Sauerhonig statt Steakhouse
Mit Holzfällerhemd, lila Strickmütze, derben Stiefeln und Vollbart fällt Sebastian Struwe im Unverpackt-Laden von Florian Bartels überhaupt nicht auf. Es ist aber nicht nur das Image des trendigen Naturburschen, das der 38-jährige Jung-Unternehmer mit Wurzeln in Schneverdingen verkörpert. Er lebt es auch. Zusammen mit seiner Familie hat er sich den Schätzen der Natur zugewandt. Vom Streben nach Konsum und Kommerz löst er sich. „Ich will nicht mehr meine Seele verkaufen“, sagt er. Ein radikaler Sinneswandel hat sich bei ihm in den vergangenen Jahren vollzogen. „Ich identifiziere mich nicht mehr über den Job“, sagt er. Er habe gelernt Nein zu sagen, will es nicht mehr allen recht machen. Keine Überstunden mehr, sich nicht mehr aufgeben für den Beruf. Nur um sich Statussymbole wie Autos und Luxusaccessoires leisten zu können. Dass Geld allein nicht glücklich macht, ist eine Erkenntnis, die ihn nun freier durchs Leben gehen lässt. Zwischenzeitlich, ohne Job, habe er mit 50 Euro im Monat auskommen müssen. Allein hätte er die Zeit der Lebenskrise wohl nicht so gut überstanden. Ihm zur Seite stand seine heutige Frau Julia Baumann. Sie haben gemeinsam ihren neuen Lebensstil gefunden.
Traum vom eigenen Restaurant
Seine erste Karriere hat nach dem Realschulabschluss an der Kooperativen Gesamtschule (KGS) 1999 bei McDonalds in Bispingen ihren Lauf genommen. Dort absolvierte er eine Ausbildung zum Systemgastronomen. „Mein Traum war aber immer, ein eigenes Restaurant aufzumachen“, sagt er. So ist er 2003 nach Hamburg gegangen und wurde mit 23 Jahren der jüngste Filialleiter in der Balzac-Coffeeshop-Kette. Als sich ein Besitzerwechsel anbahnte, ist der gebürtige Soltauer zum Steakrestaurant gewechselt. „Für Blockhouse bin ich durch die Welt gereist“, erzählt er. Nach Kiel und Sylt ist er nach Stuttgart gezogen, um dort als Bezirksleiter die Restaurantkette voranzubringen. Verantwortung für 32 Mitarbeiter, ständige Erreichbarkeit rund um die Uhr, Budgetverantwortung, Warenkontrolle, Hygienekonzepte: Vieles lag auf seinen Schultern. Zudem wollte er Vorbild für sein Team sein und putzte, wenn es draufankam, auch die Toiletten. So kamen oft 60 Stunden in der Woche zusammen. Die Work-Life-Balance war längst aus dem Lot. Ihm wurde langsam klar, dass dies kein Leben mit Zukunft ist. Mit Kindern würde dieser Job nicht funktionieren.
"Der Sport war mein Ausgleich"
Er wechselte zu einem Personaldienstleister in Karlsruhe, vermittelte Zeitarbeit. Doch letztlich wurde der Zahlendruck stressiger als in der Gastronomie. Ein harter Einschnitt folgte nach dem Unfall mit dem Mountainbike. „Der Sport war mein Ausgleich“, sagt er. Als eine OP eine lange Auszeit zur Folge hatte, nahm er nach eigenen Angaben 30 bis 40 Kilogramm an Gewicht zu. Ihm wurde zudem klar, dass Alkohol sein ständiger Begleiter war. „Ich war als Mensch gebrochen.“ Seine Freundin riet ihm zum Entzug. Ein Klinikaufenthalt half ihm aus der Misere. Brennnessel, Bärlauch, Löwenzahn: Wildkräuter faszinieren ihn heute. Weitestgehend versuchen er und seine Frau auf industriell hergestellte Lebensmittel zu verzichten. Auf einer Reise durch Österreich entdeckte er das alternative Elixier Oxymel. Nun lässt er den Kräutersirup bestehend aus Honig von einer Imkerei aus dem Schwarzwald, Bio-Apfelessig aus Karlsruhe und einer Kräutermischung, die er direkt von seinem Freund Joseph aus dem Zillertal bezieht, selbst herstellen. Er selbst profitierte sehr davon, es wirkte sich positiv auf sein Magen-Darm-System aus und sein Immunsystem erholte sich. Positive Rückmeldungen von Freunden motivierten ihn im vergangene Jahr über ein Crowdfunding-Projekt Geld einzusammeln, so dass er im Dezember die erste Produktion in einer Manufaktur in Waldkirch in Auftrag geben konnte. Er hofft, dass es ein festes Standbein wird und er seinen Job im Verkauf eines Online-Luxusuhrenportals eines Tages an den Nagel hängen kann. Die Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln haben ihn in die Heideblütenstadt geführt. Wohl kein Zufall, dass sein Marken-Name „Blüht“ heißt. Der Unverpackt-Laden in Schneverdingen vertreibt das das alternative Heilmittel.
Oxymel mit jahrhundertealter Tradition
Oxymel ist kein geschütztes Produkt. Es heißt übersetzt Sauerhonig. Schon in der Antike waren die Heilungskräfte durch Kräuter, Honig und Essig bekannt. Die Rezeptur des Kräuterkonzentrats beruht auf einer jahrhundertalten Tradition. Je nachdem, für welche Anwendung er dienen soll, werden unterschiedliche Kräuter hinzugefügt. Sowohl Honig als auch Apfelessig werden antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben. Die Wirkung soll das Immunsystem, das Verdauungssystem, das Herz-Kreislauf-System und Nerven-System stärken können. Sebastian Struwes Oxymel gibt es in zwei Varianten: Immun beinhaltet Holunder und Topinambur und wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus. Energie hat Hagebutte mit Wildkräutern, die Vitalität schenken soll.