Kita-Bau: „Das wird ein Riesenchaos werden“

Im nordöstlichen Bereich des Wohngebietes Drögenheide, das seit mehr als 20 Jahren langsam wächst, soll eine neue Kita für die Stadt Soltau gebaut werden. Nicht gerade zur Freude der Anwohner. Foto: at

Kinderbetreuungsplätze sind rar – auch in Soltau. Daher soll nach dem Neubau einer Kita an der Winsener Straße eine weitere sechszügige Einrichtung für rund 130 Kinder im Neubaugebiet Drögenheide entstehen.

Der Betreiber ist gefunden: Es wird die Arbeiterwohlfahrt Hannover. Das Grundstück hat die Awo erworben, die weitere Planungen für den Bau sind abgeschlossen, der Bauantrag ist gestellt.

Doch nun regt sich starker Widerstand bei den Anwohnern gegen das Vorhaben der Stadt. Sie finden sich am Montagabend auf Höhe des künftigen Eingangs zur Awo-Kita nordöstlich des Haferweges ein.

Viele wohnen nur ein Stück entfernt. Sie sind vor mehr als 20 Jahren als eine der Ersten nach Drögenheide gezogen, haben hier ihren Traum vom Eigenheim in grüner Idylle mit viel Ruhe erfüllt. Die eigenen Kinder sind nicht mehr im Kindergartenalter. Dass hinter ihren Grundstücken in Sichtweite zum Campingplatz auf dem Simpel eine Kita gebaut werden könnte, damit haben sie nicht gerechnet.

Es ist auch der erste Streitpunkt mit der Verwaltung, die mit Bürgermeister Olaf Klang, AWS-Geschäftsführer Olaf Hornbostel, Stadtplaner Benjamin Schubert und Kita-Verantwortlichem Thomas Körtge vor Ort ist.

Die Anwohner sind sich sicher, dass eine Kita an der aktuellen Stelle nie geplant war und auch nicht in der näheren Nachbarschaft, wie von Hornbostel anhand seiner Planzeichnung erläutert. Die Eigentümer verweisen vielmehr auf eine Fläche für eine Kita und einen Supermarkt nahe der Zufahrt von der ehemaligen B3, heute Kreisstraße 1.

Erbost sind die Anwohner hauptsächlich aber über die verkehrliche Belastung, die ihnen auf den ohnehin schmalen Straßen und Gehwegen zugemutet werden soll. Tatsächlich bescheinigt das Verkehrsgutachten, das im Rahmen des noch laufenden Bauleitverfahrens der Stadt Soltau erarbeitet wurde, als Folge der Kita-Ansiedlung eine hohe Verkehrsbelastung.

Aufgrund der Insellage des Neubaugebietes und ausbaufähigem Anschluss würden nahezu alle Kinder, die nicht im Wohngebiet wohnen, mit dem Auto gebracht werden müssen.

Durch den weiteren Ausbau des Gebietes werde der Anteil dieser Kita-Kinder zwar auf um die 70 Prozent steigen. Dennoch geht das Gutachten davon aus, dass für den Haferweg eine Verkehrsbelastung von 1500 Kraftfahrzeugen in 24 Stunden zu erwarten sei.

Die Spitzenbelastung von bis zu 260 Autos pro Stunde gebe es am Morgen, wenn der Verkehr aus dem Wohngebiet und sich der der bringenden Eltern überlappe. Die Belastung, so das Verkehrsgutachten, liege jedoch unter der für Erschließungsstraßen als maximal angesehenen Verkehrsstärke von 400 Autos pro Stunde. Daher sei die Belastung als noch verträglich einzustufen. „Das wird ein Riesenchaos werden“, sagen dagegen die Anwohner.

Eine Kita, wo die Kinder wohnen

Gleich zu Anfang sollen alle Anwesenden einmal ganz still sein. Am Rande des Baugebiets Drögenheide zwitschern die Vögel. Es ist idyllisch ruhig für die paar Sekunden.

Genau wegen dieser Ruhe sei man aus der Stadt herausgezogen, erklärt Anlieger Gordon Kampe. „Die Grundstücke sind uns lieb und teuer, wegen der Ruhe. Jetzt soll hier die größte Kita Soltaus entstehen“, wundert sich nicht nur Kampe.

Rund 30 Männer und Frauen sind zu dem Vororttermin mit der Verwaltung und dem Bauherrn der Kindertagesstätte, der Awo Hannover, gekommen. Schnell wird aber klar, dass man mit dem Thema Belastung durch Kinderlärm nicht weiterkommt.

„Kinderlärm von Spielplätzen und Kindertagesstätten ist einer, der laut Gesetzgeber zumutbar ist“, erklärt Stadtmitarbeiter Benjamin Schubert. Und auch Awo-Vertreter Knud Hendricks betont, dass der Verband viele Kitas baue und viele mitten in eine Wohnbebauung „gesetzt werden“. Man habe grundsätzlich nichts gegen eine Kindertagesstätte, aber in Drögenheide werde man vor vollendete Tatsachen gestellt, widerspricht eine Frau.

