Neues Dach für 350 Jahre alten Treppenspeicher

Vertreter von Stadt, Landkreis, der Leader-Region, den bauausführenden Firmen und des Heimatbundes weihen gemeinsam mit Robert Hollmann (vorn) den Treppenspeicher nach der Sanierung ein. 350 Jahre alt ist nicht nur das Gebäude, sondern wohl auch der Schlüssel. Foto: at

Vor gut 350 Jahren wurde der Treppenspeicher des Heimatbunds erbaut. Vor 50 Jahren wurde er vom Hof Meyer in Mittelstendorf an die heutige Stelle in Breidingsgarten in Soltau versetzt. In diesem Frühjahr bekam er ein neues Reetdach und eine neue Außentreppe. Jetzt wurde das Projekt offiziell übergeben.

Rund 32000 Euro hat die Sanierung des historischen Gebäudes gekostet. Finanziert wurde sie hauptsächlich aus Leader-Mitteln der Europäischen Union, Soltau liegt im Gebiet der Leader-Region Hohe Heide. Zudem übernahmen Landkreis, Stadt und Verein die Co-Finanzierung.

Sanierung erst mit Förderung möglich

Seit Jahren schon ist das Dach des Gebäudes sanierungsbedürftig. Um die Nässe draußen zu halten, wurde der First provisorisch mit einer Plane abgedeckt. Die Kosten für eine Erneuerung aber schreckten den Heimatbund ab. Schließlich fanden im Mai 2022 erste Gespräche mit der Stadt Soltau sowie dem Regionalmanagement Hohe Heide statt.

Vor allem die Bürokratie sei eine Herausforderung gewesen, schilderte Vereinsmitglied Jürgen Müller das Vorgehen. „Das war Neuland für uns. Da mussten wir uns durchkämpfen.“ Zum Glück habe es vom Hohe-Heide-Projektmanager viel Unterstützung gegeben. Dann ging alles recht schnell: Im September 2023 wurde der Projektantrag gestellt, im Oktober gab es grünes Licht vom Amt für regionale Landentwicklung (ArL). Der Landkreis erteilte zudem die denkmalrechtliche Genehmigung.

Schließlich wurden für jedes Gewerk drei Angebote eingeholt. Im Februar starteten die Baumaßnahmen mit dem Abriss des Reetdaches, knapp einen Monat später war das Projekt umgesetzt und im Mai abgerechnet, war Müller stolz. Nur einen Wermutstropfen habe es gegeben. So seien im Zuge der Abrechnung die Fördermittel für die Co-Finanzierung des Landes zurückgenommen worden. „Sonst wäre die öffentliche Förderung zu hoch gewesen. Daher wurde die des Landkreises mit der des Landes verrechnet.“ Letztlich habe das in die Vereinskasse ein Loch gerissen und dem Heimatbund „wehgetan“, so Müller.

Im Frühjahr wird in drei Wochen der Treppenspeicher saniert. Foto: Heimatbund

Heimatbund- und Speichergeschichte eng verknüpft

Vorsitzender Robert Hollmann verknüpfte die Geschichte des Treppenspeichers eng mit der des Heimatbunds selbst. 1971 gab es den ersten Pachtvertrag für das bäuerliche Anwesen in Breidingsgarten – geschlossen mit der Firma Carl Breiding & Sohn. Der Treppenspeicher wurde 1972 durch die Mitglieder des Technischen Hilfswerks in Mittelstendorf abgebaut und 1973 an der heutigen Stelle wieder errichtet.

Vor allem in Bild gerückt wurde er seit den 1980er-Jahren bei den Backofenfesten. Bis 2019 fanden sie regelmäßig statt. Für Hollmann steht fest, dass die Tradition rund um den Treppenspeicher auf die ein oder andere Art im kommenden Jahr wieder aufleben soll.

Fiona Lonsing wurde die Reetdachdeckerei in die Wiege gelegt. Noch ist sie in der Ausbildung, aber ihren Meister hat sie schon fest im Blick. In diesem Frühjahr half sie beim Eindecken des Treppenspeichers in Breidingsgarten. Foto: Heimatbund

Dachdecker-Azubi deckt Speicherdach mit

„Auf dem First hab ich gesessen.“ Fiona Lonsing zeigt am Treppenspeicher in Breidingsgarten in Soltau nach oben. Schwindelerregend ist die Höhe vielleicht nicht, aber auf dem Dach herumzuspazieren auch nicht alltäglich.

Die 26-jährige Schneverdingerin ist ausgebildete Steuerfachfrau und mittlerweile Dachdecker-Azubi im zweiten Lehrjahr im Familienbetrieb. Und als solche verbietet sich Höhenangst sowieso. Aber auch schon von früher kann sich sie nicht erinnern, mit der Höhe Probleme gehabt zu haben. Da wurde sie als Cheerleaderin hoch durch die Luft gewirbelt.

Wie ihr Vater, so ist auch sie eine Quereinsteigerin in die Dachdeckerei, genauer gesagt: die Reetdachdeckerei. Er war erst Ofensetzer, dann im Einzelhandel tätig und hat schließlich den Betrieb Lonsing in Schneverdingen mitgegründet. Jetzt macht es ihm seine Tochter nach: Nach der Arbeit im Büro war zwar der Kopf erschöpft, nicht aber der Körper. Jetzt sei es genau richtig, sagt die Handwerkerin. Und ja, sie werde durchaus als Frau bei der Arbeit ernst genommen.

