Komplizierter als es scheint
Den Kita-Platz tauschen oder einen Platz für zwei Kinder abwechselnd nutzen? Wer nach solchen Angeboten sucht, wird im Internet schnell fündig. Das Konzept scheint gut in die Zeit zu passen, ins ressourcenschonende Zeitalter der „Sharing Economy“. Doch die Sache hat einen Haken. Bei der Online-Tauschbörse des Elternportals Kivan wird dieser Haken in der Rubrik „gut zu wissen“ näher umschrieben: „Die Hoheit obliegt weiterhin den Einrichtungen“, steht dort. „Diese werden zwar über die Einigung zum Tausch der Eltern informiert, müssen dem aber nicht zustimmen.
Im besten Fall steht einem Tausch durch die Einrichtungen nichts im Weg. Dann können die bestehenden Verträge jeweils durch das reguläre Vertragsmanagement gekündigt und die neuen Betreuungsverträge angelegt werden.“ Die Stadt Leipzig bietet seit 2020 eine Tauschbörse an. Dort können Eltern mit Betreuungsplatz ihren Wechselwunsch unter Angabe des gewünschten Zielortsteils online anderen Eltern zum Tausch anbieten. „Das System gleicht im Hintergrund ab, ob ein passendes Gegenangebot besteht und stellt den datenschutzgerechten Kontakt zwischen beiden Seiten her“, heißt es auf den Internetseiten der Stadt. Bei Übereinkunft müssen die beteiligten Einrichtungen und Träger zustimmen, nur dann kommt es tatsächlich zum Platztausch.
„Eltern stellen sich das oft zu einfach vor“
Die Zustimmung der Einrichtungen und ihrer oft unterschiedlichen Träger ist das eine Problem. Der Verwaltungsaufwand in den Kommunen ist ein weiteres. „Eltern stellen sich das oft zu einfach vor“, sagt Petra Tödter. Die Fachbereichsleiterin Bürgerservice im Bispinger Rathaus weiß, dass es in der Elternschaft ihrer Gemeinde den Wunsch nach Tauschmöglichkeiten während des laufenden Kita-Jahres gibt. „Davon habe ich gehört“, sagt sie. Einen konkreten Antrag habe bislang aber niemand gestellt. Eine Umsetzung wäre organisatorisch anspruchsvoll und hätte wohl wenig Chancen.
In der Verwaltung gibt es jedenfalls keinerlei Bestrebungen, eine Tauschbörse für Kita-Plätze oder ein „Sharing-Modell“ anzubieten beziehungsweise mit externen Anbietern solcher Lösungen zu kooperieren. Stattdessen setzt man darauf, den Kinderbetreuungsbedarf in der Gemeinde mit einiger Mühe auch in Zeiten des Fachkräftemangels und angespannter öffentlicher Haushalte weiterhin auf konventionelle Art irgendwie decken zu können. Noch scheint das in Bispingen auch halbwegs zu gelingen. Die letzten freien Plätze für das kommende Kita-Jahr werden gerade vergeben, auch Wechselwünsche fließen in die Planungen der Kommune ein. „Nicht alles ist in Stein gemeißelt“, versichert Tödter und freut sich über ein „fast auskömmliches“ Platzangebot. Nicht immer komme der Erstwunsch der Eltern zum Zuge, aber irgendein zumutbares Betreuungsangebot erhalte jeder – zumindest im Kita-Bereich. Kritischer sehe es weiterhin im Krippenbereich aus. „Wir haben immer noch zu wenige Krippenplätze“, räumt Tödter ein. Aber auch Betreuungswünsche für Kleinkinder unter drei Jahren blieben in Bispingen nur in wenigen Ausnahmefällen gänzlich erfolglos.
Perspektivisch soll der Neubau einer fünfzügigen Kita am Heidepark der Betreuungssituation in der Gemeinde einen Schub verleihen und sie zukunftsfest machen. Die Weichen sind nach einigem politischen Streit um den Standort gestellt, der Baubeginn steht unmittelbar bevor. „Da warten wir jetzt drauf“, sagt Tödter. Ihren Betrieb aufnehmen könnte die neue, von der Lebenshilfe Soltau betriebene Einrichtung dann voraussichtlich Ende 2025. Bis es soweit ist, gewährleistet die eingerichtete Übergangskita die Kinderbetreuung.