Soltau setzt auf künstliche Intelligenz
Millionen Akten und sonstigen Schriftverkehr hat die Stadt Soltau seit nunmehr gut 30 Jahren digital erfasst, Papiere, die bis 1946 zurückreichen. Jetzt ist die Verwaltung erstmals in der Lage, diese nicht nur bei Bedarf aufzurufen und zu bearbeiten, sondern sie auch themenspezifisch zusammenzufassen, sie in Sekundenschnelle durchsuchen, auswerten und einordnen zu lassen – dank künstlicher Intelligenz (KI).
Sofia, der schlaue Partner
Die Stadt Soltau ist nach eigenen Angaben die einzige Verwaltung in Deutschland, die bei der internen Arbeit KI einsetzt. Partner ist dabei der Chatbot Sofia, eine Version des Open-AI-Programms Chat GPT. Sofia steht als Kurzform für „Soltau findet immer alles“, die sich der zuständige Fachgruppenleiter Thomas Körtge mit einem Augenzwinkern ausgedacht hat.
Wichtiges Wissen erhalten
Weniger mit Augenzwinkern geht es dem Leiter Zentrale Dienste der Stadtverwaltung aber um die ernsthafte und praktische Nutzung der Technologie. „Wir haben viel digitalen Kontext und können uns diesen nun im eigenen Rathaus erschließen“, so Körtge.
Es gehe darum, die Verwaltung angesichts des Ausscheidens vieler Mitarbeiter aus der Zeit der geburtenstarken Jahrgänge und des anhaltenden Fachkräftemangels so voranzubringen, dass sie weiter dem öffentlichen Gemeinwesen dienen könne.
Das betont auch Soltaus Bürgermeister Olaf Klang. Der Einsatz der künstlichen Intelligenz habe nicht das Ziel, Menschen zu ersetzen. Sondern es gehe um bestimmte Tätigkeiten, in der die KI mit der Recherche in der hauseigenen Datenbank schnell und sicher unterstützen kann. Dabei sei ihm wichtig, dass die Datensicherheit gewährt bleibe, nicht jeder auf alle Daten zugreifen kann.
„Es ist der Schlüssel zu allen Aktenschränken“, erklärt Körtge das System, das Soltau gemeinsam mit zwei Firmen aus Hamburg und Hannover umsetzt. Sofia, der technische Assistent, kann komplexe Zusammenhänge verstehen, bewerten und entsprechende Fragen beantworten.
Das Wissen von morgen gestalten
„Mit dem Wissen von gestern können wir das Wissen von morgen gestalten“, sagt Körtge. Dabei grenze man sich bewusst nach außen ab. Denn auch wenn die Digitalisierung der deutschen Verwaltung bundesweit ein großes Thema ist: Der Gesetzgeber mache durch unzählige Vorschriften die Umsetzung von Onlinediensten nach außen für die Bürger und die Wirtschaft so kompliziert, dass Verwaltungen auch nach 20 Jahren eGovernment nicht wesentlich weiter gekommen seien.
Um das interne KI-System noch weiter voranzubringen, sollen die eigenen validen Akten nun um Gesetze, die in Brüssel, Berlin oder Hannover verabschiedet wurden, ergänzt werden. So habe man eine echte Chance, Bürokratie abzubauen und zügig ins Handeln zu kommen, so Körtge. „Wir suchen nicht mehr in den Akten, sondern wir stellen die richtigen Fragen.“
Keine Akten im Büroschrank
Im Verhältnis zu den Einwohnern hat Soltau das kleinste Rathaus, erklärt Thomas Körtge. Dass das Gebäude dennoch nicht aus allen Nähten platzt, ist auch der von ihm seit gut 30 Jahren vorangetriebenen Digitalisierung zu verdanken. Akten gebe es in den Büroschränken keine mehr, alles werde eingescannt und digital verarbeitet.
„Man kann Geld in Beton investieren oder in die moderne Technologie“, erklärt Körtge. Soltau habe auf die Digitalisierung gesetzt, biete jetzt attraktive, mobile Arbeitsplätze. Körtge selbst geht demnächst in den Ruhestand und ist sich sicher, seinen Nachfolgern eine gute, zukunftssichere Arbeitsgrundlage zu hinterlassen. at