Drei Wochen dauern die Arbeiten

Die Dachdeckerin half im Frühjahr drei Wochen lang, das Dach des Treppenspeichers neu einzudecken. 350 Jahre alt ist das Gebäude. Das bisherige Reetdach war gut 50 Jahre alt und durch umstehende Bäume so arg in Mitleidenschaft gezogen, dass der Regen durchtropfte. Um es abzudichten hatte der Heimatbund auf dem First eine Plane ausgebreitet, bis sich die Dachsanierung mit Hilfe von EU-Fördermitteln endlich umsetzen ließ.

Für den Heimatbund Soltau ist der Erhalt des historischen Bauwerks ein Herzensprojekt, das genau zu den Zielen passt, die auch schon Anfang der 1950er-Jahre zur Gründung des Vereins für den gesamten Altkreis angestrebt wurden. Es ging um das Bewahren der Heimatgeschichte, von bäuerlichen Anwesen und bäuerlichem Wissen, von Maschinen und der Art des Wirtschaftens sowie um den Austausch mit den Menschen vor Ort.

Heidehofkapelle steht seit 1973 auf heutigem Heide-Park-Gelände

Zunächst gab es sogar Pläne für ein Museumsdorf im Soltauer Forstort Sibirien. Doch die Umsiedlung des Brümmerhofs bei Moide gelang nicht, jetzt ist das Anwesen ein Hingucker im Freilichtmuseum Hösseringen. „Die Gründe, warum das Projekt fehlgeschlagen ist, sind heute nicht mehr ermittelbar“, sagt Heimatbund-Vorsitzender Robert Hollmann.

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Und so wurde auch die Heidenhofkapelle nicht dort aufgebaut, sondern 1973 auf dem Gelände des Wildparks. Sie gehört noch immer dem Heimatbund und ist heute ein Ort der Besinnung im Heide-Park.

Dennoch ist viel passiert seit der Gründung. Aus der Taufe gehoben wurde zum 10-jährigen Bestehen der „Binneboom“ als Publikation für Heimatgeschichtliches. 1966 wurde das alte Superintendentenhaus an der Poststraße 11 angemietet, heute bekannt als Heimatmuseum.

Auch der Gedenkstein zur Erinnerung an die Schlacht auf der Soltauer Heide in Wieheholz geht auf den Heimatbund zurück. Wie die Umsetzung des Treppenspeichers von Mittelstendorf in Breidingsgarten.

Auf die nächsten 350 Jahre: Das Reetdach ist neu, genau wie die Treppe. Ansonsten steht der alte Speicher sicher in Breidingsgarten. Foto: at

Charakteristisches Nebengebäude

Solch ein Treppenspeicher, so erklärt Hollmann, sei ein für die Lüneburger Heide charakteristisches Nebengebäude. Dort werden Waren gelagert, in das Obergeschoss gelangt man über eine außen am Giebel angebrachte Treppe. Der Bau des Speichers erforderte großes handwerkliches Geschick des Zimmermeisters. Weil er komplett aus Holz bestehe, sei der Innenraum trocken und so dicht „verbohlt“, dass Waren wie Buchweizen und Speck selbst vor Mäusen sicher gewesen sein sollen.

Solche Speicher wurden früher in Sichtweite, aber mit Abstand zum Haupthaus errichtet. Im Falle eines Brands sollte das Feuer nicht auf das gelagerte Gut übergreifen. Oft diente der Speicher sogar als Schlafplatz für die Knechte.

Der Treppenspeicher in Breidingsgarten mit dem neuen Dach aus chinesischem Schilfrohr – dieses erfüllte die erforderliche Halmendichte – sowie Heidekraut auf dem First, diente für die Backofenfeste des Heimatbunds als Lagerraum für den Bäcker, aktuell ist eine Sammlung von Bienenkörben zu bestaunen. Im Obergeschoss wurden archäologische Funde gelagert, die mittlerweile an das Museum Bad Fallingbostel abgegeben wurden.

Nach langen Jahren mit vielen Besuchern sind manche Angebote des inzwischen auf das Soltauer Gebiet beschränkten Wirkens des Heimatbundes schwierig durchzuführen. „Auch die Mitglieder werden nicht jünger“, erklärt Hollmann.

Wagenremise ist nächstes Sorgenkind

Gleichwohl ist er hoffnungsfroh, denn es gebe einige engagierte Neumitglieder, die gut mitarbeiteten. Nächstes Sorgenkind auf dem Gelände Breidingsgarten ist übrigens die Wagenremise. Sie neige sich schon bedenklich nach vorn.

Auch für Fiona Lonsing geht die Arbeit nicht aus, wie sie erzählt. „Das ist ein sicherer Job“, es gebe genügend Bauten, die ein neues Reetdach benötigten. Auch im Heidekreis. Noch steckt sie mitten in der Ausbildung.

Ihre Prüfung will sie auf einem Hartdach absolvieren und danach noch den Meister anhängen. Geplant sei, den Betrieb in Schneverdingen mit ihrem Bruder einmal gemeinsam zu führen. Und, das gibt sie am Ende noch mit auf den Weg, Auszubildende werden dringend gesucht.