In Vietnam gibt’s Eierkaffee
Im April machten sich Pauline Kalender und Ole Maaß auf den Weg. Per Anhalter sollte es zwar nicht durch die Galaxis gehen, aber schon weit weg. Bis nach Vietnam.
Gestartet sind die beiden Soltauer an der Celler Straße und inzwischen tatsächlich nur mit „Daumen raus“ und damit auf nachhaltige Art am Ziel angekommen. Aber längst nicht am Ende ihrer Reise, wie sie jetzt kurz vor Weihnachten noch einmal erzählen. Die Böhme-Zeitung hatte am 14. Oktober über die Reisenden in einem Interview („Den Tramper-Daumen kennt fast jedes Land auf unserer Reise“) berichtet.
Zurzeit machen Kalender und Maaß eine „kleine Tramppause“. Pause heißt allerdings nicht, nicht mobil zu sein. Sie haben sich aus zweiter Hand Fahrräder gekauft. Zurzeit sind sie noch in Vietnam, aber sie wollen mit den Zweirädern auch ganz Südostasien erkunden, wie sie via E-Mail erzählen. „Auf der bisherigen Reise haben wir einige Fahrradreisende getroffen, die uns Lust aufs Bikepacking gemacht haben. Hier in Vietnam hat es sich nun angeboten. Viele Menschen fahren hier Fahrrad oder Motorrad und die benötigte Infrastruktur ist gut ausgebaut.
Das Fahrrad ermöglicht uns, wie beim Trampen, langsam und nah an den Menschen zu reisen. Es ist leise, schnell, mit wenig Werkzeug zu reparieren – und wir hatten nach sieben Monaten Trampen Lust auf eine Veränderung. Anstelle eines Motorrads, das mit fossilen Brennstoffen unterwegs ist, bewegen wir uns jetzt mit unserer Muskelkraft fort. Der Gedanke gefällt uns. Allerdings machen wir nur eine Pause; wir werden auf dieser Reise auf jeden Fall wieder trampen.“
Ole Maaß und Pauline Kalender hatten bereits in dem Interview erzählt, dass sie nicht wie ursprünglich geplant von Vietnam sofort wieder zurück nach Deutschland, sondern ihre Reise verlängern wollen. Sie wollen versuchen, mit einem Segelboot über den Pazifik nach Amerika zu trampen und dort eine Weile spontan herumzureisen. Mit einem weiteren Boot soll es über den Atlantik zurück nach Europa gehen. Und wer weiß: Vielleicht das letzte Stück bis nach Hause wandern.
Freundliche Menschen und tolles Essen in China
Aber zunächst erzählen die Reisenden von ihrem „intensiven Monat in China“. „Wir haben sehr viel Energie und Zeit in Dinge investieren müssen, die auf unserer vorherigen Reise ganz einfach waren: Trampen und Zelten sind in China verboten. Viele Hotels dürfen keine Ausländer beherbergen. Fast niemand in China spricht Englisch oder andere uns geläufige Fremdsprachen. Wir wurden stark überwacht: Allein am Tag unserer Einreise wurden wir auf der Straße viermal von der Polizei kontrolliert.
Als wir in der Uiguren-Region Xinjiang waren, haben unsere vier VPN-Programme nicht funktioniert, wir konnten dadurch nahezu keine unserer Apps verwenden. Die chinesischen Apps, um Busse, Züge oder Hotels zu reservieren, waren alle auf Chinesisch und auch nur online mit chinesischen Programmen zu bezahlen, die für uns oft nicht funktioniert haben. Wir haben in fünf Reisewochen nur eine Handvoll Touristen getroffen. Überall, wo wir hinkamen, waren wir eine Riesenattraktion.
Viele Chinesinnen und Chinesen sind sehr freundlich und sehr neugierig gewesen: Wir wurden sehr viel gefilmt, fotografiert, angestarrt, angefasst und lautstark begrüßt. Dadurch hatten wir viele schöne Begegnungen, aber auch wenig Ruhe und Zeit für uns. China war ein sehr besonderes Reiseland für uns, und wir sind dankbar für all unsere Erfahrungen dort. Vor allem die freundlichen Menschen, die unglaubliche Natur und das fantastische Essen haben uns verzaubert.“
In Vietnam freuen sich die beiden Soltauer nun darüber, dass die Reiseorganisation wieder wesentlich einfach ist. In den vergangenen Tagen radelten sie durch den westvietnamesischen Dschungel: „Es war unglaublich schön. Hinter jeder Bergkuppe wartete ein neuer Wasserfall oder ein Dorf voller Holzhäuser auf Stelzen auf uns. Die Kinder in den Dörfern rannten uns hinterher und gaben uns High Fives, als wären wir bei der Zieleinfahrt der Tour de France.
Da Vietnam der zweitgrößte Kaffeeproduzent der Welt ist, legten wir viele Pausen in kleinen Cafés voller Spezialitäten wie Eier-, Kokos- oder Salzkaffee ein. Jetzt verbringen wir die Tage mit Freiwilligenarbeit auf einer ökologischen Farm mit Ananas-, Maracuja- und Bananenpflanzen. An einem Morgen haben wir mit Macheten Bananenstauden für das Hühnerfutter zerhackt und mit Bambusspaten Beete umgegraben. Es hat unseren Respekt für die harte körperliche Arbeit, die viele Landwirte hier leisten, noch weiter gesteigert.“