Dennoch geht es den Anwohnern insbesondere um die verkehrliche Belastung, die mit der Neuansiedlung ihrer Meinung nach verbunden ist. 130 Kinder sollen in der Kindertagesstätte in Krippe und Kindergarten betreut werden. Da das Wohngebiet langsam wächst, sind viele Kinder aus den Anfangsjahren in Drögenheide längst keine Kita-Kinder mehr.

Die Anwohner sind sich sicher, dass die Mehrzahl der Kinder der neuen Kita mit dem Auto aus Soltau gebracht werden muss, für die Fahrradnutzung läge man einfach zu weit außerhalb. Und für den Autoverkehr sei das Wohngebiet mit insgesamt 250 Wohneinheiten mit nur einer Zufahrt von der ehemaligen Bundesstraße 3 aus und nur einem kleinen Kreisverkehr nicht ausgelegt.

Die Zufahrtsstraßen wie der Haferweg seien zu schmal, um den zu erwartenden Bring- und Holverkehr gut fließen zu lassen. Hinzu komme, dass nahe dem Kreisel der Schulbus halte, es eine Gefährdung für wartende Schulkinder gebe.

Zudem parkten entlang des Haferwegs teilweise die Anwohner und weitere Besucher selbst. Auch der Gehweg sei viel zu schmal, kritisieren die Bewohner. Sie fürchten Stau auf Anliegerstraßen. Viele Kinder spielten dort zudem, was durch die zusätzliche Verkehrsbelastung und den ständigen Baustellen- und Berufsverkehr nun noch gefährlicher werde.

Kritik gibt es zudem vor allem an den nach Meinung der Anwohner zu wenigen Parkflächen. 14 Stellplätze sollen an der Einfahrt der Stichstraße zum Kita-Gebäude angelegt werden. Das reiche auf keinen Fall, sind sich alle einig.

„Die stehen dann wie Kraut und Rüben, das wird das reinste Verkehrschaos“, heißt es in der Runde. Zudem werde niemand den Pendelparkplatz nutzen, sondern versuchen, so nah wie möglichen an der Kita zu parken. Für die bringenden und holenden Eltern mit ihren Autos müssten dringend mehr Parkplätze gebaut werden, so der einmütige Tenor.

Extraparkplatz für die 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Die künftigen bis zu 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der neuen Kita erhalten einen extra Parkplatz mit 16 Plätzen am Ende der Stichstraße, der ausschließlich für diese reserviert sein soll. Dass es insgesamt auf jeden Fall genug Parkfläche sei, betont Awo-Vertreter Hendricks. Es sei um Faktor 2 mehr als üblich, blickte er auf ähnliche Projekte des Vereins.

Die Bedenken zum Verkehrslärm und den Parkplätzen könne er verstehen, so Bürgermeister Olaf Klang. Aber es sei ein wachsendes Baugebiet, in dem die Stadt für die Bewohner eine Kindertagesstätte baue.

„Solch eine Kita gehört dorthin, wo die Kinder wohnen“, erklärte Klang. Die Umsetzung an dem Standort werde im Zuge der Bauleitplanung abgeklopft, bislang sprächen auch die nötigen Gutachten unter anderem zum Lärm und zum Verkehr nicht dagegen. Die Beteiligungsmöglichkeiten in dem Verfahren seien aber da. Die Bedenken müssen geprüft und abgewogen werden.

Viel Holz und lang wie eine Schlange

Der Bebauungsplan für die neue Kindertagesstätte ist noch nicht beschlossen. Dennoch hat die Arbeiterwohlfahrt bereits einen Bauantrag gestellt und rechnet zunächst mit einer Teilgenehmigung, um zumindest den Boden abschieben zu können, und so mit dem Bau zu starten.

Zu erkennen ist schon die Stichstraße mit kleinem Kreisverkehr, die vom vorhandenen Haferweg abgehen soll. Der Vorschlag aus der Versammlung nicht sechs-, sondern nur dreizügig zu bauen, weist Stadtmitarbeiter Thomas Körtge zurück. Schon jetzt habe die Stadt zu viele Übergangslösungen für den Kita-Bereich. Man benötige vernünftige Plätze, keine Container mehr. Und der Bedarf sei weiterhin groß.

Verzögert wurde das Projekt bereits, weil man auf der Wiese Schlingnattern vermutete, letztlich aber Zauneidechsen absammeln musste. „Jetzt ist es unser Eigentum. Die Finanzierung für den Bau steht seit zwei Jahren. Wir planen nicht im luftleeren Raum“, so Awo-Vorstandsvorsitzender Marco Brunotte. Er hoffe auf gute Nachbarschaft.

Die Kita für Gesamtkosten von 6,5 Millionen Euro werde eingeschossig, lang gestreckt wie eine Schlange und entstehe in Holzbauweise. Sie soll 2025 fertig sein.

„Wir wollen mit viel Holz auch Ruhe in die Kita bringen“, erklärt Brunotte. Mit großen Fenstern gebe es in den Außen- und Gruppenräumen viel Licht. Die Räume, die zur vorhandenen Wohnbebauung hin lägen, seien sogenannte dienende Räume, also für den Sanitärbereich oder die Kita-Leitung ausgelegt. Auf das Gebäude kommt ein begrüntes Dach.

Anja Trappe