Landvolk kritisiert die LSV-Bewegung
Die Landwirte waren wieder unterwegs. Am Mittwochnachmittag haben sie vor dem Landtag in Hannover demonstriert und ein Forderungspapier an Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte überreicht. Darin geht es um mehr als die geplanten Steuererhöhungen beim Agrardiesel, neben der mittlerweile wieder zurückgeholten Ankündigung einer Kfz-Steuerpflicht für landwirtschaftliche Kraftfahrzeuge ein Auslöser der seit Mitte Dezember anhaltenden Bauernproteste.
Nach Angaben der Polizei nahmen rund 400 Menschen an der Kundgebung teil. Die Zahl der Traktoren habe im mittleren dreistelligen Bereich gelegen. Auch Landwirte aus dem Heidekreis, darunter auch Landvolk-Mitglieder, waren mit Schleppern in der Landeshauptstadt dabei – wie viele, könne er nicht sagen, sagt Henrik Rump, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbands Lüneburger Heide. Denn die Aktion war nicht vom Landvolk initiiert, sondern von Land schafft Verbindung (LSV), einer 2019 gegründeten deutschlandweiten Bewegung von Landwirten jenseits der traditionellen Interessenvertretungen. Auch wenn es nicht ihre Aktion sei, unterstütze das Landvolk sie grundsätzlich. „Wir distanzieren uns aber zum Teil von den Forderungen und dem Vorgehen“, hatte Rump im Vorfeld gesagt (BZ von Mittwoch). Gleichwohl wolle man ins Gespräch mit diesen Berufskollegen kommen, wenn möglich, Einfluss nehmen, mäßigen, um Eskalationen zu vermeiden. Das sei nicht ganz einfach, was an der LSV-Struktur liege. Deren Kommunikation findet größtenteils über die sozialen Medien statt, Aktionen werden beispielsweise über Whats-App-Gruppen abgesprochen. In dieser Woche habe es ein Treffen mit hiesigen LSV-Sympathisanten gegeben. Weitere sollen folgen.
Eine Eskalation würde den eigenen Zielen schaden
„Hier im Heidekreis ist kein Mist auf Autobahnen abgeladen worden“, verweist Rump auf eine Eskalation, die der LSV zugeordnet wird. Der Protest hier sei in geregelten Bahnen abgelaufen, was Akzeptanz und Unterstützung bei der Bevölkerung finde. „Wir distanzieren uns von kriminellen, gesetzwidrigen Aktionen. Das würde unseren Zielen nur schaden.“ So sieht es auch Dierk Brandt. Der Landwirt aus Walsrode war beim Aufkommen der LSV-Bewegung 2019 mit einigen jungen Mitstreitern einer ihrer Sprecher im Heidekreis, hat sein Engagement dort nach eigener Aussage aber bald zurückgefahren. „Wir haben beschlossen, dass wir uns zurückziehen, weil die Strukturen fehlen.“ Und es sei nicht besser geworden, findet Brandt, der sich stattdessen beim Landvolk einbringt. Er ist Vorsitzender des Landvolks Walsrode-Kirchboitzen und gehört zum geschäftsführenden Vorstand des Kreisverbands Lüneburger Heide. Die Masse der Kollegen wollten Protest in vernünftigen Bahnen, angekündigte Aktionen, „und die allerwenigsten sind AfD-Wähler“. Im Hinterkopf bleibt die Sorge vor einer Spaltung und einer Radikalisierung der Nichtorganisierten. „Wir wollen keine Verhältnisse wie in Frankreich“, sagt Rump, auch wenn er einräumen muss, dass die französischen Landwirte schneller ans Ziel gekommen seien. Die Regierung habe nach wenigen Tagen eingelenkt, konkrete Zusagen gemacht, um eine drohende Eskalation der Proteste abzuwenden.
Zusagen für Verbesserungen, aber keine Taten
Dieses Einlenken ohne weitere Zuspitzung erwarte man nun endlich von der Bundesregierung. Bisher habe es nur Versprechungen von Seiten der Ampel gegeben – „Zusagen für Verbesserungen, aber keine Taten“, kritisiert Rump. Das reiche nicht. Das habe man schon zu oft gehört. Die Rücknahme der Steueranhebung für Agrardiesel wäre ein Zeichen für den Einstieg in ernsthafte Gespräche über weitreichende Veränderungen in der Agrarpolitik, meint Rump. Sonst drohe ein Verschärfung der Gangart. Aber, auch das weiß er, es sei schwierig, hier einen Kompromiss zu finden, bei dem beide Seiten das Gesicht wahren können.