„Ich habe kein Vertrauen, dass das positiv ausgeht“
Eine Stadt mit zerfallender Feuerwehr, in der gefährliche Kampfstoffe entsorgt werden – kann das dauerhaft gutgehen? Eine unangenehme Frage, der man in Munster bislang meist mit einer Floskel begegnet. Die Sicherheit sei gewährleistet, heißt es dann. Doch kann das angesichts einer zurückgetretenen Feuerwehrführung, der daraus resultierenden Absage der Stadtübung und des anhaltenden Misstrauens zwischen Stadtfeuerwehr und Bürgermeister auch für die nahe Zukunft garantiert werden? Hubertus Klenner zieht das in Zweifel und mahnt schnelle Maßnahmen an, die allen Seiten etwas abverlangen werden. Andernfalls gerate die sensible Sicherheitsarchitektur der Stadt aus den Fugen.
Klenner ist nicht irgendwer. Der heute 71-Jährige gehört zum Inventar der Feuerwehr, er bekleidete in Munster ab 2008 für rund sieben Jahre das Amt des Stadtbrandmeisters. Zwei Bürgermeister hat er in dieser Zeit erlebt, Adolf Köthe und Christina Fleckenstein. „Die waren auch nicht immer einfach“, sagt er mit Blick auf harte Auseinandersetzungen hinter verschlossenen Türen, etwa über die angemessene Ausstattung der Feuerwehr. Mal habe die eine Seite sich durchgesetzt, mal die andere. Öffentlich gestritten habe man aber nicht.
Klenner bestätigt die in Feuerwehrkreisen oft zu hörende Erzählung, dass auch der Konflikt zwischen Grube und der Feuerwehr anfangs nicht nach außen drang und erst die Ermittlungen gegen die Feuerwehrführung wegen vermeintlicher, inzwischen widerlegter Buchungsfehler das Fass zum Überlaufen gebracht hätten. Im Vorfeld des Bruchs habe es etwa Auseinandersetzungen um einen mobilen Duschanhänger für Atemschutzgeräteträger gegeben. Das gehöre alles aufgearbeitet, sagt Klenner. Gleichzeitig müsse der Blick aber nach vorne gerichtet werden. Nicht nur dem Bürgermeister, auch manchen seiner Feuerwehrkameraden rät er zum Sprung über den eigenen Schatten.
„Lösungen gibt es leider nach wie vor nicht“
„Ich habe kein Vertrauen, dass das positiv ausgeht“, erklärt Klenner und sieht perspektivisch sogar den Betrieb der Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten (Geka) gefährdet. Deren Betriebserlaubnis hänge an einer funktionierenden Schwerpunktfeuerwehr. Das Unternehmen weist Spekulationen dieser Art zurück. Stadtbrandmeister Andreas Höltmann räumt derweil eine weiterhin verfahrene Situation ein. „Lösungen gibt es leider nach wie vor nicht.“
Die Feuerwehr-Debatte werde in Munster zu emotionalisiert geführt, beklagt Ex-Stadtbrandmeister Klenner. „Man darf die Dinge nicht persönlich nehmen, es geht um die Sache", sagt er. „Einige Leute können keine Niederlagen einstecken“, fügt der Pensionär an.
„Die Sache“ ist im Falle der Feuerwehr ein besonders hohes Gut. Die Sicherheit der Bevölkerung stehe auf dem Spiel, so Klenner. „Wenn der Ernstfall eintritt, fehlen die Führungsköpfe vor Ort“, malt er ein düsteres Szenario an die Wand. Dass die Zurückgetretenen einerseits beteuern, „keine Führungsverantwortung unter diesem Bürgermeister“ mehr übernehmen zu wollen und andererseits versichern, sich der Feuerwehr und ihren Aufgaben weiter verpflichtet zu fühlen, sei ein Widerspruch, der nicht über längere Zeit durchgehalten werden könne. „Das Problem ist, dass neue Führungskräfte noch gar nicht ausgebildet sind“, beklagt der 71-Jährige.
„Die Situation ist tatsächlich sehr verfahren und wir setzen all unsere Hoffnung darauf, dass vielleicht die Gespräche mit dem Mediator noch etwas bringen und sich die Situation irgendwie zu mindestens entschärfen lässt“, sagt der amtierende Stadtbrandmeister Höltmann. Welche Wege dieser aufzeigen könnte, bleibt naturgemäß erst einmal offen. Klenner könnte sich vorstellen, dass eine neue Stelle im Rathaus helfen könnte, eine Art Bindeglied zwischen Verwaltung und Feuerwehr.
Entschuldigung erwartet
Das würde zum einen die Notwendigkeit ungefilterter Kommunikation zwischen Bürgermeister Ulf-Marcus Grube und der Feuerwehr verringern und könnte die Feuerwehr zudem bei der Bewältigung bürokratischer Aufgaben entlasten. Denn auch im Brandschutzwesen nehme die Bürokratie überhand, das sei für Berufstätige im Ehrenamt kaum noch zumutbar. „Alles muss dokumentiert werden, das ist eine große zusätzliche Belastung“, weiß Klenner. Angesichts der hohen Inanspruchnahme sei es besonders schwer zu verkraften, wenn vom Stadtoberhaupt eher Misstrauen und Kritik als Lob komme, so Klenner. Feuerleute bräuchten „ein leichtes Klopfen auf die Schulter statt einen öffentlichen Tritt in den Hintern“, bringt er es auf den Punkt. Denn trotz mancher Kritik auch an den eigenen Leuten, sei für ihn klar, dass der Hauptverantwortliche für den aktuellen Konflikt im Rathaus sitze. Vom Bürgermeister erwarte er „eine riesengroße Entschuldigung“. Sein bislang geäußertes Bedauern sei unzureichend.
Am Freitag trat die Ortswehr Munster zusammen und ließ sich vom Stadtbrandmeister Höltmann über die Situation informierte. Ein Gespräch dazu war am gestrigen Montag nicht möglich. Derzeit wisse er nicht, „was ich als Erstes machen soll, aufgrund der aktuellen Lage“, so Höltmann. „Aber eines möchte ich deutlich betonen: Die Mitglieder der Einsatzabteilung der Ortswehr Munster setzen nach wie vor alles daran, dass die Einsatzbereitschaft der Schwerpunktfeuerwehr erhalten bleibt, sie sind sich der Garantenstellung gegenüber der Munsteraner Bevölkerung bewusst.“ Trotz aller Widrigkeiten würden der Dienstbetrieb durchgeführt, notwendige Unterweisungen und Prüfungen fänden weiter statt. „Alle Einsätze seit den Rücktritten der Führungskräfte wurden souverän abgearbeitet.“