Ratssitzung wird zum Tribunal für Grube
Im Mittelpunkt der letzten Ratssitzung des Jahres in Munster steht klassischerweise die Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr. Doch schon bei der Begrüßung durch den Ratsvorsitzenden Gerd Engel (CDU) am Donnerstagabend im übervollen Saal der Stadtbücherei – die Treppe musste als Sitzplatz dienen – kündigte sich schweres Ungemach an. Der Konflikt zwischen Bürgermeister Ulf-Marcus Grube, den im Stadtrat vertretenen Fraktionen und der Ortsfeuerwehr sowie der Stadtfeuerwehr Munster (wie mehrfach in den vergangenen Wochen berichtet) eskalierte beim Beschluss, den Rücktrittsgesuchen von vier Ehrenbeamten der Feuerwehr zu entsprechen. Der Beschluss fiel zwar einstimmig bei Enthaltung des Bürgermeisters aus, jedoch hatte die Verwaltung nicht einmal die Entlassungsurkunden vorbereitet, weil das Datum der Rücktritte nicht bekannt gewesen sei, wie die allgemeine Vertreterin Anna Adamczak erläuterte.
CDU-Fraktionschef Stefan Sorge formulierte die im Saal vorherrschende Meinung: „Wer der hier Anwesenden hätte sich jemals vorstellen können, dass wir heute Abend vier langjährige und verdiente, im Ehrenbeamtenverhältnis stehende Feuerwehrmänner verabschieden werden, die einfach formuliert nur ihrer Leidenschaft zum Wohle der Allgemeinheit weiter nachgehen wollen und nicht aus Altersgründen ausscheiden müssen. Ich finde es beschämend, weil euer ehrenamtliches Engagement zum Wohle der Allgemeinheit über Monate hinweg euren privaten, familiären und dienstlichen Alltag beeinflusst hat.“ Er stimme dem Wunsch nach Entlassung aber zu, in der Hoffnung, die Last von den Schultern zu nehmen. Spontaner Applaus von Ratsmitgliedern und einem Großteil der Besucher bestätigte ihn.
Siegfried Irion, Sprecher der Gruppe FDP/WGM, kritisierte Grube dafür, dass sich dieser in seinem vorangegangenem Bericht nicht einmal zu dem Konflikt geäußert habe und auch das Publikum darüber im Unklaren ließe.
Sichtlich bewegt äußerte sich Dr. Detlev Rogosch von der SPD-Fraktion. Das, was Rat und Bevölkerung heute und in den vergangenen Wochen erlebt hätten, sei in den fast 40 Jahren seiner Ratszugehörigkeit bei allen Kontroversen noch nie vorgekommen. Es gehöre sich nicht, ehrenamtlich Tätige so zu behandeln wie auf diese Art und Weise.
Die Fraktionen äußerten mehrheitlich den Wunsch, Ruhe über Weihnachten und Neujahr einkehren zu lassen. Im Januar soll es neue interfraktionelle Gespräche über die Vorgehensweise geben. Das Vertrauen zu Grube sei allerdings komplett verschwunden.
Eine Rüge für den Bürgermeister
Mit einer Rüge für Bürgermeister Ulf-Marcus Grube endete die Dienstaufsichtsbeschwerde des Breloher Ortsbrandmeisters Udo Wienhold und zeigte bei der öffentlichen Ratssitzung am Donnerstag im Saal der Stadtbücherei einmal mehr die tiefen Gräben zwischen Grube und der Feuerwehr. Wienhold hatte bemängelt, dass seine Wehr nach der Eröffnung der Grundschule in Breloh keine Ortsbegehung in Form einer Brandverhütungsschau habe durchführen können. Zunächst hatte der Rat mit 15 Stimmen bei einer Nein-Stimme und 14 Enthaltungen die Dienstaufsichtsbeschwerde als unbegründet abgewiesen, weil es keinen Verstoß gegen geltendes Recht gegeben habe. Dennoch sei es sinnvoll, die örtliche Ortswehr in die räumlichen Begebenheiten einzuweisen. Ratsvorsitzender Gerd Engel (CDU) betonte, dass es sinnvoller gewesen wäre, die Ortswehr direkt nach den Sommerferien einzuweisen.
Das verteidigte auch Dr. Detlev Rogosch (SPD). Zwar habe Grube nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen, aber selbst der Landkreis halte das Hinzuziehen der Ortswehr für absolut sinnvoll. Er schlug deshalb vor, dem Bürgermeister eine Rüge auszusprechen.
