Noch einmal Optimismus vor dem Start
Die lang geplante und aufwendig vorbereitete Sanierung des mit giftigen Kampfstoffen belasteten „Dethlinger Teichs“ steht kurz bevor, im August soll der Startschuss fallen (siehe BZ vom gestrigen Freitag). Ab dann gehört die Räumstelle nordöstlich von Dethlingen den geschulten Experten, die mit den Bergungsrisiken vertraut sind und wissen, wie mit Senfgas oder dem extrem ätzenden Giftgas Phosgen umzugehen ist. Mehr als 100 000 verschiedene chemische Kampfmittel sollen nach dem Zweiten Weltkrieg in der fast kreisrunden Kieselgur-Grube versenkt worden sein, die inzwischen als „Dethlinger Teich“ zweifelhafte Berühmtheit erlangt hat.
Am gestrigen Freitag nutzte Christian Meyer die Gelegenheit, die Räumstelle und die riesige Halle, unter der sich der zugeschüttete Dethlinger Teich mit seinen schätzungsweise 30 000 Granaten befindet, zu begutachten. Begleitet von einem Pressetross gab der Niedersächsische Umweltminister sich betont zuversichtlich. Er gehe „mit sehr viel Vertrauen da rein“, sagte der Grünenpolitiker angesichts der beginnenden Sanierungsphase, die durchaus Risiken für Umwelt und Menschen mit sich bringt.
In einem Worst-Case-Szenario wurde dem Minister zuvor dargelegt, dass Lost, Phosgen und Tabun austreten und die Umgebung um die Räumstelle herum in einem Radius von 800 Metern kontaminieren könnte. Landrat Jens Grote machte im Gespräch mit Meyer deutlich, dass man der Bevölkerung einiges zumute, selbst wenn ungewollte Zwischenfälle ausbleiben sollten. Große Einschränkungen im Straßenverkehr und im Alltag der Anwohner seien unvermeidbar. Die Menschen regierten gelassen, so Grote, „man kann sehr stolz sein auf die Bevölkerung hier“. Vertrauen sei da.
Das hörte Meyer gerne. Der Landespolitiker wagte schon einen Ausblick auf das Ende der Sanierung in voraussichtlich rund fünf Jahren. Auf das gute Gefühl, wenn die toxischen Kriegshinterlassenschaften fachgerecht entsorgt sind und keine Gefahr mehr darstellen, auch nicht für das Grundwasser. „Ich bin sehr froh, dass es jetzt endlich losgehen kann.“
Das Land Niedersachsen steuert 18,4 Millionen Euro zu den Sanierungskosten bei, die sich auf rund 38 Millionen belaufen. Hinzu kommen die Kosten für die eigentliche Entsorgung der Stoffe bei der in Munster ansässigen Gesellschaft zur Entsorgung chemischer Kampfstoffe und Rüstungs-Altlasten (GEKA).
Der Umweltminister ließ sich vom zuständigen Landkreismitarbeiter Friedrich-Wilhelm Otte durch die Entnahmehalle führen. Viel zu sehen gibt es im Inneren nicht. Es ist eine riesige sandige Fläche. Pumpen stehen bereit, um dem Untergrund das Wasser zu entziehen. Künftig wird man die Halle nur noch in Schutzkleidung und zeitlich begrenzt betreten können. Noch wirkt sie harmlos, wie eine überdimensionierte Reithalle.
Meyer zeigte sich ob der Ausmaße beeindruckt. Schon machten Spekulationen über eine mögliche Nachnutzung die Runde. Bis sich diese Frage ernsthaft stellt, wird noch viel Zeit vergehen. Der Umweltminister indes wird bald erneut im Heidekreis auftauchen, kündigt er zum Abschied fröhlich an. Sein Ziel wird abermals Munster sein und wieder soll es um den Beginn eines großen Projekts gehen. Diesmal im Bereich der Tiefengeothermie.