Steht der Weltladen in Soltau vor dem Aus?

Der Weltladen Soltau ist für Inge Schwethelm und ihre ehrenamtlichen Mitstreiter auch eine soziale Komponente. Dort trifft man sich und wird gebraucht. Für den syrischen Arzt Mohammad Ekbal Atik ist die Arbeit zudem eine Möglichkeit, sein Deutsch aufzubessern. Foto: at

Ab 2025 müssen Kirchengemeinden die Umsatzsteuer stets mitbedenken, zumindest ab Einkünften ab 17 000 Euro im Jahr. Das hat schwerwiegende Folgen: In Soltau trifft diese Regelung nun den Weltladen, deren offizieller Träger die Lutherkirchengemeinde ist.

„Der Weltladen läuft bombastisch, was nun unser Problem ist“, erklärt Kirchenvorstandsmitglied Volker Thürasch. Denn angesichts der Einkünfte stehe die Gemeinde vor einem gewaltigen wirtschaftlichen Problem. Was jetzt als Spende eingenommen wird, werde ab 2025 den Gewinnen zugerechnet. Deshalb, so ergänzt Vorstandsmitglied Anja Paterson, sei die einzige Möglichkeit, aus der Trägerschaft auszusteigen.

Den Weltladen mit fair gehandelten Produkten gibt es in Soltau seit 1989. Einen enormen Aufschwung erlebte das Geschäft seit dem Umzug in die Felto-Filzwelt mit ihren täglichen Öffnungszeiten, der Innenstadtlage und einer stärkeren Wahrnehmung der Kunden. Umso überraschter seien nun die Ehrenamtlichen, die den Weltladen führen. Sie blicken mit Sorgen in die Zukunft, fühlen sich „fallengelassen“, wie es Thürasch formuliert. Er und Paterson sagen daher klar, dass es kein böser Wille der Gemeinde sei, „sondern ein steuerliches Problem. Wir suchen nach einem Ausweg“.

Der kann relativ einfach sein: Der Weltladen könnte künftig als gemeinnütziger Verein weiter betrieben werden. „Gemeinnütziger könnte er ja gar nicht sein“, finden auch Inge Schwethelm, Elvira Baumgarten und Erwin Augstein, die zu den rund 40 Ehrenamtlichen gehören.

Doch was so einfach klingt, ist es nicht. Ein Verein braucht einen Vorstand mit Vorsitzendem, Stellvertreter und Finanzverantwortlichem. Bislang habe sich niemand gefunden, der diese Aufgabe übernehmen will. „Etliche unserer Ehrenamtliche sind über 80“, schildert Schwethelm ein Problem. Andere seien anderweitig stark eingebunden, so Baumgarten, die schon jetzt die Bücher führt.

Dass die Felto-Filzwelt den Weltladen übernehmen könnte, sei bedacht worden, aber nicht durchführbar. Der Handel würde dem Zweck der Stiftung Spiel widersprechen. Also suchen Gemeinde und Ehrenamtliche Menschen, die sich das Vorstandsamt zutrauen und dem Weltladen eine Zukunft ermöglichen. Fest steht, bis Mitte 2024 muss der Verein gegründet sein. Falls das nicht klappt, bleibe ein halbes Jahr Zeit, den Weltladen abzuwickeln. Aber das wollen weder Thürasch und Paterson noch Schwethelm, Baumgarten und schon gar nicht Augstein, der seit 25 Jahren dabei ist. „Für alle Ehrenamtlichen ist der Weltladen auch eine soziale Komponente. Man kann dorthin kommen, einen Kaffee trinken, plaudern und sich einbringen. Er ist auch für uns ein Treffpunkt“, sagt Baumgarten.

Faire Preise für die Produzenten

Tee, Kaffee, Schokolade, aber auch Schmuck, Taschen, Körbe, Schals und passend zur aktuellen Zeit Weihnachtsdekoration gehören zu den Waren des Weltladens. Es sind fair gehandelte Produkte, die den Produzenten in Entwicklungsländern faire Preise garantieren, damit sie von ihrer Arbeit angemessen leben können. 1989 begann die Arbeit in einem einfachen Raum am Gemeindehaus der Lutherkirche. 2002 zog der Weltladen in die Marktstraße in ein kleines Ladengeschäft. 2015 dann folgte der Umzug in die Felto-Filzwelt. Der Überschuss des Weltladens wird grundsätzlich gespendet. Regionale, aber auch weltweite Projekte profitieren von dem gut laufenden Geschäft. Zuletzt spendeten die Ehrenamtlichen beispielsweise Geld für eine Augenklinik in Ghana.

Anja Trappe