Einzelhandelskonzept für Soltau ist beschlossen
Der Soltauer Stadtrat brachte am Donnerstag das umstrittene Einzelhandels- und Zentrenkonzept mehrheitlich auf den Weg. Zuvor entsponn sich eine harsche Diskussion, in der sich die Fraktionen und Gruppen gegenseitig vorwarfen, mit unkorrekten Daten und Fakten zu arbeiten.
Dass es eine wenig freundliche Aussprache zum Konzept werden würde, das die Bürgerunion/FDP und die Grünen als Grundlage für die Ansiedlung eines Famila-Marktes an der Celler Straße werteten, ahnte Ratsvorsitzender Volker Wrigge (CDU) schon zu Beginn: Aber eine Demokratie, in der nicht gestritten werde, die sei keine. Ohnehin ordnete er den Tagesordnungspunkt nicht als wichtigsten der Sitzung ein, sondern die Resolution gegen Antisemitismus, die der Stadtrat mit einer Gegenstimme der AfD beschloss.
Das Einzelhandelskonzept, so Erster Stadtrat Karsten Lemke und Stadtplaner Daniel Gebelein, sei auf die gesamte Stadt ausgerichtet und von IHK und Landkreis nicht beanstandet worden. Es sei ein objektives Gutachten. Gebelein erklärte, dass die Voraussetzungen für eine Famila-Ansiedlung im Zuge der Bauleitplanung bewertet würden. Schon jetzt stehe fest, dass es Einschränkungen im Sortimentsbereich jenseits der Lebensmittel geben müsse.
Darauf verwies auch CDU-Fraktionschefin Heidi Schörken. Sie ordnete das Konzept als zukunftsweisenden Rahmenplan ein. Der Bedarf – und da schloss sie Wietzendorf mit ein – für einen weiteren Vollsortimenter sei gegeben: „Konkurrenz belebt das Geschäft.“ Dem widersprach für die Grünen Lutz Tobias. Es gebe bereits ein ausreichendes Angebot in Soltau. An der Celler Straße benötige man keinen Betonklotz. Der fördere unnötigen Verkehr und berge die Gefahr, irgendwann als Ruine leer zu stehen. Der IHG und der IG Almhöhe sollte man nicht in den Rücken fallen, forderte der Grüne.
SPD-Fraktionschef Birhat Kaçar sah Soltaus Entwicklung hinsichtlich Einwohnerzahlen, Einpendlern und Tourismus positiv, weshalb die Versorgungslücke geschlossen werden müsse. Konkurrenz durch einen Famila sah er für die Innenstadt nicht, vielmehr aber durch das neue Fachmarktzentrum. Auch er begrüßte den „gesunden Wettbewerb“. BU/FDP-Gruppensprecher Dr. Hans Willenbockel forderte dagegen, die Entwicklung des Fachmarktzentrums („Dort hat sich die Ausgangslage komplett geändert“) in das Gutachten einzuarbeiten, wie die Stellungnahmen der Gewerbetreibenden von Almhöhe und Innenstadt. Er warb für eine Verschiebung der Abstimmung. Der Antrag scheiterte mit den Stimmen von SPD und CDU, die letztlich das Konzept verabschiedeten.
Ein Weihnachtsbaum voller Elternwünsche
Von vorweihnachtlicher Stimmung war am Donnerstag in der Alten Reithalle wenig zu spüren. Dafür sorgte vor allem die Diskussion um das letztlich mit 17:14 Stimmen und einer Enthaltung verabschiedete Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Soltau. Vor vollem Haus, viele Gewerbetreibende aus der Innenstadt und der Almhöhe verfolgten die Diskussion und zollten den Rednern von BU/FDP und Grünen Beifall, diskutierte der Rat den Tagesordnungspunkt so heftig, dass an einer Stelle Ratsvorsitzender Volker Wrigge mahnte: „Ganz ruhig, bitte“.
Die Diskussion, die sich hauptsächlich um die mögliche Ansiedlung eines Famila-Marktes drehte, überlagerte fast ein anderes wichtiges Thema. Dazu waren viele Mütter teils mit Kindern gekommen: Damit Kommunalpolitik und Verwaltung hautnah erleben können, wie es sei, arbeiten zu müssen, wenn Kinder im Haus seien, ließ bei der Einwohnerfragestunde Kirsten Mangold dazu wissen.
