Keine Führungsverantwortung unter „diesem Bürgermeister“
Keine Entspannung gibt es in der Stadt Munster im Verhältnis zwischen der Feuerwehr und Bürgermeister Ulf-Marcus Grube. Mittlerweile gipfelt der Frust darin, dass die Spitze der Ortswehr Munster klar sagt, dass man auch in Zukunft keine Führungsverantwortung unter „diesem Bürgermeister“ wahrnehmen werde. Im Dezember stehen auf der turnusgemäßen Mitgliederversammlung außer der Reihe Vorstandswahlen bei der Ortswehr an.
In Munster sind insgesamt 28 Feuerwehrleute zurückgetreten. Grund sind interne Ermittlungen, weil Gelder nicht korrekt verbucht worden sind. Unter den zurückgetretenen Feuerwehrleuten sind Ortsbrandmeister Michael Kammstieß und sein Stellvertreter Marco Voss sowie die Stellvertreter von Stadtbrandmeister Andreas Höltmann, Dirk Stratmann und Florian Plotz. Während die Ortswehrführung weiterhin im Amt ist – die Abberufung müsste der Rat übernehmen – gelten Stratmann und Voss als beurlaubt.
Stadtbrandmeister Andreas Höltmann hofft, dass es bei seinen Stellvertretern bei Rücktritten auf Zeit bleibt. Momentan sieht er dazu eher schwarz, „sie sind bedient“. Die Vorwürfe aus dem Rathaus in Zusammenhang mit der Kassenführung der Ortswehr Munster seien nicht die einzigen Themen, die für Frust sorgten. Er selbst habe ebenfalls über einen Rücktritt nachgedacht: „Aber irgendwie muss man versuchen, die Fäden in der Hand zu behalten.“ Schließlich gehe es um fünf Ortswehren in Munster, denen er unterstützend zur Seite stehen wolle.
Inzwischen gibt es zu den Vorwürfen gegen die Führung der Ortswehr Munster mehr Klarheit. Es soll sich um wenige Zuwendungen, insgesamt wohl fünf Summen in niedrigstelligem Bereich, handeln, die nicht ordnungsgemäß angegeben worden seien. Es soll sich um finanzielle Zuwendungen handeln, für die der jeweilige Spender keine Spendenquittung wollte. Sie wurden direkt in die Feuerwehrkasse eingezahlt, ohne sie zuvor durch die Buchhaltung der Stadtverwaltung, also die Stadtkasse, laufen zu lassen. Von gängiger Praxis ist zu hören, die wohl nicht nur die Ortswehr Munster betreffe sondern viele freiwillige Feuerwehren in ganz Deutschland. Stadtbrandmeister Höltmann erklärt, dass das Verfahren tatsächlich nicht ordnungsgemäß gelaufen sei, rein juristisch gesehen habe Bürgermeister Grube schon recht.
Dennoch hätten die Feuerwehrleute nicht vorsätzlich gehandelt, man habe es einfach nicht besser gewusst. „Aber die Art und Weise, wie mit dem Thema umgegangen wurde und wird, was den Führungskräften unterstellt wird“, sei nicht in Ordnung. Sofort sei von einem Disziplinarverfahren die Rede gewesen. „Das ist völlig über das Ziel hinausgeschossen.“ Inzwischen seien die finanziellen Unstimmigkeiten bereinigt, die Gelder bei der Stadtkasse eingezahlt worden. Die internen Ermittlungen aber laufen weiter.
Forderung nach Transparenz
Der Umgang mit Spenden an die Wehren richtet sich nach dem Kommunalverfassungsgesetz. Danach ist für die „Einwerbung und Entgegennahme des Angebots einer Zuwendung“ der Bürgermeister zuständig. Über die Annahme entscheidet der Rat. Spenden seien erwünscht, heißt es beim Innenministerium. Gleichwohl sei das Prozedere formstreng. Verwaltungsaufwand lasse sich „nicht vermeiden, aber gering halten“. Angesichts strenger Strafvorschriften brauche es „die Regelung eines Transparenz schaffenden Verfahrens für die Annahme und Vermittlung von freiwilligen Zuwendungen“.
„Wir wünschen uns Rückhalt“
Nicht ganz von ungefähr fürchtet Munsters Bürgermeister Ulf-Marcus Grube, dass sich die Fronten zwischen ihm und den Verantwortlichen der Feuerwehr weiter verhärten könnten, wie er in einem kurzen Statement gegenüber der Böhme-Zeitung betont. Schließlich sagt nicht nur Stadtbrandmeister Andreas Höltmann: „Wir sind arg enttäuscht, wie man mit uns umgeht.“
Für Grube geht es aktuell darum, „dass wir es schaffen müssen, an einem Tisch die Vorbehalte aufzuheben“, lädt er zum Gespräch ein und zu einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit. Dabei scheint er allerdings nicht unbedingt locker lassen zu wollen, obwohl die Vorwürfe nach Ansicht der Feuerwehrspitzen ein- und längst ausgeräumt seien.
Auch der mittlerweile eingeschaltete Justiziar des Landesfeuerwehrverbandes hatte Grube recht gegeben. „Ja, wir haben Fehler gemacht. Es war uns nicht bewusst, dass Spenden, die keine Spendenbescheinigungen benötigten, ebenfalls durch die Stadtkasse gehen müssen. Es war ein Formfehler. Den haben wir glatt gezogen“, so Höltmann. Er bezeichnet die Unregelmäßigkeiten als Kleinigkeiten, die künftig rechtskonform gehandhabt werden. Es soll sich um Summen zwischen 100 und 1000 Euro gehandelt haben.
