorgnis aus.Schockierend ist das Ergebnis für die AfD bei der Europawahl in Munster vor allem für die Grünen. Denn die sehen nicht nur die 20 Prozent Wahlstimmen in ihrer Stadt für die Rechtspopulisten, sondern auch einen Niedrigststand von 5,57 Prozent für ihre eigene Partei. Harwed Scheiger von Bündnis 90/Die Grünen in Munster sieht angesichts des Wahlerfolgs der AfD in Munster großes Entwicklungspotenzial bei der Mobilisierung der Bürgerinnen und Bürger zur Wahl. „Die 20 Prozent für die AfD sind eine bittere Geschichte“, so Scheiger. „Aber auch unsere knapp 5,6 Prozent sind nicht gerade brillant. Da müssen wir genauer hingucken, was wir in den nächsten Jahren vor Ort tun können, um eine grüne Grundstimmung zu erzeugen.“
Besonders interessant ist laut Scheiger die niedrige Wahlbeteiligung in Munster, die lediglich bei etwa 55 Prozent lag und damit die niedrigste im gesamten Heidekreis war. „Vielleicht hat die AfD davon profitiert, aber das kann ich nur mutmaßen“, erklärt er. „Auf jeden Fall sollte es Ziel sein, die Bürgerinnen und Bürger dazu zu ermutigen, sich zu engagieren und wählen zu gehen. Nächstes Jahr steht die Bundestagswahl an und später die Kommunalwahl und Landtagswahl. Das sind Themen, bei denen wir uns hier vor Ort bemerkbar machen können.“
Was die Europawahl betrifft, ist Scheiger unsicher, welche Maßnahmen die Grünen hätten ergreifen können, um ein besseres Ergebnis zu erzielen. „Die europäischen und bundespolitischen Themen stehen hier nicht so im Fokus“, erklärt er. „Aber wir werden auf jeden Fall überlegen, wie wir mehr Mobilisierung der Wähler erreichen können. Besonders Jugendliche haben die Grünen gewählt, daher werden wir auch überlegen, wie wir sie besser in den sozialen Medien erreichen können. Das liegt sowieso auf der Hand“
Scheiger verweist auf eine erfolgreiche Veranstaltung in der Berufsschule in Soltau vor einigen Wochen und betont die Möglichkeit, in den kommenden Jahren weitere Veranstaltungen in Munster zu organisieren, um das eigene Profil zu stärken. „Der typische Gang zum Markt ist zwar eine Möglichkeit, aber dort treffen wir immer die gleichen Leute und die Jugendlichen sowieso nicht. Das ist aber unsere Hausaufgabe“, schließt er ab.