Klare Mehrheit, schlechte Aussichten
Nach 70 Minuten war der Tagesordnungspunkt abgehakt, der Haushalt 2025 des Landkreises mit tiefroten Zahlen beschlossen, mit einem Defizit von 28 Millionen Euro und einer Neuverschuldung von 39 Millionen Euro. Mit breiter Mehrheit stimmten die anwesenden Mitglieder des Kreistags bei ihrer Sitzung am Freitagnachmittag in Behringen für das von Landrat Jens Grote ausführlich beschriebene Zahlenwerk mit 630 Seiten.
Vier Enthaltungen zählte die Vorsitzende Silke Thorey-Elbers (CDU) – von der dreiköpfigen AfD-Fraktion und von Franka Strehse (SPD, Neuenkirchen). Aus Neuenkirchen kam auch die einzige Gegenstimme, von Wilhelm Lindenberg. Wie bereits zwei Wochen zuvor bei der Verabschiedung des Gemeindehaushalts im Sticht votierte der FDP-Kreistagsabgeordnete als Einziger mit Nein. Seine Begründung: „Wir können uns das, was wir beschließen, nicht leisten.“ So wie Lindenberg dachten wohl die meisten Kreistagsmitglieder, vielleicht alle. Doch sie sahen keine Alternative. „Wir haben keine andere Wahl“, brachte es Grünen-Sprecher Carsten Gevers auf den Punkt. „Es muss ja weitergehen“, war eine andere Aussage in den Stellungnahmen, in denen es durchweg gute Kritiken für die Verwaltung bei der Zusammenstellung und Präsentation der Zahlen sowie ausdrückliches Lob für die Arbeit des Landrats gab.
Als äußerst angespannt beschrieb Grote die Finanzlage auf allen staatlichen Ebenen, einschließlich der kommunalen. Die Zeit der positiven Jahresergebnisse ist vorerst vorbei. Für das noch zwei Wochen laufende Haushaltsjahr wird ein Defizit von 13,7 Millionen Euro erwartet.
Im 2025er-Ergebnishaushalt, wo es gegenüber dem ersten Entwurf noch eine Verbesserung um rund vier Millionen Euro gegeben hat, verbleibt eine Lücke von 28,25 Millionen Euro, trotz einer Anhebung der Kreisumlage – „die einzige verbliebene Einnahmequelle des Landkreises“ – um sechs Prozentpunkte auf 55 Prozent. Das sind drei Punkte mehr als den Städten und Gemeinden vor einem Jahr angekündigt wurde. Und dabei werde es nicht bleiben: „Die zusätzlichen Finanzbedarfe des Landkreises erfordern eine weitere Erhöhung.“ Avisiert werde in den Folgejahren bis 2028 jeweils ein Punkt mehr auf dann 58 Prozent.
Belastungen werden an die Bürger weitergegeben
Grote beklagte, dass immer mehr Aufgaben mit steigenden Standards von der kommunalen Ebene ausgeführt werden müssten, sie dafür jedoch keine hinreichende Finanzausstattung von Land und Bund erhielten, zum Beispiel die Finanzierung der Kindertagesstätten. Da erhöht der Kreis den Zuschuss um 6,4 Millionen auf 20,5 Millionen und bis 2028 sukzessive auf 25,5 Millionen Euro. Das Geld holt er sich größtenteils über drei Punkte bei der Kreisumlage von den Städten und Gemeinden wieder zurück, die ihrerseits die Belastungen durch höhere Grundsteuern an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben müssen.
Als weiteren Grund der Schieflage nannte er die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Im laufenden Jahr muss die vom Landkreis auszugleichende planmäßige Unterdeckung von neun auf elf Millionen erhöht werden. Von einem Zuschussbedarf in gleicher Höhe geht er auch 2025 aus. Hier handele sich nicht um eine kommunale Aufgabe, da grundsätzlich der Bund die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser sicherzustellen habe. Doch auch hier: „Leider sind keinerlei Regelungen des Bundes in Sichtweite.“
Bei der Haushaltsaufstellung sei nach den Mittelanmeldungen alles auf den Prüfstand gestellt, sprichwörtlich jeder Euro umgedreht worden. Der Etat könne 2025 durch die in den Vorjahren angehäufte Überschussrücklage in Höhe von 49,7 Millionen Euro – „Buchgeld“ – rechnerisch noch ausgeglichen werden. Dann wird es schon knapp. Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht signifikant ändern, geht Grote davon aus, dass die Rücklage 2027 „abgearbeitet“ sein wird. Das bedeute, „dass die dauernde Leistungsfähigkeit im Ergebnishaushalt in drei Jahren nicht mehr darstellbar sein wird“. Dennoch ist Grote zuversichtlich, dass es eine Genehmigung geben wird, da das Innenministerium angekündigt habe, bei der Bewertung der kommunalen Haushalte die Unterstützungsleistungen für die Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen und zudem erforderliche Investitionen in kommunale Pflichtaufgaben grundsätzlich zu genehmigen.
„Nichts zu tun wäre keine Alternative“
Auch wenn er sich lieber eine auskömmliche Finanzausstattung von Bund und Land wünschen würde, sehe er dadurch die Finanzierung der notwendigen eingeplanten Investitionen für die Schulen, Förderung Kita-Ausbau, für Straßen- und Radwegebau sowie für Breitbandausbau und den Neubau des Heidekreis-Klinikums sichergestellt – „notwendige Zukunftsinvestitionen, die dem Pflichtbereich zuzuordnen sind“, so Grote. „Nichts zu tun wäre daher keine Alternative.“
Das Investitionsprogramm sieht für 2025 Auszahlungen mit einem Volumen von 70,6 Millionen Euro vor, 296 Millionen Euro bis 2028, die nach Abzug von Fördermitteln über Kredite finanziert werden müssen, was die Verschuldung entsprechend ansteigen lässt. Bis Ende 2028 wird sie nach derzeitiger Berechnung die Marke von 300 Millionen Euro durchbrechen. Fast eine Verdoppelung. 68,6 Millionen Euro sind 2025 für den Hochbau vorgesehen, fast ausschließlich für Schulen.
Trotz der zuvor ausführlich beschriebenen schlechten Rahmenbedingungen war Grote, der am Ende seines 25-minütigen Rundumschlags um Zuversicht bemüht: Zur Abstimmung stehe ein Haushalt, der es trotz knapper Mittel ermögliche, „in eine gute Zukunft für unsere Einwohnerinnen und Einwohner zu im Heidekreis und vor Ort in den Städten und Gemeinden zu investieren. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass die finanziellen Lasten auch zukünftig ausgewogen verteilt werden. Mit vereinten Kräften und klugen Entscheidungen sollten wir es schaffen, dass unser Heidekreis zusammen mit den Städten und Gemeinden ein l(i)ebenswerter Ort bleibt.“
Die Eckdaten des Kreishaushalts 2025
– Kreisumlagehebesatz: 55 Prozent (bisher 49); – Ergebnishaushalt: Erträge insgesamt: 438,12 Millionen Euro, Aufwendungen: 466,38 Millionen Euro, Jahresergebnis: -28,25 Millionen Euro; – Kredite: 46,63 Millionen Euro; – Tilgung: 9,54 Millionen Euro; – Neuverschuldung: 39,1 Millionen Euro; –Voraussichtlicher Schuldenstand 31. Dezember 2024: 169,3 Millionen Euro; – Verpflichtungsermächtigungen: 21 Millionen Euro.