Kulturpflanze oder Unkraut? Wie KI auf dem Acker hilft

Stroboskoplampen, die für Helligkeit sorgen, sechs hochauflösende 3-D-Kameras und 156 Spritzdüsen, die punktgenau Pflanzenschutzmittel ausbringen – unter diesem unscheinbaren Ackergerät befindet sich jede Menge Technik. 

Künstliche Intelligenz (KI), lernende Systeme, die sich selbstständig (weiter-)entwickeln, ist auf dem Vormarsch. Sie werde die Gesellschaft verändern und insbesondere die Arbeitswelt revolutionieren, sagen Experten und sprechen zum Beispiel von der Landwirtschaft der Zukunft als Bauernhof 4.0. Aber vieles befindet sich noch im Erprobungs- und Versuchsstadium, ist längst nicht praxisreif. Doch es sind schon KI-Lösungen auf dem Markt, zum Beispiel beim Pflanzenschutz.

Wie die digital gesteuerte Feldspritze, abgeschirmt von einer Schutzplane gegen Helligkeit und Witterungseinflüssen, arbeitet, bekomme man nicht zu sehen, erklärt Maiko Witte von der Agravis-Landtechnikgenossenschaft in Uelzen. Witte ist kein gelernter Landmaschinenmechaniker, was bei der heutigen Landtechnik ohnehin schon eine anspruchsvolle Ausbildung erfordert, sondern Kommunikationselektroniker. Bei der Agravis, die auch im Heidekreis mehrere Filialen mit angeschlossener Werkstatt betreibt, leitet er ein fünfköpfiges Smartfarming-Team, das sich auf den Einsatz von KI in der Landwirtschaft fokussiert hat. In diesem Fall das Produkt eines Schweizer Herstellers, das den Einsatz von Pflanzenschutz minimieren soll.

Stroboskoplampen erzeugen ein wahres Blitzlichtgewitter und sorgen für Helligkeit, damit sechs mit je einer hochauflösenden 3-D-Kamera ausgestattete Kamerasysteme Bilderfolgen in einer riesiger Datenmenge vom Ackerbewuchs anfertigen können. Das System erkennt daraus, was wertvolle Kulturpflanze ist und was ungewünschtes Beikraut. Innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheidet der Computer, was eliminiert werden soll, wo Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden muss. Aber nur dort. Am Gerät sind 156 Spritzdüsen in einem Abstand von jeweils sechs Zentimetern angebracht. Bei einer gebräuchlichen Feldspritze beträgt der Abstand etwa 50 Zentimeter.

Die Anbaufeldspritze ARA hat eine Arbeitsbreite von sechs Metern, eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu sieben Stundenkilometern und ermöglicht eine Flächenleistung von vier Hektar pro Stunde. Gängige Feldspritzen mit einer Arbeitsbreite von über 30 Meter schaffen ein Vielfaches, ihr Einsatz ist aber witterungsabhängig. Wie ein Rasenroboter kann dagegen das KI-gesteuerte Gerät rund um die Uhr eingesetzt werden, vorausgesetzt, es steht ein Fahrer für den Traktor bereit. Es ist ein komplettes System mit Doppeltank und kann sowohl tagsüber als auch nachts eingesetzt werden – unabhängig von den Witterungsbedingungen.

Landwirtschaft der Zukunft

Smart Farming, Digital Farming oder e-Farming – im deutschsprachigen Raum als Landwirtschaft 4.0 oder Bauernhof 4.0 bekannt – bezeichnet den modernen Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Landwirtschaft. Der Begriff umfasst eine große Teilmenge von digitalen Verfahrenstechniken im Rahmen der Digitalisierung in der Landwirtschaft. Unter Precision Farming wiederum versteht man die zielgerichtete Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen. Ziel des „Präzisionsackerbaus“ ist es, nicht den gesamten Acker pauschal zu bewirtschaften, sondern die Unterschiede des Bodens und der Ertragsfähigkeit innerhalb eines Feldes zu berücksichtigen. bz/vo

Reinhard Vorwerk