Wenn der Kredit von der KI abhängt

Künstliche Intelligenz ist schon heute im Finanzwesen ein fester Faktor. Was macht die Konkurrenz, ist das Verhalten eines Menschen am Geldautomaten auffällig, gibt es den neuen Kunden überhaupt unter der von ihm angegebenen Identität? Solche Fragen werden zum Teil schon heute auch mittels KI beantwortet.

Die Digitalisierung der Wirtschaft ist weit vorangeschritten – so weit sogar, dass Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt wird. Unter KI ist die Entwicklung von Computersystemen und Algorithmen zu verstehen, die in der Lage sind, Aufgaben auszuführen, die im Normalfall menschliche Intelligenz erfordern. Laut einer aktuellen Konjunkturstudie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (IFO) zum Thema KI setzen bereits 13,3 Prozent der Unternehmen in Deutschland KI ein und weitere 9,2 Prozent planen den Einsatz aktuell. Dem gegenüber haben 40,8 Prozent der Unternehmen für sich entschieden, dass der Einsatz von KI derzeit kein Thema sei.

Als besonders attraktiv und sensibel zugleich gilt der Einsatz von KI im Finanzdienstleistungsbereich. Kann mittels künstlicher Intelligenz Geld gewinnbringend angelegt werden? Tatsächlich wurde mit dem Fonds AI Powered Equity ETF (Ticker AIEQ), ein 102 Millionen Dollar schwerer Fonds aufgestellt, der im Januar 2023 eine Rendite von 9,9 Prozent erzielt hat, verglichen mit 4,7 Prozent für den vergleichbaren S&P 500 Total Return-Index. AIEQ setzt auf Datenmasse und bewertet rund um die Uhr auf der Watson-Plattform von IBM mehr als 6000 börsennotierte Unternehmen in den USA. „Dabei werden regulatorische Unterlagen, Nachrichten, Managementprofile, Stimmungsindikatoren, Finanzmodelle, Bewertungen und mehr ausgewertet“, berichtet das Handelsblatt. AIEQ kann Bestände und Expositionsniveaus schnell ändern und gilt dadurch den Analysten als Stimmungsbarometer.

Doch nicht nur die großen Vermögensverwalter setzen KI ein. Auch für die Kreissparkassen und Volksbanken im Heidekreis ist KI ein Thema. „Wir sehen vielvielfälltige Anwendungsmöglichkeiten für die Zukunft, zum Beispiel um interne Geschäftsprozesse effektiver zu gestalten und die Informationsbeschaffung zu vereinfachen, das wird unseren Mitgliedern und Kunden einen noch besseren und schnelleren Service bieten“, berichtet etwa André Pannier von der Volksbank Lüneburger Heide. Man sehe in der KI insgesamt ein großes Potenzial. Die Stellungnahme bleibt hinter der Realität sogar noch deutlich zurück, wie der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) klarmacht. Der Verband verfolgt das Thema für seine Mitgliedsinstitute besonders intensiv. Demnach sind bereits KI-Anwendungen umgesetzt im Vertrieb bei den Themen Personalisierung, Vertriebsanalysen und Chatbots. Zudem im klassischen Bankenbetrieb durch Prozessautomatisierung und im Bereich des Datenmanagements sowie in der Steuerung von Betrugserkennung, Identitätsüberprüfungen von Kunden zur Vorbeugung gegen Geldwäsche und in der besonders sensiblen Kreditvergabe. KI-basierte Anwendungen gebe es zudem in der Beobachtung der Konkurrenz, der externen Kommunikation und über Agenturen auch im Bereich der Werbemittelerstellung, wie der BVR gegenüber der Böhme-Zeitung mitteilt. „Der nächste Schritt wäre, diese zu skalieren und bundesweit einheitlich einzusetzen“, will der BVR laut Verbandssprecher Steffen Steudel über Einzellösungen hinauskommen. Steudel gibt auch noch einen Einblick in künftige denkbare Anwendungen. So könnte KI den Banken von sich aus Impulse und strategische Empfehlungen geben, aber von den Mitgliedsbanken aus auch eine Weiterentwicklung für konkrete Anwendungen initialisiert werden. Und Risiken? „Das größte Risiko ist auch hier der Fachkräftemangel, da es nicht so viele KI-Experten gibt wie Banken benötigen“, so Steudel.

Auch bei den Sparkassen gibt es ganz praktische Anwendungen von KI. So setzt etwa die Sparkasse Zweibrücken künstliche Intelligenz am Selbstbedienungsbereich einer Filiale ein. So soll die KI lernen, auffälliges Verhalten von Kriminellen zu erkennen. Demnach scannt die KI Personen und registriert Besonderheiten an Kleidung, und auffälliges Verhalten etwa vor dem Geldautomaten. Bei Bedarf soll die KI auch Kundinnen oder Kunden ansprechen und diese sogar bitten, den Motorradhelm abzunehmen. „Auch ein Alarm kann von der KI ausgelöst werden“, so der Südwestrundfunk (SWR) über das bundesweite Pilotprojekt.

Wir sehen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die Zukunft
— André Pannier Volksbank Lüneburger Heide

Und auch das angemessene und wirkungsvolle Risikomanagement, zu dem Banken gesetzlich verpflichtet sind, kann mittels KI gute Ergebnisse erzielen. Was im Detail erlaubt ist und was nicht regelt unter anderem die Aufsichtsbehörde Bafin. Nach den in einem Prinzipienkatalog von 2021 festgelegten Regeln müssen Algorithmusergebnisse von menschlichen Beschäftigten interpretiert, das heißt kontrolliert werden. Nicht ausreichen soll dabei die bloße Freigabe eines von der KI berechneten Ergebnisses. Zum Risikomanagement gehört auch das Erkennen von etwaiger Geldwäsche. So soll ein sogenanntes Sanktionsscreening Transaktionen mit Embargos abgleichen. Die Bafin hat damit unabdingbare Banden abgesteckt, über die hinaus KI nicht eingesetzt werden darf. Der Mensch soll dem Regelwerk nach die Kontrolle behalten - und sie auch aktiv nutzen.

Nach den Bafin-Regeln müssen aber auch Notfallpläne etabliert sein, um im Falle von Problemen mit der KI den Geschäftsbetrieb mit menschlichem Geist aufrechterhalten zu können. Das Regelungspapier der Bafin ist öffentlich: https://kurzelinks.de/7nv0.

Bernhard Knapstein