Sicherheit und Brandschutz hatten höchste Priorität
Michael-Carsten Aulenbach (SPD) fragte Grube, weshalb er dem sinnvollen Wunsch der Ortswehr Breloh nach einer frühzeitigen Ortsbegehung nicht nachgekommen sei. Grube erwiderte, dass die Zusammenarbeit mit dem Landkreis während des gesamten Prozesses sehr eng gewesen sei. Die Sicherheit und der Brandschutz hätten höchste Priorität gehabt. Täglich hätten die Fachleute im Rathaus mit den Themen Brand- und Sicherheitsschutz zu tun gehabt. Die Einbindung der Ortswehr habe keine Priorität gehabt, so Grube. Er versprach aber, das in Zukunft anders zu regeln.
Harved Scheiger (Grüne) betonte, dass die Wehren vor Ort doch in der Schule ortskundig sein müssten. Er sei der Meinung, dass man spätestens in den Sommerferien die Wehren aus Breloh und Munster hätte einweisen müssen oder ihnen die Gelegenheit geben müssen, sich ein Bild vor Ort zu machen. Wenn die Feuerwehr alarmiert worden wäre, hätten die Mitglieder in der Schule mit knapp über 300 Kindern gar nicht wissen können, wo sie tätig werden müssten.
Dr. Carsten Emmann (CDU) berichtete, dass er bereits im März einen Anruf von dem Landkreis-Verantwortlichen für die Arbeiten am Dethlinger Teich erhalten habe. Emmann solle ihm zeigen, wo im Notfall die Zufahrten liegen und wo das Wasser zum Löschen herkomme, denn im Sommer sollten die gefährlichen Bergungsarbeiten beginnen. Der Ortsvorsteher hätte sich solch ein frühzeitiges Besichtigen auch im Falle der Grundschule in Breloh gewünscht. Denn dort gehe es um Menschen. Emmann sei als Vater davon direkt betroffen.
Der Beschluss, Grube wegen des Nichthinzuziehens der Ortswehr zu rügen, erfolgte mit 25 Ja-Stimmen und 5 Nein-Stimmen.
Cord Lüders (CDU) nutzte den Tagesordnungspunkt Anregungen und Anmerkungen, trotz des Konflikts mit Grube, um nach vorn zu schauen. Die Rücktrittsgesuche von vier Ehrenbeamten der Feuerwehr mache ihn als Feuerwehrmann mit knapp 40 Jahren im Dienst nachdenklich und traurig. Viele Ratsmitglieder seien mit dem Bürgermeister unzufrieden. Aber teilweise sei Grube nur der Überbringer der Entscheidung der Ratsmitglieder und nicht selbst für alles verantwortlich, was ihm angekreidet werde. Die Ratsmitglieder und auch die Feuerwehr sollten als Demokraten das Ergebnis der gescheiterten Einleitung des Abwahlverfahrens anerkennen und nach Lösungen suchen. Bei einer tatsächlichen Abwahl würde es zu Kosten von circa 650 000 Euro kommen, die am Ende die Bürger aus Munster wohl zahlen müssen.
In einer sehr emotionalen Rede ging Melanie Bade (SPD) auf den Konflikt ein. Sie betonte, dass die Entscheidung, das Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister einzuleiten, keine leichte gewesen sei. Es sei jedoch das Resultat einer langen Zeit des Vertrauensverlustes. Bereits seit Oktober sei das Thema immer wieder aufgekommen, ohne dass es zu einer Lösung oder einer klaren Kommunikation gekommen sei.
Vertrauensverlust durch mangelnde Offenheit
Bade erklärte, dass das Vertrauen nicht dadurch verloren gegangen sei, dass die Feuerwehr gegen den Bürgermeister protestiert habe, sondern vielmehr durch die mangelnde Bereitschaft zur Offenheit und Transparenz seitens des Bürgermeisters. Die Fraktionsvorsitzende kritisierte die Art und Weise, wie bestimmte Entscheidungen getroffen wurden, insbesondere in Bezug auf die Schule und die Vereine. Diese Vorgehensweise belaste nicht nur die Fraktion, sondern auch die Mitarbeiter im Rathaus.
Bade betonte, dass die Entscheidung, das Abwahlverfahren einzuleiten, keine politische Machtausübung gewesen sei, sondern eine demokratische Entscheidung. Sie bedauerte, dass der Fraktionsspitze unterstellt werden, sie würde ihren Kollegen das das selbstständige Denken absprechen. Jeder habe die Möglichkeit gehabt, seine eigene Meinung zu bilden und sich zu entscheiden. Es sei nicht die Absicht der Fraktion gewesen, den gesamten Rat mitzureißen.
Die SPD-Ratsfrau äußerte zudem Bedauern darüber, dass die Mitarbeiter im Rathaus das Gefühl haben, nicht geschätzt zu werden. Sie betonte, dass die Arbeit der Mitarbeiter sehr wohl gewürdigt werde und sie unter den gegebenen Umständen hervorragende Arbeit leisten.