Offiziell beendet ist das Thema wohl nicht. Noch immer sollen interne Prüfungen laufen, möglicherweise sogar bis Ende des Jahres. Der Vorwurf, der die Feuerwehrleute auf die Palme bringt, ist der des vorsätzlichen Handelns, der sie nah an eine Straftat rücke. Gleich zu Beginn des Verfahrens sei ihnen nahegelegt worden, sich am besten einen Anwalt zu nehmen. „Was ist das für ein Vertrauensverhältnis?“, fragt daher der Stadtbrandmeister.
Und insbesondere bezieht er das auf die weitere Zukunft. „Trifft man bei einem Einsatz eine falsche Entscheidung, dann hat man sofort einen Anwalt am Hals“, sieht er das Vertrauensverhältnis kaum zu kitten. In solch einem Fall brauche man aber die Verwaltung, den Bürgermeister hinter der Feuerwehr und dürfe nicht den Druck eines Disziplinarverfahrens für ehrenamtlich Tätige spüren. „Wir wünschen uns Rückhalt.“ Wobei er ausdrücklich betont, die Politik aufseiten der Feuerwehr zu sehen.
Die Einsatzbereitschaft sehen Höltmann und Munsters Ortsbrandmeister Michael Kammstieß nicht gefährdet. „Dass die Feuerwehr nicht mehr einsatzbereit ist, das ist das Letzte, was wir wollen“, verweist er beispielsweise auf die Räumung des Dethlinger Teichs. Die Bevölkerung solle sich keine Sorgen machen.
Auf dem Papier hätten die Führungskräfte zwar ihre Ämter niedergelegt, man fahre dennoch in den Einsatz. „Wir haben nicht gesagt, wir treten aus der Feuerwehr aus“, so Kammstieß. Letztlich würden die Zuständigkeiten bei einem Einsatz weiterhin aufgrund der Qualifikation geregelt. Wenn Ortsbrandmeister oder Stellvertreter nicht vor Ort seien, übernehme der Feuerwehrmann mit der höchsten Qualifikation die Einsatzleitung, erläutert Kammstieß.
Zweifel an vertrauensvoller Zusammenarbeit
Abseits der Untersuchung zu den Kameradschaftskassen der Ortswehren Munster, mittlerweile sind diese geprüft, prallen Feuerwehr und Verwaltung auch an anderer Stelle aufeinander. Von der Ortswehr Breloh liegt eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bürgermeister Grube vor, nachdem zuvor zwei Gefährdungsanzeigen gefertigt wurden.
Ortsbrandmeister Udo Wienhold bemängelte in dem Schreiben, das der Böhme-Zeitung vorliegt, dass die Verwaltung es trotz Freigabe der neugebauten und modernisierten Breloher Grundschule nicht ermöglicht habe, dass die Feuerwehr sich ein Bild der Gegebenheiten machen kann. Es gehe dort um Menschenleben, die Verantwortung dafür liege beim Hauptverwaltungsbeamten, verweist er auf den Bürgermeister und sieht keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr mit der Verwaltung. Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist an den Ratsvorsitzenden Gerd Engel (CDU) adressiert, die Kommunalaufsicht, die der Landkreis Heidekreis ausübt, ist eingeschaltet. Eine entsprechende Anfrage der Böhme-Zeitung an den Landkreis ist noch nicht beantwortet.
Die Verwaltung Munsters steht wohl auf dem Standpunkt, dass die Verantwortung für die brandschutzrelevanten Themen bei der Bauaufsicht der Kreisverwaltung liegt. Erst wenn alle relevanten Angaben auch baulich umgesetzt sind, würden die Feuerwehrpläne vorliegen, die dann der Ortswehr zur Verfügung gestellt werden. Stadtbrandmeister Höltmann teilt diese Einschätzung nicht. Dass der Brandschutzprüfer des Landkreises das Gebäude prüfe, sei in Ordnung. Aber dieser sei nicht dafür verantwortlich, dass sich die örtliche Feuerwehr die Gegebenheiten anschauen könne. Das sei vom Landkreis auch schon bemängelt worden.
Zwischen Freiwilligkeit und Pflicht
Auf Leistungen von Ehrenamtlichen besteht in der Regel kein Anspruch. Bei der Freiwilligen Feuerwehr ist das anders, sie übernimmt Pflichtaufgaben der Kommunen. Geregelt ist das für die Wehren des Heidekreises im niedersächsischen Brandschutzgesetz. Wenn Munsters Bürgermeister in der aktuellen Feuerwehrkrise versichert, dass sich niemand in der Stadt Sorgen um seine Sicherheit zu machen brauche, stimmt das insoweit. Positionen in der Feuerwehr bleiben nach Rücktritten bis zur Ernennung von Nachfolgern besetzt. Sollte eine Situation eintreten, in der nicht genügend Ehrenamtliche für die Aufrechterhaltung des Brandschutzes gefunden werden, verwandelt sich die Freiwillige Feuerwehr in eine Pflichtfeuerwehr. So erging es etwa der Wehr der Gemeinde Burg im Landkreis Dithmarschen, nachdem es dort 2009 nach einem eskalierten Streit zu Massenaustritten gekommen war. Zum Dienst in der Pflichtfeuerwehr können Personen notfalls gegen ihren Willen herangezogen werden. Das Grundgesetz erlaubt dies als Ausnahme zum Verbot des Arbeitszwangs, da es sich um eine „herkömmliche, allgemeine, für alle gleiche öffentliche Dienstpflicht“ handelt.