Kompensation zum HKK-Aus: Soltau will deutlich mehr
Während der Entwurf des öffentlich-rechtlichen Vertrags über die Nachnutzung des künftigen HKK-Altstandortes in Walsrode zumindest in dem zuständigen Fachausschuss relativ geräuschlos behandelt wurde, hat Soltau noch erheblichen Ergänzungsbedarf. Nach verschiedenen Beratungsrunden ist der Vertragsentwurf, der der Böhme-Zeitung vorliegt, von bislang knapp 5 auf 15 Seiten gewachsen und es gibt möglicherweise weiteren Ergänzungsbedarf. Teile des Stadtrats und der Verwaltung kamen dazu am Donnerstagabend zu einer Sitzung zusammen. Jetzt geht der Vertragsentwurf zunächst in die Fraktionen zur Beratung.
Mit dem geplanten Neubau des Heidekreis-Klinikums verlieren Soltau und Walsrode ihre stationären Klinikbereiche. Verwaltung und Politik insbesondere in Soltau fürchten nicht nur den Verlust der medizinischen Versorgung, sondern Auswirkungen bis hin zu gewerblichen Neuansiedlungen und Zuzug. Das Mittelzentrum Soltau geht von einem deutlichen Standortnachteil aus, der im Zuge der HKK-Planungen in Bad Fallingbostel bis zu diesem Frühjahr keine konkrete Rolle spielte.
Damals wurde deutlich, dass die Stadt Soltau tatsächlich eine Klage gegen die Neubauplanung der Stadt Bad Fallingbostel in Erwägung zieht. Es lagen entsprechende Beschlussvorlagen für den Rat auf dem Tisch. Politisch ging man allerdings nicht aufs Ganze. In mehreren größeren Runden trafen sich Landkreis, Kommunen, Klinikum und Kassenärztliche Vereinigung sowie zugeladene Experten zu Gesprächen. Die Ergebnisse sollen nun in einem öffentlich rechtlichen Vertrag münden, der die Gesundheitsversorgung und dauerhaft gleichwertige Lebensverhältnisse für die Einwohner für die Zeit nach der beabsichtigten Schließung der HKK-Standorte Soltau und Walsrode und der Inbetriebnahme des neuen Gesamtklinikums sichern soll.
Der Stadt Soltau geht es bei ihren Ergänzungen besonders darum, den Vertrag wasserdicht zu machen und weitere raumordnerisch negative Auswirkungen des Umzugs zu verhindern – und zudem die Kostenfragen zu klären.
Punkte sind unter anderem der Erhalt der ambulanten Praxen in der Böhmestadt, Alleinstellungsmerkmal Soltaus soll künftig das einzige ambulante OP-Zentrum im Heidekreis sein, Walsrode soll im Gegenzug die Pflegeschule ausbauen.
Ob der öffentlich-rechtliche Vertrag in der Dezembersitzung des Kreistags auf der Tagesordnung stehen wird, da ist die Soltauer Politik skeptisch. Der Entwurf soll zunächst in den Fraktionen beraten und gegebenenfalls ergänzt werden. Man habe keinen Zeitdruck und rechne mit einer abschließenden Vertragsversion im Frühjahr, heißt es zumindest aus den Reihen von CDU und SPD.
Ambulantes OP-Zentrum für Soltau
„Es muss ein richtig guter Vertrag werden“, sagt Soltaus SPD-Fraktionsvorsitzender Birhat Karçar zum Papier, das die Stadt gemeinsam mit Walsrode derzeit mit Landkreis, Klinikum und Kassenärztlicher Vereinigung aushandelt. Möglicherweise, schiebt er nach, dürfe man da als Soltauer auch nicht zu emotional rangehen.
Die Stadt macht in ihren Ergänzungen zum öffentlich-rechtlichen Vertragsentwurf jedenfalls sehr deutlich, dass der Landkreis mit der Entscheidung, das HKK aus dem Mittelzentrum abzuziehen und in einem Grundzentrum anzusiedeln, die Altstandorte nicht vergessen darf und weitere negative Auswirkungen des Verlusts der stationären Gesundheitsversorgung vermeiden sollte.