Die Eltern der städtischen Kindergärten und da insbesondere die der Jüngsten am Berliner Platz müssen angesichts von Personalnot, auch durch Krankheit, Schließzeiten hinnehmen. Ihre Erwartungen an die Verwaltung haben die Mütter am Donnerstag auf Sternen notiert und an einen Weihnachtsbaum gehängt, den sie im Rat an die Verwaltungsspitze übergaben.
Im Rathaus hatte man den Protest schon geahnt. Erster Stadtrat Karsten Lemke war daher zu Beginn der Sitzung auf die Herausforderungen aufgrund der Personalnot im Kita-Bereich eingegangen. Man fische auch aufgrund ähnlicher Probleme in den Nachbarkommunen längst nicht mehr in großer See nach Fachkräften, sondern „nur noch im Dorfteich“. Angesichts dieser Personalsituation habe man Verständnis für die Eltern, bitte aber ebenso um Verständnis für die Situation des Arbeitgebers: Er, so Lemke, sei eigentlich als lösungsorientiert bekannt, in der aktuellen Lage gab er zu, ratlos zu sein.
Mittlerweile laufe in Soltau eine Dauerausschreibung für Kita-Personal. Bewerbungen aber gebe es keine. Auch Werbungen per Plakaten und direkt an den Berufsbildenden Schulen sowie die Aufstockung des Verdienstes fruchteten nicht. Hinzu komme, dass Nachwuchs fehle, weil die Ausbildung selbst finanziert werden müsse. Mittlerweile bezahle Soltau zumindest die zwei Ausbildungstage in den Einrichtungen mit: „Die halbbezahlte Ausbildung ist aber nur eine Krücke“, klagte Lemke. Er habe wenig Hoffnung auf Besserung, zumal ab 2026 die dritte Kraft in den Gruppen verpflichtend werde. „Wir haben rund 1000 Kinder in 40 Gruppen, dann brauchen wir 40 Fachkräfte mehr“, fasste er die Dimension zusammen.
Aktuell hinzu komme der Krankenstand, sodass am Berliner Platz beispielsweise von 25 Fachkräften teils nur sieben im Einsatz waren. Deshalb habe die Betreuung eingeschränkt werden müssen. Das sei aber nicht das Ziel, versicherte Lemke den anwesenden Eltern.
Personalengpass wie jedes Jahr
Diese hatten in SPD-Ratsfrau und Vertreterin des Kita-Stadtelternrates Manuela Bartels ein Sprachrohr in der Alten Reithalle. „Alle Jahre wieder kommt der Personalengpass in städtische Kindergärten. Er kehrt ein mit spontanen Schließzeiten, verkürzten Betreuungszeiten und das alles bei voller Bezahlung der Elternbeiträge im Krippenbereich“, stellte Bartels fest. Die Folgen seien verheerend. Im November sei die Krippe achtmal komplett geschlossen und die Betreuungszeiten stark reduziert worden. „Wie gut, dass Maria und Josef nicht nach einem Krippenplatz im Berliner Platz gefragt haben, denn auch sie hätten vor verschlossener Tür gestanden“, knüpfte sie an die Weihnachtsgeschichte an.
Aufgrund einer neuen Satzung für die städtischen Kitas hätten Eltern erst Anspruch auf Erstattung der Gebühren, wenn die Einrichtung für vier Wochen komplett geschlossen sei. Die Eltern seien in dieser Situation zunehmend überfordert, zudem der Druck auch das Kita-Fachpersonal erreiche. Das Verständnis sei aufgebraucht, sagte Bartels.
In Kitas unter anderer Trägerschaft sei die Situation entspannter, stellte sie fest, fragte daher nach kreativen Ideen und forderte kurz- und langfristige Lösungen wie beispielsweise zur Rückerstattung der Gebühr, aber auch zu Sharing-Plänen, dabei teilen sich Eltern je nach Bedarf Kita-Plätze. Sie schlug zudem einen Springerpool für Fachkräfte vor.
Wie diese Vorschläge nun weiter bearbeitet werden, blieb bei der Ratssitzung offen. Fest stand jedoch, dass die Politik trotz aller Differenzen kurz vor dem Heiligen Abend auch wieder zusammenfand – beim anschließenden traditionellen Weihnachtsessen.