Die Stadt Soltau fordert zunächst ein medizinisches Gesamtkonzept für den Heidekreis, das die Zusammenarbeit zwischen dem Heidekreis-Klinikum, den Fach- und Hausärzten und den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) darstellen soll. Unstreitig ist zwischen den Parteien die Weiterentwicklung der bestehenden MVZ zu Family-Centern. Diese sollen werktäglich die hausärztliche Grund- sowie die fachärztliche Versorgung in den Bereichen Gynäkologie, Innere Medizin, Chirurgie und Pädiatrie absichern, zudem eine werktägliche ambulante unfallchirurgische Notfallversorgung sichern, die sich an den Bedürfnissen Tourismus, Arbeitszeiten, Gewerbe und Schule ausrichtet. Die Stadt strebt die Öffnungszeiten zwischen 8 und 20 Uhr an.
Soltau hat im Vertragsentwurf festgehalten, am Oeninger Weg einen Gesundheitscampus mit dem Altstandort, dem Ärztehaus und Mediclin zu entwickeln, der eng mit weiteren Fachärzten verzahnt sein sollte. Einschränkungen wünscht sich die Stadt zudem in Bezug auf ein MVZ am neuen HKK-Standort in Bad Fallingbostel. Ein medizinisches Versorgungszentrum soll nur dann dort errichtet werden dürfen, wenn es medizinisch notwendig ist und es keine negativen Auswirkungen auf die ambulante medizinische Versorgung in den Mittelzentren gibt. Unterstreitig ist weiterhin, dass das Heidekreis-Klinikum gemeinsam mit niedergelassenen Fachärzten der Region ein ambulantes OP-Zentrum in Soltaus Altstandort einrichten und betreiben wird. Das HKK wiederum soll selbst grundsätzlich keine ambulanten Operationen im Gesamtklinikum durchführen. Dafür könnte es aber eine Öffnungsklausel in dem Vertrag geben. Insgesamt sollen für alle Umbau- und Modernisierungskosten das HKK beziehungsweise der Landkreis gerade stehen.
Landkreis prüft, Aufgaben der Verwaltung zu verlagern
In Walsrode wie in Soltau sollen Räumlichkeiten für Tages- und Kurzzeitpflege geschaffen werden. Am Altstandort verbleiben soll nach Meinung Soltaus die Apotheke sowie ein kleiner Verwaltungsbereich des Klinikums. Auch der Landkreis prüft, Aufgaben der Kreisverwaltung zu Gesundheit, Soziales, Jugend und Familie dorthin zu verlagern. Weiterhin soll geprüft werden, im Krankenhausgebäude in Soltau ein Regionales Gesundheitszentrum (RGZ) einzurichten. Dieses und die Tages- und Kurzzeitpflege soll das HKK selbst betreiben oder einen Betreiber finden.
Sichergestellt will Soltau zudem die fachärztliche Versorgung in dem Mittelzentrum wissen. Dazu gehört auch, dass die vom HKK aufgekauften Facharztsitze, wie für das radiologische Versorgungszentrum am Oeninger Weg, dort dauerhaft erhalten bleiben und keine Verlagerung nach Bad Fallingbostel stattfindet. Der Aufkauf weiterer Facharztsitze soll nur nachrangig erfolgen. Die KVN soll angehalten werden, sich weiterhin für eine dezentrale ambulante fachärztliche Versorgung einzusetzen. Fest steht, dass wohl auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Dialyse am Standort in Soltau bleiben sollen.
Einen Kompromiss muss Soltau hinsichtlich des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes eingehen. Der wird voraussichtlich mit dem Start des neuen Klinikums dorthin verlagert und soll freitags von 13 bis 20 Uhr, sonnabends von 11 bis 13 Uhr und sonntags von 17 bis 19 Uhr für Patienten zur Verfügung stehen. Unstreitig ist zudem, dass sich der Heidekreis verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes weiterhin fortlaufend zu prüfen. Zudem soll sich der Landkreis für den zeitnahen Neubau einer Rettungswache in Soltau vorrangig am Oeninger Weg oder als Nachnutzung in den bisherigen HKK-Räumlichkeiten einsetzen.
Ergänzt hat die Verwaltung insbesondere das Thema der Stärkung raumordnerischer Aspekte in dem Vertrag und fordert eine regelmäßige Überprüfung der darin festgelegten Lösungen und Entwicklungsperspektiven.
Bei Nichteinhaltung wird wohl eine Vertragsstrafe fällig
Fest steht in dem Vertragsentwurf am Ende auch, dass sich Soltau verpflichtet, nicht gegen die Bauleitplanung oder das Baugenehmigungsverfahren für das neue Zentralklinikum zu klagen. Die Poltik in Soltau besteht darauf, dass bei Nichteinhaltung des Vertrag wohl auch eine Vertragsstrafe fällig werden soll. Übers Knie brechen will zumindest in der Böhmestadt niemand die Entscheidung über den Entwurf.